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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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Netzbehörde ereilt, dass sie sich Gedanken darüber macht, dass Leute die Station womöglich nicht mehr verlassen wollen? Doch Yves Scanlon ist kein einfacher Laie. Von Äußerlichkeiten lässt er sich nicht täuschen. Über Anthropomorphismus ist er längst hinaus. Er hat in all diese untoten Augen geschaut, oben in seiner Welt und hier unten in ihrer, und er weiß: Das Leben der Vampire folgt anderen Regeln.
    Vielleicht gefällt es ihnen hier unten tatsächlich zu gut. Das ist eine der Fragen, die Yves Scanlon beantworten will. Und er hofft, dass die Vampire das nicht herausfinden, solange er hier unten ist. Sie mögen ihn auch so schon nicht besonders.
    Natürlich ist es nicht ihre Schuld. So sind sie nun einmal. Sie können genauso wenig etwas gegen ihre Abneigung tun wie er.

    Siebgewebe ist besser als eine Operation. Doch das ist schon so ziemlich alles, was er darüber sagen kann.
    Durch den Druck werden all die winzigen, ineinander verzahnten Plättchen zusammengedrückt, und sie scheinen nur einen Mikrometer davon entfernt zu sein, seinen Körper zu Brei zu zerquetschen. Die Gelenke sind ein wenig steif. Doch es ist natürlich vollkommen sicher. Und Scanlon kann druckfreie Luft atmen, wenn er hinausgeht, ohne dass er sich dafür die Hälfte seiner Brust herausnehmen lassen musste.
    Seit fünfzehn Minuten ist er jetzt draußen. Beebe ist nur wenige Meter von ihm entfernt. Clarke und Brander begleiten ihn auf seiner Jungfernreise, bleiben jedoch auf Abstand. Scanlon macht einen Schwimmzug und steigt ungelenk vom Meeresboden auf. Wegen des Anzugs bewegt er sich wie ein Mann mit geschienten Gliedmaßen. Am Rande seines Blickfeldes huschen die Vampire Schatten gleich umher.
    Sein Helm erscheint ihm wie der Mittelpunkt des Universums. Das unendliche Gewicht des schwarzen Ozeans drückt auf das Acryl, wann immer er hinsieht. Sein Blick fällt auf einen winzigen Riss in der Nähe der Dichtung am Hals. Voller Schrecken sieht er zu, wie sich ein haarfeiner Sprung quer über sein Blickfeld bildet.
    »Hilfe! Bringen Sie mich hinein!« Mit aller Kraft schwimmt er auf die Station zu.
    Niemand antwortet ihm.
    »Mein Helm! Mein…« Der Riss wird jetzt nicht mehr größer, er windet sich seitlich über den Rand der Helmblase wie … wie …
    Leere gelbe Augen starren ihn aus dem Ozean an. Eine schwarze Hand, die vor Beebes Heiligenschein nur als Silhouette erkennbar ist, greift nach seinem Gesicht …
    »Ahhh…«
    Ein Daumen senkt sich auf den Riss in Scanlons Helm. Der Riss platzt auf; dünne, blutige Fasern verschmieren das Acryl. Die untere Hälfte des haarfeinen Sprungs löst sich ab und windet sich im Wasser, kringelt sich zusammen und dann wieder auseinander …
    Stirbt . Scanlon atmet erleichtert auf. Es war nur ein Wurm. Irgendein blöder verdammter Rundwurm auf meiner Sichtscheibe, und ich dachte, ich würde sterben, ich dachte …
    Oh Gott, ich habe mich völlig zum Narren gemacht.
    Er blickt sich um. Brander, der rechts neben ihm schwebt, deutet auf die blutigen Überreste, die an seinem Helm kleben. »Wenn sich tatsächlich einmal ein Riss in Ihrem Helm bilden sollte, dürfte Ihnen eigentlich keine Zeit mehr bleiben, sich darüber zu beklagen. Dann sähen Sie nämlich augenblicklich genauso aus wie dieser Wurm hier.«
    Scanlon räuspert sich. »Danke. Tut mir leid, ich … Nun ja, Sie wissen, ich bin neu hier. Danke.«
    »Übrigens.«
    Clarkes Stimme. Oder was nach der mechanischen Umwandlung noch davon übrig ist. Scanlon rudert mit den Armen herum, bis sie über ihm in Sicht kommt.
    »Wie lange wird Ihre Untersuchung hier dauern?«, fragt sie.
    Eine unverfängliche Frage. Vollkommen nachvollziehbar .
    Man könnte sich sogar darüber wundern, warum sie bisher noch niemand gestellt hat …
    »Mindestens eine Woche.« Sein Herzschlag verlangsamt sich wieder. »Vielleicht auch zwei. So lange, bis ich mich vergewissert habe, dass alles seinen Gang geht.«
    Sie schweigt einen Moment lang. Dann sagt sie: »Sie lügen.« Irgendwie klingt es weniger wie eine Anschuldigung, sondern wie eine einfache Feststellung. Vielleicht liegt es am Stimmwandler.
    »Warum sagen Sie das?«
    Sie antwortet nicht. Stattdessen antwortet etwas anderes; nicht ganz ein Klagen, nicht ganz eine Stimme. Doch auch nicht leise genug, als dass man es ignorieren könnte.
    Scanlon spürt, wie ihm ein Schauer den Rücken hinunterläuft. »Haben Sie das gehört?«
    Clarke gleitet an ihm vorbei nach unten in Richtung Meeresboden und dreht sich dabei,

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