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Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Titel: Abgeschnitten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek , Michael Tsokos
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ihre Hände interessieren dich auf einmal, ja?« Er musterte Linda, dann sagte er: »Hübsche Finger. Wie die einer Klavierspielerin. Okay, ja. Ist gut.« Ender reichte ihr das Telefon.
    »Was?«
    »Er will mit Ihnen sprechen.«
    Linda presste den feuchtwarmen Hörer ans Ohr. Das Gespräch hatte den Hausmeister ins Schwitzen gebracht. Nur wenige Sekunden später wusste Linda, weshalb. Herzfeld kam gleich zur Sache: »Ich hab mich informiert, Linda. Wie es aussieht, kann es tatsächlich längere Zeit dauern, bis ich bei Ihnen auf der Insel bin.« Im Hintergrund hörte sie das Geräusch eines Blinkers. »Und bis dahin bitte ich Sie um einen weiteren Gefallen.«
    »Was?«, fragte Linda. Die Vorahnung ließ ihren Magen nach unten sacken.
    »Sie müssen für mich die Leiche obduzieren.«

16. Kapitel
     
    Berlin.
    L egen Sie den Toten mit den Füßen Richtung Organtisch. Das ist der kleine Tisch mit dem Schiebetablett über dem Abflussbecken. Direkt neben der Handbrause, sehen Sie die?
    Damit können Sie gleich mal Wasser ins Becken laufen lassen. Machen Sie es ganz voll. Und jetzt entfernen Sie den Leichensack.«
    Herzfeld öffnete die Beifahrertür, noch bevor Ingolf vor dem Hauptbahnhof zum Stehen gekommen war. Während der Fahrt hatte er streng darauf geachtet, keine Namen zu nennen oder andere Informationen preiszugeben, auf die der Praktikant sich vielleicht einen Reim hätte machen können. Offenbar mit Erfolg. Dem Gesichtsausdruck nach, mit dem Ingolf ihn beim Abschied bedachte, war der gescheiterte Praktikant in erster Linie amüsiert über den durchgeknallten Professor, zu dessen Aufgabenroutine es offenbar zählte, Kollegen über Telefon Obduktionsnachhilfe zu erteilen.
    Herzfeld tippte sich nur kurz an die Stirn. Für eine höflichere Verabschiedung von Ingolf fehlte ihm die Zeit. Es hatte schon viel zu lange gedauert, den Koffer mit dem Sektionsbesteck und den Tatortutensilien von zu Hause abzuholen. Zudem war der Verkehr die Hölle gewesen, wie immer in Berlin, wenn es regnet oder schneit. Oder, wie im Augenblick, beides zugleich. Mit der S-Bahn wäre er sicher schneller gewesen, wenn auch lange nicht so komfortabel wie mit Ingolf, der ihn erst zu seiner Wohnung und danach zum Hauptbahnhof gefahren hatte.
    »Ziehen Sie sich Handschuhe über, möglichst dicke mit Noppen, und suchen Sie sich eine Gummischürze. Ender weiß, wo alles liegt, er soll Ihnen gleich zwei Organmesser geben, aber kein Skalpell, das bricht zu schnell ab, wenn man keine Übung hat. Sie könnten sich selbst verletzen. Und Sie brauchen eine lange Pinzette und eine Schere, mit der Sie die Kleidung des Toten aufschneiden können. Die Leiche muss komplett nackt sein.«
    Menschenmassen strömten an Herzfeld vorbei in die Eingangshalle.
    »Moment, Moment, Professor! Sind Sie eigentlich noch ganz bei Trost?«
    Herzfeld glaubte die Handbewegungen vor sich zu sehen, mit denen Linda ihre Schimpftirade untermalte. Er wich einer Frau mit zwei Kindern aus, die in die entgegengesetzte Richtung drängte. Die gläsernen Drehtüren, die in die Ankunftshalle führten, waren hoffnungslos verstopft, weshalb Herzfeld mit seinem Tatortkoffer in der Hand im Windschatten eines Stahlbetonpfeilers stehen blieb, wo es zwar zugig war, aber zumindest konnte er hier ungestört reden.
    »Nein, um ganz ehrlich zu sein, Linda, ich bin vermutlich nicht mehr bei Trost.« Er zögerte und überlegte noch einmal, ob er es wirklich wagen konnte, eine völlig Fremde ins Vertrauen zu ziehen. Allerdings hatte er sich ohnehin schon verplappert, vorhin, als er davon ausging, mit dem Entführer zu sprechen. Und die Warnung hatte sich in erster Linie darauf bezogen, keine offiziellen Stellen einzuschalten, also beschloss Herzfeld, das Risiko einzugehen.
    »Ich habe heute Morgen im Kopf einer bestialisch zugerichteten Leiche eine Nachricht gefunden. Einen Hilferuf meiner Tochter Hannah. Als ich sie anrief, ging ihre Mailbox ran.« Herzfeld fasste die Ansage kurz zusammen und schloss dann: »Sie hat mich angewiesen, mit niemandem darüber zu reden. Insofern gefährde ich gerade Hannahs Leben, indem ich Sie einweihe.«
    Einen Menschen, den ich nicht einmal kenne!
    »Aber mir bleibt wohl keine andere Wahl.«
    Herzfeld hatte eine von der Masse unentdeckte Notausgangstür gesichtet, durch die er in die Haupthalle schlüpfte. Er suchte auf der Anzeigetafel nach einem passenden Zug und vermutete zunächst einen technischen Defekt. Dann sah er die Schlange mit den wütend gestikulierenden

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