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Abgrund der Lust

Abgrund der Lust

Titel: Abgrund der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Schone
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einem Messer an der Kehle aufzuwachen, schlug in echte Angst um.
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, log Mary.
    Frauen wie Mary Thornton spielten mit dem Tod, aber es gab für Frauen wie Mary Thornton Schlimmeres als den Tod.
    »Stellen Sie sich vor, es gäbe eine Ermittlung«, sagte Gabriel leichthin. »So viele Gouvernanten für so wenige Kinder. Was würde die Ermittlung zutage fördern, frage ich mich. Kuppelei, Prostitution. Mord …«
    »Wir haben nicht gemordet …«
    Mary merkte ihren Fehler, sobald die Worte über ihre Lippen kamen.
    Gabriel grinste. Freudlos.
    Hatte Victoria gemerkt, wie viel Freude ihm ihre unverhohlene Begeisterung über die neuen Kleider gemacht hatte?
    »Wer ist wir, Mary?«, fragte Gabriel zärtlich. »Ein Liebhaber?«
    »Wir haben niemandem etwas getan«, erklärte Mary Thornton wütend.
    »Ich bin sicher, andere würden das anders sehen. Zum Beispiel Victoria Childers. Sie hat das Gefühl, dass man ihr etwas getan hat …«
    »Wir haben ihr nichts getan«, wiederholte die Frau hartnäckig.
    Aber sie hätte ihr etwas getan.
    »Für wen kuppeln Sie, Mary?« Für den Mann, der die Briefe geschrieben hat? Für den zweiten Mann? »Ich denke, Ihren Namen in der Times zu lesen, würde Ihnen mehr ausmachen, als wenn ich Ihnen die Kehle durchschneide. Soll ich zur Zeitung gehen?«
    Marys Ruin blitzte vor ihren Augen auf. Die Gesellschaft würde sie meiden. Freunde würden ihr die kalte Schulter zeigen. Banken konnten Kredite kündigen. Geschäftspartner konnten Schuldscheine einfordern.
    »Wird Ihr Liebhaber Ihnen helfen, Mary?«, schmeichelte Gabriel.
    Letzten Endes bliebe ihrem Mann nichts anderes übrig, als sich von ihr scheiden zu lassen.
    »Wird Ihr Mann Sie behalten?«
    Nein und nein, sagten ihre Augen. Sie würde ihren Liebhaber verlieren. Sie würde ihren guten Ruf verlieren. Mary Thornton würde alles verlieren, was das Leben für eine Frau wie sie lebenswert machte.
    »Was ist mehr wert, Mary?« Er rieb das Seidenkissen an ihrer Wange. »Das oder dein Liebhaber?«
    Die Antwort in ihren Augen überraschte ihn nicht. Gabriel hatte mit Frauen wie Mary geschlafen. Sie waren nur sich selbst treu.
    Mit einer Frau wie Victoria hatte er noch nie geschlafen. Sie hatte eine Prostituierte beschützt, die sie hatte umbringen wollen,einen Vater der sie seelisch misshandelt hatte, und einen Bruder, der sie im Stich gelassen hatte.
    Die Niederlage tanzte in Mary Thorntons Augen wie Flammen über brennender Kohle.
    »Sein Name ist Mitchell«, sagte sie bitter. »Mitchell Delaney.«
    Gabriel hatte noch nie von dem Mann gehört. Aber er kannte diese Sorte. Manche Männer waren auf Angst aus. Manche Männer waren auf Unschuld aus. Manche Männer jagten um zu töten. Manche Männer jagten um zu vögeln. Männer wie der zweite Mann waren auf Angst und auf Unschuld aus; sie jagten um zu töten und zu vögeln. War das auch bei Mitchell Delaney der Fall?
    Ein Bild von Victoria schoss ihm durch den Kopf. Sie war allein. Sie hatte Angst. Victoria war keine untätige Frau. Sie würde Zerstreuung suchen.
    Mary Thorntons teures Parfüm hüllte ihn ein. Plötzlich wusste Gabriel, wo Victoria Zerstreuung suchen würde. Und er wusste, dass sie sie finden würde. Sie würde die transparenten Spiegel finden.
    Fleischeslust. Mord. Der zweite Akt begann.
    Angst ließ Gabriels Herz schneller schlagen. Es war nicht Angst, die seinen Körper verhärtete. Er starrte auf Mary Thornton und den Stahl herab, der ihre Kehle streichelte. Sie sah die Wut. Sie sah die Begierde.
    Ihre Augen weiteten sich zu zwei schreckweißen Seen.

    Victoria starrte an die Decke. Blutrote Flecken schoben sich vor die weiße Farbe. Sie schloss die Augen. Blutrote Flecken erschienen in der Dunkelheit hinter ihren Lidern. Begleitet von Gesprächsfetzen.
    Sie werden den Mann nicht sehen, der eine Waffe auf Sie richtet  … Vielleicht werden Sie den Lichtblitz sehen, wenn er abdrückt , vielleicht nicht . Eines steht fest  – den Schuss hören Sie nicht: Dann sind Sie schon tot .
    Victoria riss die Augen auf. Sie wollte nicht sterben. Gabriels Duft umwehte sie. Er kam aus seinen Laken, seinem Morgenmantel.
    Ich will kein Opfer sein .
    Das sind Sie schon .
    Ein Bild von der Seidenserviette mit schwungvoller schwarzer Schrift blitzte vor ihren Augen auf.
    … Ich bringe Ihnen eine Frau .
    Eine Hauptdarstellerin für einen Mann, der Männer, Frauen, Liebe, Lust gemieden hatte.
    Ich habe in Englisch lesen gelernt . Ich hoffe, eines Tages

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