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Abgrund der Lust

Abgrund der Lust

Titel: Abgrund der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Schone
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Und Gabriel wusste nicht, warum.
    Mattes Licht schien durch die schwefelige Nacht wie warnendes Leuchtfeuer. Gabriel hatte Victorias Beschreibung zum Inneren des Thornton-Hauses nicht gebraucht; Peter Thornton hatte es ihm ausführlich beschrieben. Gabriel hatte allerdings wissen müssen, ob er Victoria vertrauen konnte.
    Ihr konnte er trauen, sich selbst nicht.
    Er lehnte sich gegen das Metalltor des Parks und beobachtete die Fenster des Stadthauses, die heller schimmerten als der Nebel. Und er dachte an Victoria.
    Sie hatte als Dienstbote bei den Thorntons gelebt. Sie hatte sich als Gouvernante um deren Kinder gekümmert.
    Im Erdgeschoss verlosch das Licht hinter einem Fenster, das vom gelben Nebel geschluckt wurde. Ein weiteres fehlendes Stück.
    Angst.
    Er hat mich nicht wegen meiner Augen ausgesucht … Er hat mich ausgesucht, weil ich Angst hatte. Und weil Sie Angst hatten. Angst ist ein starkes Aphrodisiakum.
    Plötzlich leuchtete im Obergeschoss ein Fenster im Nebel auf, eine Erleuchtung.
    Victoria wollte die Berührung eines Mannes nicht begehren. Aber sie tat es.
    Gabriel wollte die Berührung einer Frau nicht begehren. Aber er tat es.
    Seine Begierde rechtfertigte Victorias Tod, nicht ihre.
    Das goldene Auge des Lichts über der Haustür verlosch, erstarb. Reglos beobachtete Gabriel das Fenster im Obergeschoss. Die Zeit kroch über seinen Bauch. Ob Victoria schlief, fragte sich Gabriel. War ihr warm?
    Begehrte sie immer noch die Berührung eines Engels?
    Warum lebten die Thorntons noch?
    Hinter dem Fenster im Obergeschoss wurde es dunkel, es verschwand in Nacht und Nebel. Im Thornton-Haus war auch derLetzte schlafen gegangen. Gabriel wartete, bis Big Ben zwölf Mal schlug. Leise überquerte er die Straße zum Thornton-Haus. Lautlos öffnete sich die Haustür. Thornton hatte seinen Teil ihrer Abmachung eingehalten.
    Letzten Endes hatte nicht Gewalt Peter Thornton bewogen, Gabriel zu helfen, sondern die Angst vor einem Skandal. Er hatte gedroht, die Erkenntnisse über die Gouvernanten an die London Times weiterzugeben.
    Gabriel wartete, bis seine Augen sich an die Dunkelheit im Stadthaus gewöhnt hatten. Möbel lauerten wie schweigende Wachen: ein Tisch, ein Stuhl … rechts eine Tür, links eine … da war die Treppe … Eine Stufe knarrte. Dunkelheit gähnte vor ihm. Gabriel erstarrte mit angehaltenem Atem, die linke Hand fest am Knauf seines Gehstocks.
    Er wollte nicht töten, aber er würde es tun.
    Er wollte Victoria nicht nehmen, aber er wusste, dass er auch das tun würde.
    Nichts regte sich. Vorsichtiger stahl Gabriel sich die restlichen Stufen hinauf. Er wandte sich nach links in weitere Dunkelheit. Ein wollener Läufer dämpfte seine Schritte.
    Er spürte Thornton in seinem Schlafzimmer am Ende des Flures; gespannt fragte der Mann sich, wann Gabriel ins Zimmer kommen würde. Ihm war nicht klar, dass Gabriel nur dreißig Fuß entfernt war. Von Mary Thornton spürte Gabriel nichts – keine Angst, keine Herausforderung. Kein Bewusstsein.
    Leise öffnete er eine von der Nacht geschwärzte Holztür. Das Zimmer roch nach dem Rauch von Kohlenfeuer und dem teuren Parfüm einer Frau. Rote Glut glimmte in einem weißen Marmorkamin; weißblaue Flammen tanzten über ascheweißen Kohlen. Thorntons Frau schlief ungestört in einem Himmelbett. Eine Messinglampe schimmerte auf dem Nachttisch; daneben funkelte Flüssigkeit in einer Kristallkaraffe. Eine kleine Flasche, mehr Schatten als Substanz, stand neben einem leeren Wasserglas.
    Gabriel fluchte verhalten. Der Schlaf der Frau rührte von Laudanum her. Hatte Thornton sie gewarnt? Gabriel erinnerte sich an den eifrigen Verrat des Mannes und den Ammoniakgeruchseines Urins. Peter Thornton lag mehr an seinem Ruf als an seiner Familie. Er hatte seine Frau sicher nicht gewarnt.
    Behutsam schloss er die Tür hinter sich; ein leises Klicken übertönte das hungrige Fauchen brennender Kohlen. Mary Thornton schlief in einem Negligé aus Seide und Spitze. Vom Schatten dunkles, blondes Haar breitete sich auf einem gestärkten weißen Kissen aus. Die Dunkelheit verbarg nicht, dass Mary Thornton eine attraktive Frau war. Gabriel war unempfänglich für ihre Reize.
    Langsam zog er die Bettdecke über ihre Schultern und steckte sie heimlich unter die Matratze. Er tastete sich seitlich am Bettgestell entlang, am Fußende vorbei. Lautlos schlich er um das Bett, zog die Decke bis zum Kissen hinauf und steckte sie von Kopf bis Fuß unter die Matratze.
    Er zog sich die

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