Abgezockt
ab, um dann seinen Handrücken zu betrachten.
Er rechnete schon halb mit Blut.
»Was fällt dir ein?«, schnauzte er sie an.
»Du kapierst wohl immer noch nicht?«
»Da hast du verdammt recht.«
»Ich liebe dich. Ich will dich zurückhaben. Warum, glaubst du, habe ich das alles getan?« Sie beantwortete ihre Frage selbst. »Weil ich will, dass du nicht mehr gebunden bist. Dann hast du nur noch mich.«
Bells Erklärung schockierte ihn. Sie war verrückt. Das musste so sein, wenn sie glaubte, durch ihre Aktivitäten kämen sie wieder zusammen. Diesen Wahnsinn hätte er nie für möglich gehalten. Erwartete sie jetzt etwa noch Dank von ihm oder dass er sich geschmeichelt fühlte? Er schüttelte den Kopf.
»Denkst du allen Ernstes, ich käme zu dir zurück? Ich habe aus eigener Entscheidung mit dir Schluss gemacht. Ich entschied mich für meine Familie. Und selbst wenn du sie mir weggenommen hast, würde ich nie zu dir zurückkehren.«
Er hielt inne. Er hatte mit einer hasserfüllten Reaktion gerechnet, geschürt von Enttäuschung und Zurückweisung, aber es blieb still. Es gab nichts mehr zu sagen. Bell blickte ihn nicht mehr an. Sie blickte über seine Schulter, und ein leerer Ausdruck trat auf ihr Gesicht, als verstünde sie nicht, was sie dort entdeckte. Josh wandte den Kopf.
Aufblitzende Farben – bei der Schnelligkeit, mit der das Objekt sich bewegte, kam Josh nicht dazu, es zu identifizieren. Schon hatte ihn etwas getroffen. Es schmetterte mit betäubender Wucht quer über seinen Kopf, und Josh fiel vornüber zu Boden – besinnungslos, noch ehe er auftraf.
Josh kam wieder zu sich. Er hatte keine Ahnung, wie lange er bewusstlos gewesen war. Ein durchdringender Schmerz strahlte von seinem Hinterkopf aus. Er hob eine Hand, doch schon bei der kleinsten Bewegung fühlte er wahre Dolchstiche im Schädel. Er ertastete eine Beule, so groß wie ein Hühnerei, und schloss die Augen. Er nahm Schmerzen im Genick wahr. Er hatte sich beim Sturz wohl verletzt.
Bell machte ein besorgtes Gesicht, sie schaute traurig und enttäuscht. Zum ersten Mal, seit sie zurückgekommen war, wirkte sie menschlich. Sie sprach, aber es war nur Gemurmel zu hören.
Josh entdeckte das Messer. Nicht das ganze Messer, nur den Griff. Die Klinge steckte tief in Bells Brust, unter dem Herzen. Er bemerkte das viele Blut. Zu viel Blut. Es machte das weiße Hemdchen schmutzig; gegen das grelle Purpur schien die blasse Seide noch mehr zu leuchten. Das Blut, das aus der Wunde drang, tropfte auf den Boden und bildete eine Lache um ihre Beine. Joshs Gehirn hatte nicht registriert, dass sie saß. Vor dem Aufprall hatte sie gestanden; jetzt hockte sie schief und in sich zusammengesackt vor den Schränken. Er versuchte nicht darüber nachzudenken, wer Bell das angetan hatte. Er musste hier raus, aber er konnte nicht aufhören, das Blut anzustarren.
Langsam verbreitete sich die Pfütze auf dem Boden zu Josh hin. Erschrocken wich er auf allen vieren zurück und rutschte weiter von der Schwerverletzten weg.
Bell hob ihren rechten Arm und winkte ihn zu sich. Blut quoll zwischen ihren bleichen Lippen hervor. »Josh.«
Er hielt in seinem Rückzug inne. Sein Blick starrte die Pfütze an, auf deren glatter Oberfläche das Licht schimmerte. Er rappelte sich auf. Er war nicht sicher, ob der Schlag oder der Anblick des Blutes das Schwindelgefühl verursachte. Ihm blieb nichts anderes übrig. Er trat in das Blut und ging neben ihr in die Hocke.
Mit traurigen Augen sah sie ihn an. Die Farbe ihrer glänzenden asiatischen Haut war zu einem schmutzigen Gelb verblasst. »Ich liebe dich, Josh«, flüsterte sie.
»Ja, ich weiß.« Er glaubte es aufrichtig, und obwohl er diese Liebe nicht erwiderte, war jetzt nicht der richtige Moment für brutale Ehrlichkeit. Bell lag im Sterben, und er würde ihr keinen Anlass geben, ihn mit ihrem letzten Atemzug zu verfluchen, trotz allem, was sie getan hatte. Sie waren sich einmal sehr nahe gewesen.
Irritiert von dem hölzernen Messergriff, der aus Bells Brust ragte, huschte Joshs Blick immer wieder zwischen ihm und ihrem Gesicht hin und her. Der Griff bewegte sich im Rhythmus ihrer schwachen Atmung, als wäre er ein Teil ihres Körpers. Josh fiel es schwer, sich auf Bell zu konzentrieren. Sollte er das Messer herausziehen oder stecken lassen? Er wusste nicht, was am besten war, aber Bell beim Sterben zusehen, das war keine Lösung.
»Ich werde Hilfe holen«, sagte er.
Josh machte Anstalten, aufzustehen, doch Bell
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