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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Weiter?“
    „Ich riet ihm, die Waffen auf den Altar zu legen. Aber er lief erst noch einmal zur Tür, schob den Riegel vor. Dann kam er zurück und fragte noch einmal: ‚Die Waffen auf den Altar?‘ Und schon zog er sein Schwert aus der Scheide und warf es zwischen das Kreuz und die Kerzen. Dazu legte er einen Dolch und … und … was er am Halse trug … die schwere goldene Kette … seinen Königsschmuck, wie er uns erklärt hatte … Und immer wieder rief er: ‚Gott, hilf mir, rette mich – ich entsage allem! Verzichte auf alles, |147| ergebe mich! Mach, dass mein Bruder mir verzeiht!‘ So schrie er, dabei vergoss er Tränen und …“
    „Und dann kamen sie herein, diese Männer …“
    „Der Kampf war inzwischen entschieden … man suchte ihn … draußen wurde sein Name gerufen. Er legte beide Hände auf den Altar. Da hörten wir es schon krachen und bersten. Die Tür wurde eingeschlagen, sie brüllten: ‚Wo ist er? Wo ist der Verräter?‘ Aber sie kamen erst nicht herein … achteten die heilige Schwelle … schleuderten nur ein paar Lanzen, Ihr seht sie dort, sie trafen nicht … dann aber stürzte doch einer herein mit gezogenem Schwert … es war der, der dort hinter dem Pfeiler liegt … der Herr möge ihm verzeihen, dass er hier eindrang, voller Mordgier …“
    „Wie kam er zu Tode? Sie kämpften? Erschlug ihn mein Bruder?“
    „Er erschlug ihn. Als er den Mann auf sich zukommen sah, packte er wieder das Schwert, das er vorher auf den Altar gelegt hatte. Da aber schrie er auf – er war selber getroffen. Trotzdem schwang er noch mit beiden Fäusten das Schwert und … und der andere spie plötzlich Blut und fiel hin … dort, wo er noch liegt. Der Verletzte stand nun vor dem Altar, er krümmte sich, untersuchte die Wunde … Doch auf einmal … hinter ihm, da … am Fenster … eine schreckliche Fratze tauchte dort auf … ich glaubte wahrhaftig, der Teufel selbst … Und da kam schon der Speer geflogen …“
    Der Alte, den sein Bericht erschöpft hatte, atmete keuchend, schwieg.
    „Maincias Speer“, sagte Hermann Billung. „Traf genau – traf Euern Bruder in den Rücken. Er war gleich tot.“
    „Wo fiel er? Hier?“, fragte der König.
    Dodo bezeichnete die Stelle auf dem blutbefleckten Teppich, wo Thankmar zusammengebrochen war.
    „Wir werden ihn ehrenvoll begraben.“ Otto bückte sich abermals nach dem Schuh und gab ihn einem der Männer aus dem Gefolge des Billungers. „Bereitet es vor. Und vergesst nicht, ihm seinen Königsschmuck wieder anzulegen.“
    „Der ist verschwunden“, sagte der Mann.
    „Verschwunden? Wir haben doch gerade gehört, dass er ihn auf den Altar gelegt hatte.“
    „So war es“, beteuerte Dodo. „Aber als er getroffen war, lief ich hinaus, um Hilfe zu holen. Und als ich mit den anderen zurückkam, war alles weg. Auch sein Schwert war nicht mehr …“
    |148| „Ich habe mir Maincia schon vorgenommen“, sagte der Billunger. „Er will die Kirche nicht betreten haben. Behauptet sogar, er hätte das Recht auf Asyl nicht verletzt, weil er nicht eingedrungen war, sondern den Speer von draußen geworfen hatte. Angeblich wollte er nur seine Rache, Beute sei ihm gleichgültig gewesen.“
    „Du glaubst ihm?“
    „Nein.“
    „Wo ist er jetzt?“
    „Bei den Gefangenen.“
    Otto schwieg und wandte sich ab, um hinauszugehen. Als er an Hadalt vorbei kam, blieb er noch einmal kurz stehen.
    „Du hattest Recht“, sagte er. „Wir hätten Heinrichs Leute zurückrufen sollen.“
    „Es wäre ja schon zu spät gewesen“, erwiderte der Kämmerer mit einem nachsichtigen Lächeln. „Und wer hätte gedacht, dass der Kerl Ernst machen würde mit seinem Schwur.“
    „Ich wusste ja nichts davon!“, sagte Otto schroff. „Hätte ich es gewusst …“
    Er verließ die Kirche.

22
    Draußen wurde der König wieder mit „Heil“-Rufen empfangen. Sein Heer begann, sich auf der geräumigen Plattform der Eresburg zu lagern und einzurichten. Er traf einige Anordnungen, wandte sich dann aber plötzlich ab und stapfte über Schottergestein und durch hohes, trockenes Gras bis zum Rande der Bergkuppe. Dabei warf er den Mantel ab, den Gunzelin, der ihm als Einziger folgte, aufhob. Doch der schwarzbärtige Gefolgsmann hielt Abstand, weil er begriff, dass sein Herr allein sein wollte, und er trat auch nicht näher, als er den König undeutlich reden hörte. Er kannte ja dessen Gewohnheit, endlose Selbstgespräche zu führen.
    Otto trat bis hart an den Abgrund und ließ seinen Blick

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