Abgezockt
er konnte. Wenn erst der lange kalifornische Sommer kam, würde der gelbe Smog, der über der Landschaft lag, jeden Flug verderben.
Josh wird sich in den Arsch treten, wenn ich ihm erzähle, wie es hier oben war.
Mark genoss das Alleinsein hoch in den Wolken; die Welt und ihre Probleme blieben unten, während er dahinrauschte. Wenn er in der Luft war, schien sich sein Pulsschlag gleich um fünf Takte oder mehr zu verlangsamen. Das war kein Hobby, das war eine Erholungskur.
Dreißig Minuten nach dem Abheben irritierte Mark etwas am Verhalten der Cessna. Schon zum dritten Mal musste er Gas geben, um Drehzahl und Fluggeschwindigkeit halten zu können.
Die Maschine ist doch gerade erst überholt worden. Es wird doch nichts kaputt sein?,
dachte er. Selbst ein so kleines, einfaches Flugzeug wie die C152 kostete eine Menge Geld, um es instand zu halten. Mark und Josh durften sich rühmen, jede nötige Maßnahme zu ergreifen, aber trotzdem: Mit dieser Maschine stimmte etwas nicht. Die Nervosität hielt Mark so starr in seinem Sitz fest wie der Gurt, der ihn an drei Stellen sicherte. Er überprüfte seine Koordinaten und die geschätzte Ankunftszeit in Stockton.
Sein Unbehagen machte ihn vorsichtig. Er führte eine Kontrolle der Instrumente durch, um Aufschluss über das seltsame Verhalten seines Flugzeugs zu bekommen, wollte nicht glauben, was Öldruck- und Temperaturanzeige ihm sagten. Einen Moment machte er die Augen zu, holte tief Luft und stieß sie fluchend wieder aus. Seine Nervosität wurde zu blanker Angst. Die beiden Zeiger standen auf Rot. Öldruck war nicht vorhanden und die Öltemperatur war zu hoch.
Das bedeutete, Mark hatte es mit einem Notfall zu tun. Er musste eine quälende Entscheidung treffen: das Triebwerk abstellen und eine Notlandung probieren, oder er riskierte es, bis Stockton zu fliegen. Er überprüfte durch die Plexiglasscheibe des Cockpits seine Position. Sacramento hatte er schon hinter sich, und unter ihm lag freies Feld, ein gutes Zeichen. Er fuhr sich mit feuchtkalter Hand über seine trockenen Lippen und versuchte zu schlucken.
»Murphy, was hast du mit der Maschine angestellt?«
Er wollte jemandem die Schuld für seine Angst zuschieben, und heute traf es den Mechaniker. Mark drückte sich vor einer Entscheidung und hoffte stattdessen auf ein Wunder. Er starrte die Druck- und die Temperaturzeige an: Sie kehrten nicht in den grünen Bereich zurück. Er wusste, das würde auch nicht geschehen. Er musste sich an das vorgeschriebene Programm halten. Seine Flugausbildung würde ihn retten. Er murmelte die einzelnen Schritte vor sich hin, die zu einer Notlandung erforderlich waren.
Von der Angst sensibilisiert, hörte Mark jeden Aussetzer des Triebwerks. Er hätte schwören können, dass sich die Kolben mit jeder verrinnenden Sekunde festfraßen. Die Maschine vibrierte wie von einem Schmiedehammer getroffen, während sie auf der Luftströmung dahinglitt. Marks Herz tat einen Satz. Einen Augenblick glaubte er, dies sei das Ende.
Mit zitternder Hand leitete er die Prozedur zu seiner Rettung ein. Er zog den Gashebel auf Leerlauf herunter, schaltete die Treibstoffmischung auf »mager«, deaktivierte die Benzinpumpe und drehte den Zündschlüssel auf Aus. Der Propeller verlangsamte und kam schaudernd zum Stillstand. Das Flugzeug begann, vom Himmel zu sinken.
Es herrschte gespenstische Stille. Als Pilot hatte sich Mark an bestimmte Fluggeräusche gewöhnt, doch jetzt war nichts zu hören außer dem Wind, der über die Tragflächen pfiff. Marks Herz raste. Ihm war kalt, und seine Kleidung klebte schweißnass auf der Haut.
Das Flugzeug verlor rasant an Höhe und fiel mit über sechshundert Fuß pro Minute. Mark las die steigende Absturzgeschwindigkeit auf dem Höhenmesser ab. Er konzentrierte seine Gedanken ganz auf die Bruchlandung, die er im Simulator so oft trainiert hatte, aber das hier war kein Training, sondern Wirklichkeit. Josh hatte ihn immer damit aufgezogen, dass er auf das Schlimmste gefasst sein wollte. Jetzt würde er ihm danken. Mark wünschte, Josh wäre da, um diese Aufgabe mit ihm zu teilen, den furchterregendsten aller Fälle. Eine Notlandung.
Mark ging auf Gleitflugposition, damit ihm zirka vier Minuten bleiben würden. Er hielt nach einem geeigneten Platz Ausschau. Über dem Feld, direkt unter ihm, würde er mit der verdammten Kiste kreisen, bis er keine Höhe mehr hatte. Er setzte einen Notruf nach Stockton ab.
»Mayday … Mayday … Mayday. Stockton Tower, hier
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