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Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Titel: Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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profilieren könne. Das sei doch einleuchtend, oder?
    Er nickte nachdenklich.
    »Soll ich dir mal was sagen?«, fragte ich ihn.
    Er nickte.
    »Es ist zwar verrückt, aber es stimmt. Weißt du, wer die besten Ärzte auf diesem Gebiet hat?«
    »Nein«, antwortete er, und diesmal wieder ohne ganzen Satz.
    »Mörder. Mörder haben die besten Psychiater. Was ja auch logisch ist, weil das Gericht natürlich eine exakte Begutachtung braucht, und da wird es sich nicht unbedingt unerfahrene Ärzte aussuchen, sondern die besten. Ist doch klar, oder?«
    »Ja, das leuchtet mir auch ein. Aber ich kann schließlich niemand ermorden, nur um an einen guten Psychiater zu kommen.«

    »Das musst du auch nicht. Du hast es ja schon getan. Zumindest versucht. Aber dir ist ja nicht zu helfen. Du schreist zwar einerseits nach Hilfe, bist aber andererseits nicht fähig, zuzugeben, wozu du aufgrund deiner Krankheit fähig warst. So lange du nicht in der Lage bist, dich zu öffnen, so lange wirst du weiterhin wie ein Zombie durch die Gegend laufen. Kapierst du das denn nicht?«
    Er war jetzt sehr nachdenklich geworden. Ich spürte, dass er kurz vor dem Zusammenbruch war.
    »Aber ich kann Ihnen doch jetzt nicht etwas gestehen, das ich nicht getan habe, nur um eine Einweisung zu erhalten.«
    Sätze wie dieser signalisieren, dass jemandem die Argumente ausgegangen sind. Meist dauert es dann nicht mehr lange bis zum Geständnis. Man muss nur noch die nötige Initialzündung geben.
    »Weißt du was? Ich mag nicht mehr. Ich rede mir hier den Mund fusselig, ich kümmere mich um dich seit vielen Monaten, alles umsonst. Rutsch mir den Buckel runter, Alexander! Dann bring halt irgendwann wieder jemanden um. Vielleicht wirst du dann erwischt und wanderst dorthin, wo du eigentlich gar nicht hingehörst, nämlich in den Knast. Dann jedenfalls hast du endgültig die Chance vertan, jemals wieder kompetente Hilfe zu bekommen. Du bist alt genug, mach was du willst!«
    Ich schrie diese Worte und knallte ihm einen Block hin und einen Bleistift. Dann raunzte ich ihn an, dass er bis zur Entscheidung der Staatsanwaltschaft in Haft bleiben würde, von mir aus könne er ja in der Zelle aufschreiben, was er mir nicht sagen wolle. Ich jedenfalls würde jetzt nach Hause gehen. Ich stand auf und machte Anstalten,
das Gespräch abzubrechen, als er plötzlich wie aus heiterem Himmel diesen Satz sagte:
    »Es war das letzte Zimmer auf der rechten Seite am Ende des Ganges. Das Zimmer von Frau Christine S., in dem ich diese Bluttat begangen habe. Es war der Versuch, sie zu vergewaltigen, und dieser Versuch ist missglückt. Deshalb habe ich sie mit einem Messer niedergestochen. Es war zunächst nicht meine Absicht, sie zu töten, dann aber war es mir gleichgültig …«
    Stille. Kollege H. saß wie versteinert auf seinem Stuhl. Sogar ich war sprachlos. Wie lange, weiß ich nicht mehr. Es war, als ob ein Film vor meinen Augen abliefe und Bilder aus den vergangenen Monaten zeigte. Dann hatte ich das Gesicht von Christine S. vor Augen, von ihren Eltern, den vielen Studentinnen und Studenten, die jetzt erleichtert würden aufatmen können, und natürlich auch von den Kollegen und Vorgesetzten, die des Lobes voll sein würden. Man kann es nicht beschreiben, dieses Gefühl. Ein unglaublich schönes Erfolgserlebnis. Vielleicht sogar gerade deshalb, weil ein solch schlimmer Hintergrund bestand.
    Am liebsten hätte ich den Verbrecher vor mir umarmt. Plötzlich war er mir richtig sympathisch. Er war nämlich gerade im Begriff, uns ein Geschenk zu machen mit seinem Geständnis. Aber natürlich durfte ich mir dieses Gefühl des Triumphes nicht anmerken lassen. Das wäre kontraproduktiv gewesen und hätte die Gefahr in sich geborgen, dass er einen Rückzieher machte. Also tat ich so, als ob ich erleichtert darüber wäre, dass er endlich vernünftig geworden sei. Ich sagte ihm noch einmal, dass er die richtige Entscheidung getroffen habe, und versicherte ihm, dass wir seinen Anspruch auf rechtliches Gehör
achten und alles so aufschreiben würden, wie er es zu Protokoll gebe. Wort für Wort. Was das bedeuten sollte, ahnte ich jedoch nicht. Es sollte eine lange, schlimme Nacht werden. Besonders für die Protokollführerin namens Elisabeth.
    Ich wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass psychisch auffällige Menschen, haben sie sich erst einmal entschlossen, zu reden, zur schonungslosen Offenheit neigen. Ohne Rücksicht auf ihre intimsten Geheimnisse, ohne Beschönigung und Rechtfertigung,

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