Abgeschaltet
haben, werden Sie gemerkt haben, dass ich die eine, allein selig machende Antwort in mehr als einem Jahr der Recherche nicht gefunden habe. Weil es sie wahrscheinlich nicht gibt.
Gefunden habe ich hingegen wertvolle Ideen, solche, die schon heute zur Energieversorgung beitragen, und solche, die dies vielleicht eines Tages tun werden. Welche Ideen sich davon als valide erweisen, hängt nicht nur davon ab, ob sie sich technisch bewähren. Jedenfalls nicht in einer demokratischen Gesellschaft – und das ist gut so! Denn erst im Diskurs und manchmal leider auch erst im Ausprobieren werden wir, die Bürger, Chancen und Risiken abwägen und anschließend Entscheidungen treffen können.
Trotz des Atomausstiegs hat der notwendige Diskurs um die langfristige Ablösung fossiler Energieträger erst begonnen. Als Zwischenstand darf man daher die folgenden Thesen betrachten, die ich im Lauf meiner Reise durch die Energie-Welt entwickelt habe. Und die in vieler Hinsicht konträr zu dem in der Konsensgesellschaft gepflegten Weltbild stehen.
SECHS THESEN ZUR ENERGIEERZEUGUNG DER ZUKUNFT
Energiesparen rettet die Welt nicht
Energieeffizienz ist wichtig, wenn das Gut
Energie knapper wird. Ökonomische und ökologische Vernunft sprechen dafür, dass wir alles daran setzen, Industrieprozesse, Gebäude und unsere
Mobilität mit möglichst geringem Energieaufwand zu betreiben. Zumal die deutsche Industrie auf allen drei Sektoren zur technischen Weltspitze gehört
und dort in einer an Ressourcen ärmeren Welt nur bleiben wird, wenn sie die effizientesten Maschinen entwickelt und produziert. Vor allem die
Gebäudesanierung kann, wenn sie richtig gestaltet wird, einen wesentlichen Beitrag leisten. In diesem Zusammenhang wird oft über die Verschandelung
von Altbauten diskutiert – wie so oft ein Ablenkungsmanöver. Denn nur 14 Prozent des Gebäudebestandes in Deutschland sind vor 1918 errichtet
worden. Man könnte es schlicht verbieten, solche Gebäude von außen zu dämmen, ohne dass ein signifikanter Effekt auf die Energienachfrage zu verspüren
wäre. Hingegen stammen 49 Prozent aus den Jahren 1949 bis 1978, selten schön und fast immer energetisch miserabel. Hier sollte gute Politik ein
Anreizsystem schaffen, dass sich die aufwändige energetische Sanierung auch für Mietshäuser lohnt.
Aber Wohlstand für neun und mehr
Milliarden Menschen auf dieser Erde ist nicht nur durch Energiesparen zu erreichen. Sondern durch mehr Energie, die wir auf sauberem Weg
erzeugen. Auch in der Energietechnik gehören deutsche Unternehmen zu den weltweit führenden, egal ob es um Solarzellen, Windkraftanlagen oder
Dampfturbinen für klassische Kraftwerksprozesse geht. Es gilt, diese Stellung zu erhalten, auch wenn andere Länder mittlerweile massiv in diesen
Sektor investieren.
Vor dem Hintergrund des globalen Energiehungers lautet die Aufgabenstellung also, saubere Technologien so weit
zu entwickeln, dass sie international wettbewerbsfähig sind, auch dort, wo Staaten zuerst an die Ökonomie und dann an die Ökologie
denken. Sauber erzeugter Strom muss so billig werden, dass er nicht auf Einspeisevergütungen angewiesen ist. Dazu sollte ein klarer Pfad für das
Auslaufen dieser Vergütungen in den nächsten zehn Jahren aufgezeigt und am besten gesetzlich verabschiedet werden. Dazu gehört, dass anstelle
dauernder Korrekturen am Erneuerbare-Energien-Gesetz baldmöglichst genau festgelegt wird, in welchen Stufen und bis wann die Subventionen endgültig
auslaufen. Dies gäbe allen Beteiligten Investitionssicherheit. Damit es nicht zu einem Rückfall in die verstärkte Nutzung fossiler Energievorräte
kommt, muss gleichzeitig die Emission von Kohlendioxid teuer werden – der Preis je Tonne muss sich mindestens verdoppeln, wenn nicht
verdreifachen. Das von Professor Christian von Weizsäcker vorgeschlagene Welthandelssystem mit einem den Preis überwachenden Fonds ist die einzige mir
plausible Lösung. Da eine globale Lösung kurzfristig nicht durchsetzbar scheint, sollte zumindest Europa sein Handelssystem entsprechend überarbeiten
– und zwar ebenfalls jetzt und mit definierten Preisstufen für die kommenden zehn oder besser 20 Jahre. Gegenwärtig droht eine ganz andere Gefahr:
Der Preis für die Emissionszertifikate könnte verfallen, weil die Fortschritte bei der Energieeffizienz zu rückläufiger Nachfrage führen. Sinkt der
Preis, der für die Emission einer Tonne CO 2 bezahlt werden muss, steigt der Anreiz, billigen Strom
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