Abiona - Das Bündnis (German Edition)
hinunterschlichen und bald war Benawara, das Land der Schöpfer, nur noch eine blasse Erinnerung. Sie gingen langsam und wagten nicht, miteinander zu reden, denn sie erwarteten jeden Augenblick einen überraschenden Angriff Vanderwals. Doch zunächst blieb alles ruhig. So schritten sie etwa eine Stunde immer tiefer in den Berg hinein. Robin trug das Bündel mit dem Sonjen auf den Rücken. Doch trotz des Gewichts der Steine ging er aufrecht und leichtfüßig, so als wollte er beweisen, dass er vollständig von seiner Krankheit genesen war. Thuri hingegen fühlte sich mit jedem Schritt müder und älter werden und sie fragte sich mehr und mehr, warum sie überhaupt in die menschliche Welt zurückkehren sollten?
Ein dumpfer Knall, der die Höhlenwände erschütterte, ließ sie zusammenzucken. Robin war sofort in Alarmbereitschaft und zog Thuri in eine Nische an der Wand. Am Rande nahm Thuri einen leisen Angstschrei wahr, der durch die Höhlenwände drang.
»Jack!«, flüsterte Robin, der sich zum Schutz vor sie gestellt hatte und sich nun wieder von ihr löste und sich umsah. Der Schrei war von rechts gekommen, wo ein Spalt in der Wand war. Schon näherte sich Robin dem schmalen Eingang, doch Thuri ergriff seinen Arm und zischte: »Komm weiter. Denk daran, was Solfajama gesagt hat. Vielleicht ist es Teil des Plans, oder eine Falle?«
Robins Gesicht verzerrte sich, aber er gehorchte ihr und ging weiter. Dann erklang ein zweiter Schrei. Und diesmal konnte auch Thuri Jacks Stimme ausmachen. Sie klang schmerzerfüllt und angstgepeinigt und erstarb nach einer Weile in einem keuchenden Gurgeln. Thuri spürte einen Kloß in sich aufsteigen. Robin nahm wortlos das Bündel von seinen Schultern und drückte es ihr in die Hand. »Du schaffst das allein?«, fragte er leise.
»Ja«, antwortete sie tapfer. Doch der Kloß in ihrem Hals war so groß, dass es weh tat.
»Ich komme sofort nach.«
»Ja«, sagte sie wieder und wünschte sich, etwas anderes sagen zu können.
Er lächelte sie an. »Zwei Ja's von dir in so kurzer Zeit; das gibt mir Hoffnung. Das dritte hebe ich mir für wichtigere Fragen auf.« Er nickte ihr zu und wandte sich dann entschlossen dem schmalen Höhlenspalt zu, der in die Dunkelheit führte. Thuri schaute ihm schmerzerfüllt nach. Robin war weg. Und sie war mit den Sonjen allein…
Es dauerte eine Weile, bis sie sich gefasst hatte. Dann schulterte sie den Beutel und zwang sich weiterzugehen. Eigentlich war es ganz einfach. Kein Feuer, kein Angriff, keine Gefahren. Sie erlaubte sich durchzuatmen. Und doch… was hätte sie jetzt nicht alles für einen wilden Kampf gegeben? Was hätte ihr besseres passieren können, als gegen eine rohe Bestie oder einen grausamen Dämon anzutreten? Diese trostlose Stille, nur unterbrochen von dem Herabfallen der blassen Wassertropfen, machte sie so willenlos.
Sie verlangsamte ihre Schritte und blieb stehen. Vanderwals Rache…, eine bleierne, niederdrückende Traurigkeit. Vanderwal brauchte keine anderen Waffen. Melancholie und Einsamkeit waren die besten Wächter auf diesem Weg.
Thuri setzte sich seufzend wieder in Bewegung. Doch ihr Inneres war uneins und zerrissen. Wo seid ihr Lichtwesen, habt ihr mich vergessen?, fragte sie stumm und vorwurfsvoll. Und wie als Antwort auf ihre Frage hörte sie die Steine in dem Beutel gegeneinander klackern. »Beeil dich. Fort von hier!« schienen sie zu sagen. »Wir gehen mit dir…, kostbar ist die Last… Eil dich! EIL DICH!!!«
Sie beschleunigte ihre Schritte, und plötzlich hatte sie Angst davor, verfolgt zu werden. Sie begann zu laufen und rutschte aus. Doch hatte sie dort hinten nicht ein blasses Leuchten gesehen, spärlich zwar, aber eindeutig ein Licht? Sie rappelte sich hoch und tastete sich weiter voran. Dann blieb sie keuchend stehen. Ihr Herz klopfte laut vor Angst und Anstrengung. Der Beutel mit den Steinen schien schwerer geworden zu sein und die Schnüre schnitten ihr schmerzhaft ins Fleisch.
»Weiter!«, sagten die Sonjen gnadenlos. Sie holte tief Luft und ging weiter. Doch erneut rutschte sie auf dem schmierigen Höhlenboden aus. Mit der rechten Hand fing sie den Sturz unbeholfen auf, schnitt sich aber an einem scharfkantigen Felsenvorsprung. Der Beutel mit den Sonjen fiel mit einem dumpfen Klackern zu Boden. Thuri fluchte leise und richtete sich wieder auf. Ihre Hand blutete und sie wischte sie notdürftig an der Hose ab. Dann griff sie nach dem Beutel mit den Sonjen. Er bewegte sich nicht. Sie zerrte und zog,
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