Abgründe (German Edition)
zurück zum Thema.« Er sah Gladys an und sie wandte sich an die Journalisten.
»Unser Mann ist Patrick Hanson, ein Gärtner vom Lake Tecumseh, Virginia Beach.« Sie drehte sich demonstrativ zu dem Monitor um, der hinter ihnen installiert worden war. Wie auf Abruf erschien ein Foto, welches das Gesicht des Verdächtigen zeigte. Sein Haar war kurz und dunkel, seine Augen blickten verschlagen auf die Reporter herab. Seine Lippen waren schmal und ein diabolisches Lächeln umspielte seine Züge.
Ethan fand, dass die Computerfachleute bei der Erstellung des Gesichts etwas dick aufgetragen hatten, aber alle anderen schienen dem Mann sofort den eiskalten Killer abzukaufen und das war es schließlich, worum es hier ging. Blitzlicht zuckte, Kameras klickten, Mikrofone wurden noch näher ans Rednerpult gerückt.
»Hanson ist einundvierzig Jahre alt und arbeitet bei Jeffries Garten- und Landschaftsbau im Stadtzentrum. Er lebt allein in einem Haus am Lake Tecumseh, wo er jedoch nicht aufzufinden war. Auch zur Arbeit ist er heute nicht erschienen. Allem Anschein nach ist er zur Zeit in seinen Dienstwagen, einen auffälligen, hellgrünen Sprinter unterwegs.« Gladys brach ab und wandte sich Dewey zu.
»Seit letzter Nacht sind wir fieberhaft auf der Suche nach diesem Mann. Wir sind dringend auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen«, fuhr dieser fort. »Wer kennt Patrick Hanson und hat ihn eventuell gesehen? Wer hat seinen Wagen irgendwo gesehen? Wer weiß, wo er sich aufhalten könnte?« Er machte eine kurze, dramatische Pause. »Ich nenne Ihnen jetzt die Nummer des Hinweistelefons und dann würden meine Mitarbeiter und ich gern wieder an die Arbeit gehen.«
Ethan fiel ein Stein vom Herzen. Der erste Schritt war getan.
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Dewey war sichtlich froh, als er aus dem Rampenlicht heraus und zurück in seinem Büro war. Auch den anderen war die Erleichterung deutlich anzumerken. Ethan fühlte sich immer noch beschissen. Nervös blickte er auf die Uhr. Sie durften jetzt nur nichts überstürzen, sonst würde der Killer noch Verdacht schöpfen.
Donovan schaltete den kleinen Fernseher ein, den sie auf Deweys Schreibtisch platziert hatten. Die Pressekonferenz lief auf allen Kanälen, regional und überregional. Sie hatten eine Sondernummer für Hinweise auf Patrick Hanson eingerichtet und die Leitungen glühten förmlich. Es war grotesk. Obwohl sie noch nicht einmal eine Belohnung ausgesetzt hatten, wollte plötzlich jeder derjenige sein, der Hanson das Messer verkauft hatte, mit dem er seine Opfer tötete oder eines der Instrumente, mit denen er sie folterte. Drei Männer behaupteten unabhängig voneinander, ihm in den vergangenen Monaten ein Zimmer vermietet zu haben. Einer davon lebte in Vancouver, bescheidene dreitausend Meilen weit weg. Es riefen angebliche Nachbarn, Bekannte und sogar Verwandte sowie eine Exfrau an – und das wirklich Absurde daran war, dass Patrick Hanson gar nicht existierte. Er war eine Kunstfigur, die sie entworfen hatten, um die wahre Resort City-Bestie in die Falle zu locken. Der Killer wollte alle Schachmatt setzen, die an seiner statt verdächtigt wurden? Gut, denn an Patrick Hanson würde er sich die Zähne ausbeißen.
Im Moment wurde das Haus am Lake Tecumseh, in dem Hanson angeblich leben sollte, vorbereitet. Es stand erst seit etwa anderthalb Jahren leer und war von außen noch ganz ansehnlich. Verfallener als das Hexenhäuschen, in dem Rusty Hilbredge sein Dasein gefristet hatte, war es auf keinen Fall. Schon bald würden sich dort überall Scharfschützen verstecken, die nur auf den richtigen Moment warteten.
Ethan hätte die ganze Geschichte lieber über mehrere Tage hingezogen, um für mehr Glaubwürdigkeit zu sorgen, aber Gladys hatte ihn überzeugen können, dass das bei der Geschwindigkeit, mit der der Killer sich mittlerweile neue Opfer suchte, ein Spiel mit dem Leben irgendeines Menschen gewesen wäre. Also veranstalteten sie die ganze Aktion im Schnelldurchlauf, um den Mörder bei der Stange zu halten.
Während Mason die Newsticker im Internet checkte und die anderen gebannt die Berichterstattung verfolgten, blickte Ethan aus dem Fenster des Büros. Wie es Evangeline wohl ging? Hoffentlich würde sie ihn einfach als dummen Fehler abtun und ihre Gefühle für ihn waren nicht so ernsthaft wie seine für sie. Schluss damit. Es wurde Zeit, den nächsten Schritt im Fall Resort City-Bestie zu tun und Evey zu vergessen.
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»Das ist der helle Wahnsinn.« Donovan schlürfte
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