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abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

Titel: abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Kuraufenthalt könnte etwas kostspielig gewesen sein. Er will sich daran beteiligen.
    Mit herzlichen Grüßen
    Dr. Dr. Herzig
    Ich schaute noch mal auf den Brief. Ich hatte mich nicht getäuscht. Besuchstermin heute 16 Uhr. Am 1. Mai? Um wie viel Millionen Punkte hatte Herzig das Handicap des Staatsanwalts aktiv verbessert, um das durchzukriegen? Chapeau, Herr Anwalt!
    Aber mein lieber Herr Matti, das mit dem Geld geht jetzt wirklich zu weit. Das gebe ich Ihnen zurück!
    Es war bereits Viertel nach drei.
    Na gut, einen kleinen Teil musste ich leider investieren.

13
    Um eine Minute vor vier fiel ich aus dem Taxi und stand mit der Zeitung und meiner amtlichen Erlaubnis in der Hand vor der Tür der Strafanstalt. Kurz darauf saß ich auf dem harten Besucherstuhl in einem der kleinen Besucherräume speziell für Untersuchungshäftlinge und wartete auf Matti. Der Raum hatte zwei Zugänge, durch den einen kam der Besucher herein und durch die Tür auf der anderen Seite des Raumes wurde der Häftling hereingebracht. Man fühlte sich wie in einer Art Schleuse. Mit meinem Besuch schleuste ich ein wenig Leben von draußen herein, und Herr Matti schleuste ein wenig Knastleben hinaus. Vielleicht wurde so vermieden, dass der ganze Kasten eines Tages explodiert. Eines konnte ich nach den wenigen Besuchen bestätigen: Die Luft hier ist eine andere, zäher und aufdringlicher als draußen. Vielleicht, weil sich sogar die Luft hier eingesperrt fühlt. Ständig hört man die großen Schlüssel in den Schlössern der Zellen- und Verbindungstüren laut scheppern.
    Heute allerdings war es sehr ruhig in den Fluren der Haftanstalt. Es war ja ein Feiertag und meine Besuchserlaubnis außer der Reihe eine echte Sensation. Sogar die Vollzugsbeamten wirkten entspannt und locker. Ich hatte sie immer als sehr freundlich erlebt, aber heute wirkten sie beinahe ausgelassen. Der Beamte, der mich in den Besuchertrakt begleitet hatte, ließ seinen großen Schlüsselbund um den Finger kreisen. Das grenzte fast an Partystimmung.
    Ich fragte mich, wie lange Herr Matti das Leben hier unbeschadet überstehen konnte. Er erzählte nie, wie es ihm mit den anderen Häftlingen ging, ob er jemanden kennengelernt hatte oder ob es eventuell Ärger gab. Alles, was ich über Haftanstalten wusste, hatte ich aus amerikanischen Filmen, und ich hoffte inständig, dass die Verhältnisse nicht übertragbar waren.
    Herr Matti hatte mir nur berichtet, dass es jemanden von einer Freiwilligenorganisation gab, der ihn zweimal in der Woche im Lesen und Schreiben unterrichtete. Er hätte gerne etwas gearbeitet, hatte Matti vor ein paar Wochen erwähnt, aber die Jobs im Gefängnis sind rar und daher sehr begehrt. Sogar die Putzkolonne für die Toiletten konnte sich vor Bewerbern kaum retten. Jedes Mal sagte Matti, es fehle ihm an nichts. Er trug Anstaltskleidung, damit sich »draußen« niemand um seine Wäsche kümmern musste, und er lobte sogar das Anstaltsessen. Dabei schien er mir bei jedem Besuch hagerer. Matti kann mir erzählen, was er will, aber lange wird er es hier drin nicht aushalten, ohne krank zu werden. Und die einzige Chance, ihn hier rauszuholen, ist, ihn davon zu überzeugen, dass er endlich tut, was Herzig sagt.
    Die Süßigkeiten, die ich am Automaten im Eingangsbereich des Besuchertraktes für Matti hatte einkaufen dürfen, hatte ich auf dem Tisch ausgebreitet. Matti liebt Süßigkeiten. Es kann gar nicht süß genug sein. Acht Schoko-Riegel und zwei Tüten Gummibärchen. Für zehn Euro, mehr durfte ich nicht mitbringen. Hätte ich die Sachen außerhalb kaufen dürfen, hätte Oma Berti mir für die zehn Euro den halben Kiosk mitgegeben.
    Das bisschen Licht, das durch die Glasbausteine in den kleinen Raum fiel, machte das Ambiente nicht gerade angenehmer. Ich kam mir vor wie in einem Aquarium. Sogar die bunte Verpackung der Schokoriegel schien spontan ihre Farbe verloren zu haben.
    Die Tür hinter mir blieb offen. Dort saß ein Vollzugsbeamter, der das Gespräch mithören und beobachten musste. Nicht, dass Herr Matti und ich noch für die finnische Lappen-Befreiungsfront konspirierten!
    Die Tür auf der anderen Seite des Raumes ging endlich auf, und Herr Matti kam herein. Er hatte ein frisch gebügeltes Hemd an, und seine Anstaltshose wies keine einzige Knitterfalte auf. Nachdem er mich mit einem flüchtigen Lächeln bedacht hatte, tastete sich sein Blick vorsichtig zum Tisch vor, als fürchtete er, die heiß ersehnten Schokoriegel könnten diesmal nicht dort

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