Abgründe (German Edition)
Raststätte, die Art wie die Leichen arrangiert worden waren – wie Puppen – und jetzt ein Brand in unmittelbarer Nähe seines Hauses. Leider ließen sich diese Tatsachen nicht von der Hand weisen. Morgen früh würde er sein Team zusammenrufen und ihnen von seinem Verdacht erzählen müssen.
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»Aber Birch hat rotblonde Mädchen bevorzugt, Ethan.« Gladys lehnte an der Wand des Büros und sah ihn skeptisch an.
»Ich weiß.« Birch hatte zwar vor Madison noch nie jemanden entführt, doch war er mehrmals dabei erwischt worden, wie er abends in die Fenster fremder Kinderzimmer starrte. Die Mädchen, die Birch beobachtet hatte, waren alle rotblond gewesen. Wie seine Puppen. »Warten wir es ab.«
Ethan trat ans Fenster und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Hier, in seinem Büro, stand die Luft. Der Ventilator war seit ewigen Zeiten kaputt und eine Klimaanlage gab es nicht. Das Fenster konnte er nicht öffnen, weil draußen eine Baustelle war, die deren Lärm jede Unterhaltung unmöglich gemacht hätte.
Donovan saß auf Ethans Schreibtischstuhl und betrachtete nachdenklich die kleine Post-its voller Fakten und Vermutungen, die neben den Tatortfotos an der Wand hingen. Mason lehnte an der geschlossenen Tür, sein Kopf sah geschwollen aus. Die Anspannung hing spürbar im Raum. Alle warteten auf Dewey, der in Detroit anrufen und Birchs Alibi überprüfen wollte.
»Vielleicht hat er seinen Frauengeschmack einfach geändert«, warf Donovan ein.
Gladys zog eine Augenbraue hoch. »Von rotblond, jung und hübsch auf egal ?«
Ethan blickte aus dem Fenster und sah herunter auf die Bauarbeiter, die mit hochroten Gesichtern in der heißen Morgensonne beschäftigt waren.
»Ethan hat aber Recht. Birch hat ihm gedroht, ihm das Leben zur Hölle zu machen. Und dadurch, dass er nur Leute aus Ethans Umfeld ermordet und jetzt sogar Claire Travis entführt hat... «, fuhr Donovan fort.
»Macht er ihm das Leben zur Hölle, richtig. Aber es war trotzdem nicht Birch«, beharrte Gladys.
»Und die Verbrennungen an Roxanna Johnsonns Leiche?«
»Stammen von einem Gasbrenner. Der Mörder könnte genauso gut jeder x-beliebige Koch oder Chemiker sein.« Gladys schüttelte den Kopf. »Birch war es nicht.«
»Was macht dich da so sicher?« Jetzt war Mason wieder mal an der Reihe, Gladys’ Fähigkeiten in Frage zu stellen. Er tat es mit einem selbstgefälligen Grinsen.
»Mein Verstand. Birch ist zwar verrückt, aber nicht dumm. Es wäre zu offensichtlich, zu einfach .«
»Vielleicht sollten wir ganz von vorn anfangen«, überlegte Ethan. »Alles vergessen, was wir bisher angenommen haben. Möglich, dass wir vollkommen falsch an die Sache heran gehen. Vielleicht ist unser Täter gar nicht so integer und unauffällig, wie wir glauben, oder...«
»...Vielleicht handelt es sich auch um eine Täterin «, sprang Donovan ein.
»Eine verrückte Chemikerin, die Leichen stemmt und sie unauffällig an der Promenade arrangiert«, scherzte Mason.
Gladys sah ihn böse an. »Manchmal frage ich mich wirklich, wie Mason Detective werden konnte.«
»Vorsicht, Larkin!« Mason löste sich von der Wand. Er hatte die kleinen Schweineaugen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen. Unwillkürlich fragte sich Ethan, ob er überhaupt noch etwas sehen konnte. »Pass auf, was du sagst, sonst – «
»Sonst?« Ethan baute sich zwischen Gladys und Mason auf. Niemand hatte Gladys oder irgendeiner anderen Frau zu drohen oder sie gar zu schlagen. Sofort fiel Ethan die Doppelmoral in seinem Gedankengang auf und er korrigierte sich selbst. Niemand hatte Gladys zu drohen oder zu schlagen.
Gladys blieb gelassen und legte Ethan eine Hand auf die Schulter. »Danke, aber ich hätte gerne gehört, was Mason mir zu sagen hat.«
In Masons kleinen Augen funkelte der Zorn. Als er neu ins Team gekommen war, hatten alle direkt gespürt, dass er ein Auge auf die unnahbare Gladys geworfen hatte. Ethan hatte ihm damals den Tipp gegeben, sich von ihr fern zu halten, aber Mason wollte nicht hören. Auf einem Weihnachtsessen, unter dem Einfluss von einer Menge Alkohol, hatte er dann einen Annäherungsversuch bei Gladys gewagt, die ihn vor der versammelten Mannschaft abblitzen ließ. Mason fühlte sich seitdem in seiner Männlichkeit gekränkt und versuchte Gladys bloßzustellen und zu provozieren, wo es nur ging.
»Was ist? Hat’s dir die Sprache verschlagen?« Gladys verschränkte die schlanken, aber drahtigen Arme vor der Brust.
»Du weißt genau, dass ich der
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