Abgründe der Leidenschaft
Der Schaden betrug bestimmt mehrere tausend Dollar. Man konnte heutzutage keinen Unfall mehr bauen, der nicht Tausende von Dollars kostete. »Ich wollte nach Hause. Bronxville. Dort lebe ich inzwischen.«
»Das ist albern. Wenn wir uns schon mal wiedergetroffen haben, sollten wir uns nicht gleich wieder aus den Augen verlieren. Warum parken wir nicht hier und essen gemeinsam zu Mittag? Wir könnten uns erzählen, was in den vergangenen Jahren alles passiert ist. Und außerdem habe ich einen Riesenhunger.«
»Warst du nicht auch irgendwohin unterwegs?«
»Ich habe um zwei einen Termin«, erwiderte Ronnie und sah auf ihre goldene Uhr von
Cartier
. »Uns bleibt noch eine Stunde, und am Ende des Blocks kenne ich ein großartiges kleines italienisches Restaurant.«
Als Carla zögerte, wurde Ronnie eindringlicher: »Bitte. Ich würde mich über die Gesellschaft freuen, und es gibt so viel zu erzählen.«
Der Parkwächter kam angerannt und fuchtelte mit den Armen in der Luft herum. Er wollte die Ausfahrt räumen. »Sie müssen die Fahrzeuge wegstellen«, rief der uniformierte Mann schon von weitem.
Ronnies Stimme klang sanft, aber dennoch entschieden. »Wenn Sie noch einen Moment warten, Tom, sind wir weg.« Sie wandte sich Carla zu. »Ich bin oft hier in der Gegend. Ich habe immer hier geparkt, aber inzwischen habe ich einen günstigeren Parkplatz um die Ecke gefunden.«
Während Ronnie zu ihrem Wagen zurückkehrte, stieg Carla in ihren Ford und fuhr zurück. Die Autos trennten sich, und Carla bemerkte, dass der Schaden am Cadillac kleiner war, als sie befürchtet hatte. Nur eine hässliche Delle und ein wenig aufgeplatzter Lack. Sie würde ihren Wagen untersuchen müssen, aber da sie den Cadillac mit der Stoßstange gerammt hatte, war vermutlich alles in Ordnung.
»Hier entlang!«, rief Tom. »Setzen Sie ihn hier hinein.« Er winkte Carla in eine Parklücke, und Ronnie fuhr auf den nächsten freien Platz.
Ronnie stieg aus. »Wir sind in ein paar Stunden wieder da, Tom.« Sie beugte sich über den Beifahrersitz, schnappte sich ihre modische Tasche, die, wie Carla vermutete, entweder von
Fendi
oder aber eine sehr gute Fälschung war, und schlang den Träger aus Kette über ihre Schulter. Carla griff durch das offene Beifahrerfenster des Fords nach ihrer Kunstledertasche und ihrer kamelfarbenen Wolljacke. Sie schob die Arme durch die Ärmel des Blazers und knöpfte ihn über ihrer jeansblau und weiß gestreiften Hemdbluse zu.
»Oh, Carla, das ist so wunderbar«, sagte Ronnie. Dann warf sie einen Blick auf die Stoßstange von Carlas Wagen. »Nicht so schlimm. Sieht aus, als hättest du den Unfall ohne größeren Schaden überstanden.«
Carla nickte und legte einen Arm um Ronnies Taille. »Ich bin so froh, dass ich auf dich gestoßen bin.« Sie lachte. »Buchstäblich.«
»Ich auch. Hier entlang.« Ronnie führte Carla unter einer schmalen Markise hindurch, auf der der Name des Restaurants prangte –
The Villa Luigi
. Als sie hineingingen, sog Carla den verführerischen Duft von Knoblauch, Oregano und Olivenöl ein. Sie wurden an einen ruhigen Tisch im hinteren Teil des Restaurants geführt. »Bringen Sie uns eine Flasche Ihres
Ruffinos
und etwas Knoblauchbrot«, sagte Ronnie der Kellnerin, die sie an ihren Tisch begleitet hatte. Als die Bedienung gegangen war ging, lachte Ronnie. »Erinnerst du dich noch an den Abend, als wir Unmengen von Rotwein getrunken und dazu eine ganze Packung
Oreo-
Kekse mit Füllung gegessen haben?«
»Ich erinnere mich nur noch daran, wie schlecht es uns am nächsten Morgen ging. Ich musste mich kriechend fortbewegen, weil ich sonst umgekippt wäre.«
»Und ich habe mir eine Stunde lang die Seele aus dem Leib gekotzt.« Die beiden Frauen lachten. »Sag mir, was sich bei dir getan hat«, sagte Ronnie.
Carla holte tief Luft. »Nun, ich war fast neun Jahre lang verheiratet, aber Bill ist vor fünf Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen.«
»Das tut mir leid.«
»Tja … Bill war nicht gerade Prince Charming. Er trank zu viel und er war nicht nett, wenn er betrunken war. Schon ein Jahr vor seinem Tod habe ich darüber nachgedacht, ihn zu verlassen.«
»Kinder?«
» BJ , also Bill Junior, ist dreizehn, Tommy ist elf und Mike ist zehn. Drei Jungs.« Sie seufzte mit gespielter Verzweiflung. »Was habe ich bloß falsch gemacht?«
»Ich weiß noch, dass du immer Kinder wolltest – Mädchen. Und du wolltest nie arbeiten.«
»Nie arbeiten? Gott, stell dir vor: Ich habe wirklich
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