Abgezockt
Warteschleife gelegt und mit Musik berieselt. Dann brach die Musik ab.
»Hallo, Mr. Deuce. Ich verbinde«, sagte Julie.
Er hatte Glück: Tyrell arbeitete auch samstags.
»Dexter Tyrell«, meldete sich der Manager in dem Zeit-ist-Geld-Tonfall.
»Guten Tag. Bob Deuce von der Family-Stop-Versicherungsagentur. Ich habe in der Vergangenheit Geschäfte an Pinnacle Investments vermittelt.«
»Freut mich, mit jemandem von unseren Vertragspartnern zu sprechen«, antwortete Tyrell herablassend.
»Tja also, Mr. Tyrell, einer unserer Kunden hätte da eine Bitte …«
»Okay, Bob, schießen Sie los.«
Bob hob eine Augenbraue, als ihn Tyrell mit Vornamen anredete. Wahrscheinlich betrachtete ihn der Kerl als »einen von uns«, nachdem er auch im Versicherungsgeschäft war. Diese Zwanglosigkeit amüsierte ihn. Tyrell wirkte unehrlich; darum, dachte sich Bob, würde auch er ein Spielchen spielen.
»Wissen Sie, es ist so, Dexter.« Bob betonte Tyrells Namen und schmunzelte, während er wartete.
»Ja?«, sagte Tyrell gedehnt.
»Ich habe da einen Kunden, der hat vor etwa anderthalb Jahren seine Lebensversicherung an Sie übertragen. Nun wollte ich fragen, ob es wohl möglich wäre, die Sache rückgängig zu machen.«
Tyrell gab keine Antwort. Bobs Frage hing in der Luft.
»Ich weiß nicht, ob das geht, Bob.« Die unbefriedigende Antwort schien Tyrell verlegen zu machen.
»Irgendwelche Gründe?«
»Als Branchenkenner verstehen Sie ja naturgemäß den Vorgang einer Versicherungsübertragung.«
»Naturgemäß ja.«
»Dann verstehen Sie auch die hohen Vorauskosten für Pinnacle Investments – die Ablösesumme, die Monatsbeiträge und so weiter.«
»Ja.«
»Eine Rückführung an den Versicherungsnehmer liegt nicht in unserem Interesse.«
»Mein Kunde wäre darauf eingestellt, die Ablösesumme und alle anderweitigen Kosten zu erstatten«, offerierte Bob.
»Warum tut er das?«
Bob rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum und suchte nach einer Antwort. »Die Finanzverhältnisse meines Kunden haben sich geändert, und er ist wegen des erheblichen Nennwerts an einem Rückkauf interessiert.«
»Wie viel?«
»Fünfhunderttausend Dollar.« Ein nervöser Unterton schlich sich in Bobs Stimme. Der Grund seiner Nervosität lag auf der Hand: Er hatte deutlich das Gefühl, mit einer Spinne zu verhandeln, während er wie eine Fliege im Netz hing.
»Wie heißt dieser Kunde?«
»Joshua Michaels.«
Eine bedeutungsschwere Pause trat ein.
Weiß er Bescheid? Ist er derjenige, welcher?
In der Stille fragte sich Bob, ob Tyrell hinter dem Mord an den Versicherten steckte. Der Kontakt mit diesem Mann machte ihm Angst. Es war klar, dass die Sache von ganz oben ausging. Ein kleiner Angestellter hätte wohl kaum so viel Einfluss, um Tötungsbefehle zu erteilen. Außerdem besaß ein Topmanager die Möglichkeit, die immensen Ausgaben für einen angeheuerten Killer zu verschleiern. Bob lief es eiskalt über den Rücken; Tyrell kannte seinen Namen.
»Ich erinnere mich nicht an den Vorgang« – Tyrell hielt erneut inne –, »aber ich fürchte, ich kann Ihrem Freund in diesem Fall nicht entgegenkommen.«
Bobs Mund wurde trocken.
Freund? Wer hat gesagt, dass Josh mein Freund ist?
Dass Tyrell seine Kenntnis von der Freundschaft mit Josh nebenbei verraten hatte, erhärtete nur Bobs Befürchtung, dass der Abteilungsdirektor von Pinnacle Investments Versicherungskunden umbringen ließ. Er konnte nicht sagen, ob Tyrell seinen Versprecher bemerkt hatte oder nicht. Auf jeden Fall hatte Bob Angst.
Tyrell fuhr fort. Selbst wenn Josh Michaels die Kosten zurückerstatten würde, sei das kein Ersatz für die Investition. »Wir müssen an unsere Anleger denken. Wie Sie sicher verstehen werden, sind wir ein gewinnorientiertes Unternehmen, kein Wohltätigkeitsverein.«
»Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Dexter.«
»Oh, ich habe zu danken. Und ich hoffe, wir kommen wieder einmal ins Geschäft. Pinnacle Investments weiß die Leistungen seiner Agenten sehr zu schätzen. Auf Wiederhören, Bob. Hat mich gefreut.«
Bob blieben nur Sekunden für seine Entscheidung. Er wusste, ein Killer war Josh auf den Fersen. Er wusste, dass wahrscheinlich jemand von Pinnacle Investments hinter dem Ganzen steckte. Er hatte das Gefühl, dass Dexter Tyrell der Auftraggeber war. Doch sicher konnte er sich nicht sein – es war alles Spekulation. In einer Sekunde wäre die Verbindung und der Kontakt beendet; weitere Anrufe würde Tyrell wahrscheinlich nicht
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