Abgründe (German Edition)
immer noch über die Verkleidung, die der Killer dieser Prostituierten verpasst hat, aber ohne diesen Wisch hier wird sie schon nicht die richtigen Schlüsse ziehen!« Er ließ den Zettel in seiner Innentasche verschwinden. Wie Ethan ihn kannte, hatte er sicher schon die manipulierte Version im Büro deponiert.
»Danke, Mann. Du bist echt der beste -«
»Deine whiskyseligen Lobesreden kannst du dir schenken.« Donovan hob abwehrend die Hände. »Ich will einfach, dass du ehrlich zu mir bist. Was lief da zwischen dir und dieser Prostituierten?«
Wenn es nur die eine wäre. Ethan lachte humorlos und Donovan deutete sein Lachen falsch.
»Was genau lief, will ich gar nicht wissen. Ich will wissen, wieso du deine Freundin verlassen hast und wieso du für Sex bezahlst, den du hier mit jeder x-beliebigen Touristin haben kannst und meiner Meinung nach auch dauernd hast.«
»Ich hab' eine von denen geschwängert.« Ethans Stimme war jetzt nur noch ein Flüstern.
Donovan blickte ihn entgeistert an, dann schlug er mit der Faust auf den Tisch. »Herrgott noch mal! Weißt du das sicher?«
»Sie behauptet es.«
»Seit wann weißt du davon?«
»Seit heute. Ich hab' sofort danach mit Evangeline gesprochen und – « Ethan brach ab.
»Du hast mit ihr Schluss gemacht, weil du 'ne Nutte geschwängert hast?«
»Wegen dieser ganzen Sache. Wahrscheinlich bin ich… irgendwie gestört oder so.«
»Jetzt machst du mir Angst.« Donovan trank von seinem Whisky.
»Nein nein, so schlimm ist es nicht.« Ethan lachte bitter und war für einen Moment versucht, seinem Partner die ganze Geschichte mit seinem Vater und Evans zu erzählen, doch es würde lediglich wie eine kindische Anekdote aus der Vergangenheit klingen. »Vergiss es einfach. Hat mit meinem Elternhaus zu tun.«
Donovan betrachtete ihn kritisch. »Ich dachte, dein Sohn ist der mit dem schwierigen Elternhaus.«
»Das ist was völlig anderes, Donovan.« Ethan schüttelte den Kopf. Vierzehn Tage lang in einem Beichtstuhl festgehalten und zum Büßen gezwungen zu werden, war wirklich lächerlich im Vergleich zu dem, was Haley zugestoßen war.
Donovan verstand, nahm sich eine weitere Salzstange und seufzte. »Wie geht es ihm denn? Kommt er zurecht? Hat er sich mittlerweile richtig eingelebt oder reißt diese Mordserie alte Wunden wieder auf?«
»Es geht ihm soweit gut. Ich glaube, dass er das alles ganz erfolgreich verdrängt.«
»Vielleicht nimmst du dir ein Beispiel an ihm. Diese Huren-Geschichte muss jedenfalls aufhören. Früher oder später fliegst du auf und du weißt selber, dass es dann düster für dich aussieht.«
An Donovans Tonfall erkannte Ethan, dass die Sache damit jetzt für ihn gelaufen war. Er fuhr sich erneut mit der Hand durchs Gesicht. Seine Bewegungen fühlten sich fahrig und unsicher an. Der Whisky half ihm nicht, zu vergessen, was er vergessen wollte. Im Gegenteil. Pausenlos spukten Evangeline, Jillian und die Resort City-Bestie mit all ihren Opfern in seinem Kopf herum.
Trotzig leerte er sein Glas und gab dem Barkeeper ein Zeichen, es wieder aufzufüllen.
-85-
Ethan lehnte an der Fensterbank und durch die Lücken in der geschlossenen Jalousie brannte die Sonne auf seinen Rücken. Der Whisky vom Vorabend machte ihm noch immer zu schaffen. Sein Kopf schmerzte und er war todmüde, weil er die halbe Nacht über der Kloschüssel verbracht hatte. Wenigstens hatte er die Pausen zwischen den Übelkeitsattacken zum Nachdenken nutzen können und seine Idee war, wie er glaubte, gar nicht so schlecht. Jetzt musste er nur noch das Team davon überzeugen.
Hoffentlich war sein Plan nicht so wahnwitzig, wie man es von einem Plan erwartete, der einem Gehirn entsprungen war, das gerade mit gefühlten fünf Promille Alkohol fertig werden musste.
Das Team betrat geschlossen den Raum und niemand wunderte sich, dass er hier war und den Teamleiter mimte. Nicht einmal Dewey.
»Hey, wie geht’s?«, fragte Donovan. Der Versuch, es beiläufig klingen zu lassen, bewies mal wieder sein fehlendes schauspielerisches Talent.
»Bestens. Ich habe mir etwas überlegt« Er begann, ohne die anderen zu begrüßen, denn er musste seinen Plan loswerden und erfahren, ob er Sinn machte. »Wir werden dem Täter eine Falle stellen. Diese Geschichte muss endlich ein Ende haben und eine andere Möglichkeit fällt mir nicht mehr ein.«
»Eine Falle.« Gladys zeigte sich angetan und hakte weiter nach.
Ethan sammelte sich kurz, dann stieß er sich vom Fensterbrett ab und ging ein
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