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Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Titel: Abgeschnitten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek , Michael Tsokos
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oder?«
    »Nein.«
    »Hey, Schwuli, bist du taub?« Der Fahrer wirkte aus der Nähe noch ärgerlicher. Speichelfäden hingen ihm aus dem Mund und verfingen sich in seinem Unterlippenbart. »Verfatz dich hier. Aber dalli.«
    Ingolf hob, ohne sich umzudrehen, gebieterisch die Hand wie ein König, der seine Untertanen vom Balkon aus zum Schweigen bringen will. Herzfeld rechnete jeden Moment mit dem ersten Schlag des Taxifahrers.
    »Und die Sache in Helgoland, was immer Sie da tun müssen, die ist Ihnen sehr wichtig?«
    »Lebenswichtig.«
    Ingolf nickte langsam, dann sah er wieder zu dem Taxifahrer, der schon die Hand nach ihm ausgestreckt hatte. »Wir sind gleich weg.«
    »Was heißt denn
gleich,
du Lackaffe? Ich knall dir
gleich
deine Studentenbrille vom Kopp, wenn du dich nicht
sofort
verziehst.«
    Ingolf lächelte unbeeindruckt, griff in die Tasche seines Mantels und zog ein Geldbündel hervor. »Würde das Ihre Ungeduld etwas besänftigen?«
    Der Fahrer stutzte, sah erst zu Herzfeld, dann zu Ingolf. Schließlich griff er grinsend nach den Scheinen, die der Praktikant ihm vor die Nase hielt.
    »Leg noch einen Fuffi drauf, und ich hol dir ’ne zweite Wurst.«
    »Nicht nötig, aber danke fürs Angebot.« Ingolf nickte Herzfeld zu und deutete zum Eingang des Bahnhofs. »Ich würde vorschlagen, wir decken uns mit Proviant und warmen Decken ein. Bei dieser Witterung kann es rasch ungemütlich werden, wenn wir auf der Autobahn in einen Stau geraten.«

17. Kapitel
     
    Helgoland.
    B
is hierhin und nicht weiter.
    Linda hielt die Lasche des Reißverschlusses zwischen Daumen und Zeigefinger und konnte sich nicht überwinden, den Leichensack zu öffnen.
    Ender hatte den Toten auf den Sektionstisch gewuchtet und Herzfelds Anweisungen gemäß alle Geräte und Hilfsmittel besorgt. Das meiste davon hatte sich in den Instrumentenschubladen im Sektionssaal befunden, nur für den Kittel hatte er kurz den Raum verlassen müssen, um mit einer schweren Gummischürze wiederzukommen, unter der sich Linda wie die Fleischbeschauerin in einem Schlachthaus fühlte. Für sich hatte Ender keine Schutzkleidung geholt, weder Umhang noch Handschuhe, was ein klares Statement war. Im Augenblick hielt er den größtmöglichen Abstand und lehnte an einem Ablagetisch neben der Schiebetür zum Flur.
    »Können wir jetzt mit der äußeren Leichenschau beginnen?«
    Herzfelds Stimme füllte den Raum, nachdem es ihm offensichtlich gelungen sein musste, eine Stromquelle für den leeren Akku seines Handys zu finden. Ender hatte das Haustelefon laut gestellt und den Apparat samt Gürteltasche an einem Haken an der Arbeitslampe über dem Seziertisch befestigt, so dass der Hörer jetzt wie das Mikrofon eines Ringrichters vor Lindas Nase baumelte.
    Also gut, betrachte es einfach als neue Erfahrung,
versuchte sie, sich selbst zu belügen.
Hintergrundrecherche, um endlich die Gewaltszenen in meinem Comic besser hinzubekommen. Mehr ist das nicht.
    Mit erschreckender Klarheit wurde ihr bewusst, dass sie kurz davorstand, zum ersten Mal in ihrem Leben eine Leiche aus allernächster Nähe zu betrachten. Draußen hatten Wind und Wellen eine sichere Distanz geschaffen, zudem war sie gestern von dem Fund überrascht worden. Das hier war etwas völlig anderes. Es gab keine ablenkenden Naturgewalten, alles geschah, von dicken Kellerwänden abgeschirmt, im gleißenden Neonlicht eines gekachelten Raumes. Wenn sie jetzt den Leichensack öffnete und dem Toten ins Gesicht sah, würde es viel direkter, s
ehr viel intimer
sein.
    Und sehr viel schlimmer.
    Linda dachte darüber nach, wie es sein konnte, dass man in einer Welt, in der täglich Menschen starben, so selten mit dem Tod konfrontiert wurde, und wurde sich im gleichen Atemzug darüber klar, dass sie derartige Überlegungen nur anstellte, um das Unvermeidliche hinauszuzögern. Dabei gab es lediglich zwei Möglichkeiten: Entweder sie weigerte sich. Oder sie glaubte dem verzweifelten Vater am anderen Ende der Leitung, dass das Leben seiner Tochter einzig und allein von ihrer Hilfsbereitschaft abhing.
    Und vielleicht ist Hannah nicht die Einzige, die hier gerade in Gefahr ist?,
dachte sie und versuchte, die Erinnerung an das nasse Handtuch in ihrem Bad und an Dannys Geruch zu verdrängen. Erik, die Frauenleiche in Berlin, Danny: Irgendwie musste das miteinander zusammenhängen, sie konnte sich nur nicht erklären, wie.
    »Aber ich werde mir den Kerl nur von außen ansehen!«Mit diesen Worten zog Linda am Reißverschluss, der

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