Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf
Christina, auf ihr Yadranca.
Beide atmeten nicht mehr. Das Blut war weitgehend abgelaufen.
Zuerst lud er Yadranca in den Fahrradanhänger, fuhr damit ins Treppenhaus und mit dem Aufzug hinunter zur Tiefgarage. Niemand war ihm begegnet. Die Tiefgarage war menschenleer, und so konnte er die Leiche von Yadranca problemlos in den Kofferraum seines BMW wuchten, der groß genug war, um auch noch die Leiche von Christina aufzunehmen. Also fuhr er wieder hinauf und transportierte Christina auf demselben Wege nach unten. Den Fahrradanhänger, der sich zusammenklappen ließ, lud er auf die Rückbank. Dann ging er noch einmal nach oben, beseitigte die gröbsten Blutspuren und rief dann seinen Vater an. Er habe »Mist gebaut«, sagte er zu diesem und dass er ihm helfen müsse. Anschließend ging er zum Auto, fuhr zur Werkstatt des Vaters außerhalb der Stadt und verbarg dort die Leichen in einem Lagerraum, zu dem niemand Zutritt hatte. Angestellte bzw. Mitarbeiter hatte der Vater nicht und das barackenähnliche Gebäude lag ziemlich abseits in einem alten Gewerbegebiet, sodass dies der beste Ort war, an dem man die Leichen vorerst deponieren konnte.
Währenddessen war der Vater, der inzwischen darüber informiert war, welchen »Irrsinn« Damir angestellt hatte, in die Wohnung des Sohnes gefahren und hatte sich darangemacht, die blutverschmierten Decken und Wände neu zu streichen. Farbe, Rollen und Pinsel hatte der Junior ja bereits besorgt. In Küche und Bad waren Fliesenböden verlegt, deren Reinigung relativ einfach war. Am Ende sah rein oberflächlich betrachtet alles wieder ganz ordentlich aus.
Nachdem die Dunkelheit angebrochen war, trafen sich
Vater und Sohn in der Schlosserei. Damir holte die Leichen und legte sie auf den Betonboden der Werkstatt, wo ein Abfluss im Boden eingelassen war. Er hatte vor, sie mit einem Samuraischwert, das er schon seit Jahren besaß und das er von zu Hause mitgebracht hatte, zu zerteilen. Der Vater weigerte sich, ihm dabei zu helfen. Er habe sich die Schwierigkeiten selbst eingebrockt, belehrte er den Sohn. Jetzt solle er die Sache auch selber zu Ende bringen.
Das Samuraischwert war nicht mehr besonders scharf, sodass es mehrere Stunden dauerte, bis er die Extremitäten und die Köpfe abgetrennt hatte. Es war Schwerstarbeit und Damir schwitzte stark. Die Torsos eröffnete er nicht. Der Vater meinte, das würde eine »zu große Sauerei« geben. Er half dem Sohn aber beim Verpacken der einzelnen Teile und später beim Verteilen entlang der Autobahn. Noch in der Nacht waren sie losgefahren. Damir mit seinem BMW, der Vater mit dem Mercedes Cabrio hinterher. Sie wollten zunächst nach Rijeka fahren und dort abwarten, ob in den Nachrichten etwas käme über das Verschwinden der beiden Frauen. Außerdem sollte der Wagen gründlich gereinigt werden. Dann würde man überlegen, was weiter zu tun wäre.
In Rijeka kamen Damir J. und sein Vater zu der Überzeugung, dass man ihnen die Morde nicht so ohne Weiteres würde nachweisen können, falls man sie überhaupt entdecken würde. Bislang war in den Münchner Nachrichten kein Wort darüber zu hören gewesen. Dass die Staatsanwaltschaft eine Nachrichtensperre erlassen hatte und man ihnen längst auf der Spur war, ahnten sie natürlich nicht. Als sie auch noch zu der Einsicht kamen, dass Deutschland ihr Lebensmittelpunkt sei, wo sie ihr gesamtes
Hab und Gut hätten, und dass sie sich verdächtig machen könnten, wären sie zu lange verschwunden, entschlossen sie sich, zurückzukehren. Das taten sie dann auch. Als sie den Grenzübergang bei Freilassing hinter sich hatten und zurück waren auf deutschem Boden, steuerten sie mit beiden Wagen den nächsten Rastplatz an. Dort fielen sie der Besatzung des Kontrollfahndungstrupps Süd auf, deren Aufgabe es ist, die früheren Grenzkontrollen zu ersetzen, was diese Truppe auch sehr erfolgreich tut. Und schon klickten die Handschellen.
Der Vater von Damir J. ging straffrei aus, da ihm weder eine Beteiligung an der Tat noch eine aktive Unterstützung bei der Zerstückelung der Leichen nachgewiesen werden konnte. Und wegen Strafvereitelung konnte er nicht belangt werden, weil er sie zugunsten eines Angehörigen begangen hatte. Denn niemand muss einen Verwandten oder nahen Angehörigen »ans Messer liefern«, wie man so schön sagt. Und das ist auch gut so.
Damir J. wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Als vorrangiges Mordmotiv sah das Gericht das Mordmerkmal »Verdeckung einer Straftat« als verwirklicht an.
Weitere Kostenlose Bücher