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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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letzten Boten etwas beunruhigte.
    „Wusstet Ihr, Herr“, fragte er, „dass Gefolgsleute Eures Bruders Heinrich mit Hermann Billung dort oben sind?“
    Der König blickte zu ihm auf und es schien, dass die Frage ihm missfiel.
    „Der Heerführer hat die Männer, die er brauchen kann, selbst ausgewählt. Das war seine Angelegenheit, nicht meine.“
    „Vielleicht wäre es gut, Heinrichs Leute zurückzurufen.“
    „Warum?“
    „Es sind Kerle, die eine unbändige Wut auf den Mann haben, den sie dort oben belagern. Es könnte geschehen, dass sie nach ihrem eigenen Willen handeln … gegen den Euren und den des Heerführers.“
    „Wie meinst du das … nach ihrem eigenen Willen?“
    „Maincia hat einen Schwur geleistet: Den Mann, der seinen Gefolgsherrn Heinrich entführt und ihn selbst schwer verwundet hat, werde er töten und niemand werde ihn daran hindern können.“
    |139| „Das hat er geschworen?“
    „Viele haben es gehört. Ich nahm an, Ihr wusstet davon.“
    Otto beugte sich vor, hob einen Stein auf, warf ihn mit Schwung in den Fluss, wartete das Aufspritzen des Wassers ab.
    „Nein“, sagte er dann. „Davon wusste ich nichts.“
    Hadalt schwieg einen Augenblick, nahm das auf seiner Glatze getrocknete Tuch vom Kopf und wischte sich den Schweiß aus dem Nacken.
    „Ob der Billunger davon weiß? Die Männer Eures Bruders sind voller Hass und Gier auf Vergeltung. Sie werden sich kaum an seine Befehle halten. Es könnte beim Sturm auf die Burg noch zu Kämpfen kommen …“
    „Ich hoffe, die da oben ergeben sich. Was danach kommt, wird meine Sache sein. Wenn einer Verstand hat, wird er sich hüten, mein Urteil vorwegzunehmen. Das könnte übel für ihn ausgehen.“
    „Diesem Maincia traue ich alles zu“, sagte Hadalt. „Der fürchtet den Teufel nicht.“
    „Vielleicht nicht den Teufel – aber mich. Doch ist er überhaupt dabei? Er ist schwer verwundet, scheint sogar ein Auge verloren zu haben. Solche kann Hermann Billung nicht brauchen. Er wird ihn nicht mitgenommen haben.“
    Zum Zeichen, dass das Gespräch beendet sei, erhob sich Otto und winkte einem Knecht, der ihm in seine Stiefel half.
     
    Nicht weit entfernt, im Schatten unter einer Baumgruppe, saßen Konrad Kurzbold und sein Vetter Udo, Graf in der Wetterau, auf einem vom Sturm gefällten Stamm. Auch sie hatten Helm, Panzer, Wehrgurt und Waffen abgelegt und tranken Wasser, das ihre Knechte aus einer nahen Quelle geschöpft hatten. Graf Udo, im Gegensatz zu seinem kleinwüchsigen, zartgliedrigen Vetter ein Koloss mit Atlasschultern und gewaltigen Pranken, deutete mit dem Kopf zum Flussufer, wo jetzt der König, die auf dem Rücken verschränkten Hände knetend, auf und ab stapfte.
    „Er kann das Wiedersehen mit seinem Bruder kaum erwarten“, sagte Udo. „Was, glaubst du, wird er mit ihm machen?“
    „Nun, was wohl?“, erwiderte Kurzbold. „Er wird ihn angemessen bestrafen.“
    „Du meinst … aufhängen? Köpfen lassen?“
    „Was denkst du dir … Ist Thankmar nicht auch ein Liudolfinger? Die halten zusammen, die tun sich nichts. Vielleicht eine kurze |140| Haft … zwei, drei Monate. Wenn er sich unterwirft, wird ihm nichts weiter geschehen.“
    „Wenn aber nicht?“
    „Es wird ihm nichts anderes übrig bleiben.“
    „Ich wollte, er würde hart bestraft“, sagte Udo. „Durch seine Schuld ist mein Sohn ums Leben gekommen. Zum Glück habe ich noch drei andere. Aber Gebhard war mir der liebste, war auch der tapferste und fähigste. Er sollte mein Nachfolger werden.“ Er seufzte schwer, ballte die Faust und fügte hinzu: „Wenn ich dem Thankmar gegenüber stehe, werde ich mich zurückhalten müssen. Die Gurgel könnte ich ihm zudrehen!“
    „Ich will ja dein Vaterherz nicht kränken, Vetter“, sagte Kurzbold, wobei er sein ältliches Gesicht mit der kindlich aufgeworfenen Nase, die dazu nicht recht passen wollte, in Falten legte. „Aber was hatte dein Sohn auf Burg Belecke verloren? Was trieb ihn in die Gesellschaft solcher Schufte wie Rothger und Goderam, dieser Hundeträger, die in Magdeburg nichts gelernt hatten? Warum hast du ihn nicht zurückgehalten?“
    „Wie sollte ich denn? Ich hatte ihn Eberhard zur Erziehung übergeben. Der kümmerte sich nicht viel um ihn und so geriet er an diese Kerle. Bei denen gab es Festmahle, Kurzweil, Jagden …“
    „ … und allerlei schlimmen Unfug. Raubzüge gegen sächsische und fränkische Dörfer. Ja, auch fränkische! Kurzweil unserer adligen Jugend – die eigenen Bauern

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