Abgezockt
entgegennehmen. Ob er bluffen und sein eigenes Leben riskieren sollte? Er durfte nicht länger zögern.
»Ich weiß, was Sie im Schilde führen, Mr. Tyrell.« Bobs Stimme zitterte. Jetzt war er in den Ring gesprungen und hatte die Gelegenheit genutzt. Seine Entscheidung jagte ihm Angst ein, und er hoffte, dass sie richtig war.
»Was wissen Sie, Bob?«
Tyrells Kälte rieselte durch die Leitung, und Bob schauderte.
»Ich weiß, was Sie mit Ihren Kunden machen.«
»Ihnen einen erstklassigen Service zu ansprechenden Preisen bieten?«, spottete Tyrell.
Bob nahm sich zusammen, bevor er die Millionenfrage stellte. »Sie bringen die Lebensversicherungskunden um, stimmt’s?«
Tyrell prustete vor Lachen. »Bob, Bob, Bob, wie kommen Sie denn auf so eine Räuberpistole? Durch
Akte X?
Oder durch
Zeit der Sehnsucht
vielleicht?«
Tyrells Spott war Bob nicht peinlich, er zog Kraft daraus. Die Belege hatte er vor sich, und was er und Josh wussten, ergab eine absolut zweifelsfreie, wenn auch weitschweifige Geschichte. Er holte tief Luft, um dem Manager die volle Ladung zu verpassen.
»Pinnacle Investments ist das erfolgreichste Unternehmen bei der Übernahme von Lebensversicherungen.« Tyrell versuchte zu unterbrechen, aber Bob sprach weiter. »Sie sind sogar das einzige erfolgreiche, besonders bei einem so breiten HIV -Kundenstamm wie dem Ihren. Aids -Patienten leben heute länger. Ihre dagegen sterben schneller als die anderen. Genauso Ihre sonstige Klientel. Eine Reihe Klienten meiner Kollegen – Klienten, die über Pinnacle Investments lebensversichert waren – starb in diesem Moment durch außergewöhnliche Unfälle, als ihr Gesundheitszustand sich gerade besserte.«
»Das klingt für mich alles nach Spinnerei. Ich lege jetzt auf«, sagte Tyrell.
»Ich glaube, die nächsten Kandidaten auf der Liste sind Josh Michaels und Margaret Macey, beides Kunden von mir, Mr. Tyrell.« Bob sprach Tyrells Namen aus, als kaute er auf sauren Zitronen. »Und Margaret Macey ist bereits tot.«
Mehr hatte er nicht zu sagen. Er wartete auf eine Reaktion von Tyrell, aber es kam keine.
»Dexter, ich höre Sie gar nicht auflegen«, spottete Bob.
Dexter Tyrell schwieg weiter.
Bob spürte, dass der andere zögerte. Er hatte ihn irritiert. Der Manager würde jetzt seine Möglichkeiten abwägen. Bob beschloss, ihn an die Wand zu drängen. »Es gibt da einen Mann, der sich als Mitarbeiter von Pinnacle Investments ausgibt. James Mitchell. Ich glaube, dieser Mann ist Ihr Auftragskiller.«
»Was soll das heißen?«, fragte Tyrell.
»Ich will, dass Sie Schluss machen.«
»Und wenn nicht?«
»Dann gehe ich zur Polizei.«
»Man wird Sie auslachen oder in die Klapsmühle sperren«, schnaubte Tyrell.
»Mag sein, aber ich werde der Polizei genug Material liefern, so dass man Pinnacle Investments unter die Lupe nimmt, und das wäre doch nicht vorteilhaft fürs Geschäft, wie?«, fragte Bob lächelnd.
Tyrell schwieg eine geraume Zeit. Bob wartete gern. Er konnte fast hören, wie der Manager sich wand.
»Ich mache Ihnen ein Angebot, Bob.«
Bob horchte.
Im Anschluss an sein Frühstück mit Bob kehrte Josh nach Hause zurück, wo niemand war. Er durchdachte immer wieder die Theorien seines Freundes. Ob Pinnacle sich auf die Rückkaufaktion einlassen würde? Hoffentlich. Josh wartete auf Bobs Anruf, aber der kam nicht. Er rief bei ihm an, doch Bob ging nicht ans Telefon.
Josh konnte nicht einfach nur herumhocken. Er musste etwas unternehmen. Also beschloss er, einem Hobby nachzugehen, das er schon lange vernachlässigt hatte: bergsteigen. Bobs Erwähnung seines alten Steckenpferds hatte gute Erinnerungen geweckt. Er kramte seine Ausrüstung hervor. Der gut und gern zehn Jahre alte Rucksack war im Vergleich mit den modernen Leichtgewichtmodellen museumsreif. Josh fuhr zur Kletterhalle in der Stadt, um seine Fähigkeiten zu trainieren.
Nach zehn Minuten war er wieder in seinem Element und trotz achtjähriger Abstinenz keine Spur von eingerostet. Die Stunden verflogen, während Josh von den einfachsten Übungen zu den schwierigsten überging und jeden Schwierigkeitsgrad mit Bravour meisterte. Zutiefst verwundert fragte er sich, warum er nicht schon früher hierhergekommen war. Die Risiken waren so gering, dass Kate bestimmt nichts einzuwenden hätte. Aber trotzdem wusste Josh, die Kletterhalle würde ihm bald nicht mehr genügen, wenn er erst einmal Blut geleckt hatte, und er würde die echten Berge besteigen wollen. Die Versuchung des
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