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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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heiße Quelle ist?«
    Das hat er sich auch schon gefragt. Seit er Caraco und Nakata dabei belauscht hat, wie sie Gerüchte über die Mendocino-Verwerfung ausgetauscht haben, denkt er ständig über solche Dinge nach. Nakata hat gehört, dass es sich um ein uraltes Mini-U-Boot mit Plexiglasfenstern gehandelt habe. Caraco hingegen war der Meinung, sie seien aus Thermoacrylat gewesen. Nakata sagte, das U-Boot sei mitten in der Riftzone eingeklemmt worden. Caraco widersprach ihr jedoch und behauptete, es sei am Meeresboden entlanggefahren, als ein Raucher unter ihm ausgebrochen sei.
    Einig waren sie sich lediglich darüber, wie schnell die Sichtluken des U-Boots geschmolzen sind. Selbst die Skelette der Insassen sind zu Asche zerfallen. Was jedoch kaum eine Rolle spielte, weil ihre Knochen durch den hohen Wasserdruck ohnehin längst zerquetscht worden waren.
    Fischer hält Caracos Einwand für vernünftig, doch Lenie Clarke antwortet nicht einmal. Sie paddelt einfach in die schwarze, funkelnde Wolke hinein und ist verschwunden. An der Stelle, an der sie in die Wolke hineingeschwommen ist, leuchtet der Schlamm plötzlich auf, und es bilden sich phosphoreszierende Wirbel. Die Fische gleiten darauf zu.
    »Manchmal scheint es ihr völlig egal zu sein«, sagt Fischer mit leise surrender Stimme, »ob sie nun lebt oder stirbt …«
    Caraco schaut ihn einen Moment lang an und schwimmt dann ebenfalls auf die Wolke zu.
    Clarkes Stimme dringt aus der Wolke: »Wir haben nicht viel Zeit.«
    Caraco taucht in die brodelnde Wand hinein, und ein Schwall Licht blitzt auf. Ein Schwarm Fische – einige von ihnen sind inzwischen von beachtlicher Größe, wie Fischer feststellt – wirbelt in ihrem Kielwasser umher.
    Geh schon, sagt Schatten.
    Etwas bewegt sich hinter ihm.
    Er fährt herum. Einen Moment lang sieht er nur die Hauptstraße, die in der Ferne verschwindet.
    Dann taucht hinter einem der Generatoren etwas Großes, Schwarzes, irgendwie … Monströses auf.
    »Verdammt.« Fischers Beine bewegen sich wie von selbst. »Sie kommen!«, versucht er zu rufen, doch aus dem Stimmwandler dringt nur ein Krächzen.
    Mist. Mist. Sie haben uns vorgewarnt, dass das Funkeln die kleinen Fische anlockt und diese wiederum die großen, und wenn wir nicht aufpassen, geraten wir zwischen die Fronten.
    Die Schlammwolke ist jetzt direkt vor ihm, eine Wand aus Sedimenten, ein Fluss am Grunde des Ozeans. Er taucht hinein. Etwas zwickt ihn leicht in die Wade.
    Um ihn herum breitet sich Schwärze aus, in der hin und wieder ein Funkeln zu sehen ist. Er schaltet seinen Scheinwerfer ein; der dahinströmende Schlamm verschluckt den Strahl einen halben Meter vor seinem Gesicht.
    Doch Clarke sieht ihn irgendwie: »Schalten Sie das aus.«
    »Ich kann nichts sehen …«
    »Gut. Vielleicht können die Sie dann auch nicht sehen.«
    Er schaltet die Lampe aus. In der Dunkelheit tastet er nach dem Gasknüppel und zieht ihn aus der Scheide an seinem Bein.
    In der Ferne ist Caraco zu hören: »Ich dachte, die seien blind …«
    »Manche von ihnen.«
    Doch sie haben auch noch andere Sinne, auf die sie zurückgreifen können. Fischer geht die Liste durch: Geruchssinn, Gehör, Druckwellen und bioelektrische Felder … Hier unten verlässt sich nichts allein auf seine Augen. Die sind nur eine Möglichkeit von vielen.
    Wenn die Schlammwolke lediglich das Licht verschluckt, dann stecken sie in Schwierigkeiten.
    Vor seinen Augen wird die Dunkelheit heller. Schwarz verwandelt sich in Braun und dann beinahe in Grau. Schwaches Licht dringt von den Scheinwerfern auf der Hauptstraße herüber.
    Es sind die Augenkappen, wird ihm klar. Sie kompensieren die Dunkelheit. Cool .
    Allerdings kann er immer noch nicht sonderlich weit blicken. Er hat das Gefühl, in einem schmutzigen Nebel gefangen zu sein.
    »Denken Sie daran.« Clarke, ganz in seiner Nähe. »Diese Fische sind nicht so stark, wie sie aussehen. Wahrscheinlich können sie Ihnen kaum etwas anhaben.«
    In der Nähe stottert eine Echolotpistole. »Ich bekomme keine Peilung.« Caracos surrende Stimme. Überall wirbeln milchige Sedimente durcheinander. Fischer streckt den Arm aus – er verschwindet am Ellbogen.
    »Oh verdammt.« Caraco.
    »Geht es Ihnen …«
    »Etwas ist an meinem Bein, etwas ist … Mann, es ist riesig …«
    »Lenie …«, ruft Fischer.
    Etwas rammt ihn von hinten. Ein Schlag gegen den Hinterkopf. Ein Schatten, schwarz und stachelig, verschwindet in der Dunkelheit.
    Hee, das war gar nicht so …
    Dann packt ihn

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