Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf
Wache mit Hans-Peter W. sprach, beruhigte diesen erst einmal. Die Wahrscheinlichkeit, so erklärte er, dass zwei junge Frauen gleichzeitig einem Mörder in die Hände gefallen sein könnten, sei äußerst unwahrscheinlich. Trotzdem nahm er nach Telefonaten mit den Eltern der beiden jungen Frauen eine Vermisstenanzeige auf und stellte sie mit dem Hinweis, dass nunmehr auch der Freund von Christina H. nicht mehr erreichbar sei, in die Fahndungsliste. Denn komisch war das schon. Ein guter Polizist, dieser Kollege.
Die Identität der beiden Toten war schnell geklärt, denn es lagen bereits Vermisstenanzeigen vor, die auf zwei junge Frauen, 19 und 20 Jahre alt, hinwiesen. Da mit den
Leichenteilen aber keinerlei Kleidungsstücke aufgefunden wurden, musste die Identifizierung im Institut für Rechtsmedizin anhand anderer Merkmale wie DNA, Zahnstatus und sonstiger individueller Körpermerkmale erfolgen. Bei der 20-jährigen Frau handelte es sich um Christina H., bei ihrer 19-jährigen Freundin um die bosnische Staatsangehörige Yadranca V., die in München geboren und aufgewachsen war.
Die Zusammensetzung bzw. Zuordnung der einzelnen Gliedmaßen gestaltete sich sehr schwierig, da die Leichenteile vermischt worden waren. So bereitete die Zuordnung der Arme und Beine sowie der Köpfe, die allesamt getrennt verpackt waren, einige Probleme. Zumal entsprechende DNA-Analysen natürlich nicht sofort greifbar sind, sondern Zeit brauchen. Also musste man sich an linken und rechten Gliedmaßen sowie an sogenannten Passspuren orientieren, was einem komplizierten Puzzle gleichkam. Dann aber hatten die Mediziner die Leichenteile so zugeordnet, dass am Ende zwei fast vollständig wieder zusammengefügte Körper auf den Sektionstischen lagen. Das eine Bein der 19-Jährigen fehlte und es wurde auch nie gefunden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte es von Tieren, zum Beispiel Füchsen, verschleppt worden sein. Die Überprüfungen durch DNA-Profile bestätigte später übrigens, dass die Rechtsmediziner um Prof. Dr. Wolfgang Eisenmenger die Leichenteile absolut fehlerfrei zugeordnet hatten. Eine weitere wichtige Erkenntnis bestand in der Aussage, dass die Zerteilung der Leiche wohl mit einem größeren Schneidewerkzeug oder scharfrandigen Schlagwerkzeug erfolgt sein müsste, möglicherweise etwas Ähnlichem wie einem Hackebeil. Bei der Abtrennung der einzelnen Beine,
Arme und Köpfe seien allerdings zahlreiche Hiebe erforderlich gewesen, was auf ein nicht mehr sehr scharfes Werkzeug hindeute. Die Torsos seien nicht geöffnet worden, sodass die inneren Organe noch komplett erhalten waren.
Die Handys der beiden toten jungen Frauen waren zuletzt genau dort eingeloggt, wo Damir J. wohnte. Beamte der Münchner Mordkommission ließen die Wohnungstür öffnen, und es dauerte nicht lange, bis sie genügend Blutspuren gefunden hatten, um zu wissen, dass hier ein Verbrechen stattgefunden haben dürfte. Auch wenn ganz offensichtlich versucht worden war, den Tatort zu reinigen. Teilweise waren sogar die Wände frisch gestrichen worden, zumindest in Küche und Badezimmer. Aber Blutspuren so zu beseitigen, dass sie nicht anhand bestimmter Chemikalien wieder sichtbar gemacht bzw. nachgewiesen werden können, ist natürlich unmöglich. Niemand schafft das angesichts der diffizilen Untersuchungsmethoden, die heutzutage üblich sind. Man denke nur an Kommissar DNA, der größten Revolution auf dem Gebiet der Forensik seit Entdeckung der Fingerabdrücke vor ca. 150 Jahren. So stand rasch fest, dass in dieser Wohnung ein Blutbad stattgefunden haben muss; ob hier allerdings auch Leichen zerstückelt wurden, stand gar nicht zur Debatte. Wer denkt denn gleich an so etwas?
Damir J. und sein Vater wurden zwei Tage später festgenommen. Auf einem Parkplatz an der A 8, nur eben auf der anderen Seite, nämlich aus Richtung Süden kommend. Sie waren aus Kroatien zurückgekehrt, wohin sie sich erst einmal in Sicherheit gebracht hatten. Der Vater
mit dem Mercedes, Damir mit dem BMW, der natürlich gründlich gereinigt worden war. Allerdings nicht so gründlich, dass man nicht noch ausreichend Spuren finden konnte.
Vor der Münchner Mordkommission legte Damir J. nach gründlicher Beratung mit seinem Anwalt ein umfassendes Geständnis ab. Was auch klug war, denn die Beweislage war erdrückend. Nach diesem Geständnis und nach Abschluss der wesentlichsten Ermittlungen, die tatsächlich alles so bestätigten, wie es vorher niemand geglaubt hätte, waren
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