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Abiona - Das Bündnis (German Edition)

Abiona - Das Bündnis (German Edition)

Titel: Abiona - Das Bündnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Auditor
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zukommt?« Jack wusste es nicht. Er hatte zwar damit gerechnet, sein Leben zu verlieren, aber auch gehofft, dadurch viele andere zu gewinnen. Doch das hier war die reinste Hölle. Nein, überlegte er bitter. Es war eindeutig schlimmer als die Hölle!
    Ein leises Lachen holte ihn zurück in die Gegenwart und er öffnete die Augen. Vanderwal war vor Tenkara in die Hocke gegangen und schaute sie mit einem schiefen Grinsen an.
    »Oh ja, ich erinnere mich und wie ich mich erinnere«, sagte sie kichernd. Ihr Lachen klang wie das einer Irren.
    »Isibil, du hast dich kaum verändert. Liebst du den Lauf des Baches immer noch so wie einst, als du mich batest das Plätschern des Flusslaufes in Worte zu fassen?«
    Tenkara starrte sie an, ausdruckslos und stumm. Ihrer Miene war nicht zu entnehmen, was sie dachte. Vanderwals Lächeln wurde eine Spur breiter. Dann stimmte sie mit ihrer schönen Stimme eine leise, zarte Melodie an.
     
    »Weißt du, wo sie wohnen?
    Tropfen aus Licht und Sonnenglut,
    Lebenslust der Flüsse und Ozeane…
    Ich habe sie wandern sehen,
    gen Osten, gen Osten,
    wo die Sonne sie weckt
    und von den taufrischen Wiesen leckt.
     
    Weißt du, wo sie leben?
    Bäche so zart wie Blütenblätter,
    Quellen der Anmut und des Segens…
    Ich habe sie gehen sehen,
    gen Süden, gen Süden,
    wo die Sonne scheint
    und der Himmel nie weint.
     
    Weißt du, wo sie vergehen?
    Meere so weit wie das Augenlicht,
    Spiegelsaal der tanzenden Wellen…
    Ich habe sie sterben sehen,
    im Westen, im Westen,
    wo die Sonne versinkt
    und aus dem großen Becken trinkt.
     
    Weißt du, wo sie verbleiben?
    Kristalle, so schön wie Sternenlicht,
    Juwelen lebendigen Wassers...
    Ich habe sie schlafen sehn,
    im Norden, im Norden,
    wo die Sonne ruht
    und ihnen nichts mehr tut.«
     
    Der Klang ihrer Stimme ummantelte Jack wie ein weicher Kokon aus Seide und Luft. Es fiel ihm schwer, sich aus ihm zu lösen. Denn hier war er in Sicherheit vor dem Leben, der Freiheit und dem Tod. Er hätte ewig so verweilen können. Was spielte es noch für eine Rolle, dass er sich nicht wehren konnte? Dass sein Weg hier zu Ende war? Dass er scheitern würde? Er würde verbleiben, wie ein Eiskristall im Norden des Landes, geschützt vor der Augen der sengenden Sonne. Das war ein tröstlicher Gedanke.
    Doch die Stimme der alten Frau, plötzlich nicht mehr zart und weich, riss ein Loch in seinen Kokon aus Wärme und Geborgenheit und holte ihn zurück in die kalte Ummantelung der Höhle.
    »Erinnerst du dich Isibil, wie wir einst spielten, an den Bächen, die du in den Boden gezeichnet hattest? Ich bat dich darum, es mir beizubringen, doch du wolltest es nicht! Es sei deine Gabe, sagtest du damals.
    Erinnerst du dich, wie ich weinte und du es dir zum Spaß machtest, aus meinen Tränen Tümpel zu formen für Kröten und Unken und allerlei Getier?
    Erinnerst du dich, wie ich bettelte, mich einzuweihen in dein Wissen um die Ströme und Gezeiten, doch es war dir fern, mich zu unterrichten, weil du lieber Tautropfen tanzen ließest!
    Ich erinnere mich gut. Ich erinnere mich an deinen Hochmut und meine Ohnmacht, an deine Leichtigkeit und mein Vergehen, an deine Schöpferkraft und mein Verlangen. Doch diese Sehnsucht hat nun ein Ende! Sieh, was ich hier habe!«
    Jack folgte der Handbewegung der Alten und starrte auf den schwarzen Stein, der auf der Säule lag. Er leuchtete kraftvoll und feine Lichtpunkte gingen von ihm aus und bildeten eine Spur. Jacks Blick folgte dieser rotglänzenden Lichtspur und er blinzelte überrascht. Sie führte direkt zu Tenkara!
    Es brauchte einen Moment, bis Jack anfing über das nachzudenken, was er da sah. So schön war dieses warme Leuchten, dass es ihn alle Überwindung kostete, seinen Blick davon abzuwenden. Woher kam nur diese Verbindung? Er schaute auf in Tenkaras Gesicht, sah ihr sanft schimmerndes Antlitz und ganz allmählich rastete die Erkenntnis ein. Eine bittere Erkenntnis, die er nicht wahrhaben wollte, die nicht sein durfte, die alles vergeblich machte, da sie seinen Plan zum Scheitern brachte.
    Wie hatte er nur annehmen können, dass der Lichtkern, der in diesem schwarzen Stein so kraftvoll pulsierte und eine anziehend rotglühende Aura besaß, die Sonje der Dunklen Herrscherin war? War es nicht viel wahrscheinlicher, dass er deshalb so intensiv auf den Stein reagiert hatte, weil er sich ihm verbunden fühlte, mit ihr verbunden fühlte?
    Ein schmerzhafter Stich durchzuckte Jacks Herz und seine Erinnerungen glitten zurück zu dem

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