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Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Titel: Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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überrascht. Man sah auf den ersten Blick, dass hier vorwiegend Eigentümer wohnen, die bei jedem Kratzerchen im
Treppenhaus eine Eigentümerversammlung einberufen. Also ein Umfeld, in dem man einen solchen Sachverhalt eher nicht vermuten würde. Zumindest dann nicht, wenn man sich von seinen Vorurteilen leiten lässt, die natürlich auch Ermittler haben und gegen die man tagtäglich ankämpfen muss. Sonst verliert man die Bodenhaftung. Noch überraschter war ich, als ich hörte, dass das 54-jährige Tatopfer ein Kollege war. Ein Polizeioberrat sogar, Chef einer großen Abteilung bei der Verkehrspolizei. Aha, dachte ich, ein Machtmensch. Niemand hat mehr Macht als die Kollegen der Verkehrspolizei. Dort gelten knallharte Regeln, und sogar hochgestellte Persönlichkeiten müssen klein beigeben, wenn sie in eine Verkehrskontrolle geraten. Nicht einmal die Bundeskanzlerin kann einen Strafzettel zurücknehmen, wenn es der kleine Verkehrspolizist nicht will - vorausgesetzt, er ist rechtmäßig ergangen. Für mich übrigens ein Zeichen echter Demokratie. Selbst Richter haben einen nur geringen Ermessensspielraum, wenn es um Verkehrsdelikte geht, bei denen die Strafrahmen meist schon katalogisiert vorgegeben sind.
    Annabella W., 49-jährige Realschullehrerein für Englisch und Geschichte, war bereits zur Blutentnahme gebracht worden. Um es vorwegzunehmen: Sie stand unter keinerlei Alkohol-, Drogen- oder Medikamenteneinfluss. Der Sohn war zum Polizeipräsidium gefahren worden, da natürlich die Art seiner Beteiligung zu klären war. Fest stand, dass zur Tatzeit drei Personen in der Wohnung waren, von denen eine erstochen wurde. Die Rolle der beiden anderen war abzuklären. Auch wenn es auf der Hand zu liegen schien, wer das Messer geführt hatte. Aber war es glaubhaft, dass der junge Mann von der Tat
nichts mitbekommen haben will, wie er gegenüber den Kollegen des Kriminaldauerdienstes angegeben hatte? Obwohl ein heftiger Kampf stattgefunden haben muss? Ein Kampf auf Leben und Tod, wenn man der Mutter glauben durfte? Bleibt da ein 20-jähriger, erwachsener junger Mann einfach in seinem Zimmer und traut sich nicht heraus?
    Als Erstes machte mich stutzig, dass Annabella W.s Hausschuhe fein säuberlich nebeneinander links vor der Schlafzimmertür standen. Es waren pinkfarbene Slipper mit einem weißen, flauschigen Pommel obendrauf und mit relativ hohen Absätzen. Nicht das geringste Blutspritzerchen war darauf zu erkennen. Ich fragte mich, warum jemand schon vor Betreten des Schlafzimmers die Hausschuhe ausziehen sollte, anstatt erst am Bett selbst? Deshalb sind es ja Hausschuhe, damit man sie überall in der Wohnung tragen kann. Außer man hat etwas vor, bei dem diese Dinger stören könnten, überlegte ich. Ich hatte - Gott bewahre - zwar noch keine solchen Schuhe getragen, wusste aber von meiner Frau, dass man in derlei Schuhwerk keinen sicheren Stand hat. Jedenfalls nicht, wenn man beispielsweise auf eine Leiter steigt oder etwas verrichtet, bei dem man leicht umknicken kann. Wie bei einem Kampf zum Beispiel.
    Was für einen Grund könnte es noch gegeben haben, warum sie die Hausschuhe außerhalb des Tatzimmers ausgezogen hatte? Ganz klar: Hätte sie diese angelassen, wären sie massiv mit Blut besudelt worden. Das wiederum hätte nicht zu ihrer Aussage gepasst, wonach sie im Bett angegriffen worden sei. Denn im Bett trägt man nun einmal keine Hausschuhe, und auf ihrer Seite des Bettes, wo sie normalerweise hätten stehen müssen, war kein
einziges Spritzerchen Blut. Noch eigenartiger aber war, dass ihre Hälfte des Bettes so wirkte, als hätte dort niemand drin gelegen, geschweige denn um sein Leben gekämpft. Das Bettlaken war faltenfrei, die Bettdecke war fein säuberlich zurückgeschlagen und glattgestrichen. Es sah so aus, als hätte in diesem Bett niemand gelegen bzw. geschlafen. Wie wäre das möglich, wenn sie hier angegriffen worden war?
    War es denkbar, dass sie als planende, intelligente Täterin solch einen dilettantischen Fehler gemacht hatte? War das einer dieser einfachen, handwerklichen Fehler, wie sie weniger schlauen Tätern garantiert nicht unterlaufen würden? Also der Mangel an Erfahrung im Umgang mit alltäglichen, handwerklichen oder praktischen Verrichtungen, wie man ihn immer wieder ausgerechnet bei Leuten erlebt, die einen hohen Bildungsstand haben und dennoch oft nicht wissen, wie man eine Dose öffnet oder woher man eine Rolle Klopapier bekommt?
    Die Bettdecke, mit der Helmut W. zugedeckt war,

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