Abiona - Das Bündnis (German Edition)
sie zu begrüßen, denn keiner glaubte an das, was er meinte, gesehen zu haben.
Shekowah nahm Eldana bei der Hand und gemeinsam schritten sie auf den Kreis Lichtarbeiter zu. Senja blieb, wo sie war, und als die Lichtarbeiter sich entfernt hatten, nahm sie ihre vadoitische Gestalt an und verschwand im Schatten der Bäume.
Aus dem Kreis der Versammelten trat Selana hervor und streckte Shekowah und Eldana ihre Arme entgegen. »Ihr kommt spät«, war alles, was sie sagte, doch ihre Augen leuchteten hoffnungsvoll.
»Spät und doch zum rechten Zeitpunkt«, antwortete Shekowah ernst. »Ich bin froh, wenigstens euch wohl auf zu sehen.«
Er nickte ihnen zum Gruß zu. Die Stimmung war angespannt. Alle hatten mit einem dämonischen Angriff gerechnet, als das Vogeltier am Himmel erschienen war. Jetzt löste sich Sylan aus der Schar der Lichtarbeiter, lief auf Eldana zu und warf sich ihrer Mutter in die Arme. Shekowah sah, wie Mel ihm freundlich zuwinkte, nur von Kaisho davon abgehalten, zu ihm zu laufen und ihn zu begrüßen. Falfarev schwenkte die Fackel als Zeichen des Wiedersehens und Torfun und Vankoti begrüßten den König der Lichtarbeiter mit einem kurzen Kopfnicken. Doch drei fehlten immer noch in ihren Reihen. Robin, Thuri und Jack.
Shekowah biss sich auf die Lippe und sein Blick glitt über die Holzscheite, die darauf warteten, entzündet zu werden, um Hanriks sterbliche Hülle dem Feuer zu übergeben und so die Seele zu befreien. Shekowah schloss für einen Moment betroffen die Augen und sprach eine stumme Segensformel. Als er die Augen wieder öffnete, sah er, dass Falfarev ihm die Fackel entgegenstreckte. »Wir sollten die Zeremonie rasch beenden. Wir haben nicht mehr sehr viel Zeit.«
Shekowah nickte und nahm die Leuchte wortlos entgegen. Dann sprach er mit lauter Stimme: »So wie dieses Feuer das Alte verzehrt und alles reinigt, was uns am neuen Leben hindert, sollen auch unsere Seelen von allem Übel geläutert werden, um aufzusteigen ins Licht!«
Er trat vor und entflammte die unteren Scheite. Das Feuer breitete sich rasch aus und erfasste alsbald Hanriks Leichnam. Shekowah erhob die Stimme ein zweites Mal: »So wie der Rauch in den Himmel steigt, möge seine Seele den Weg finden ins Licht.«
Er gab Falfarev die Fackel zurück und trat einige Schritte zurück, da von dem Scheiterhaufen nun eine unerträgliche Hitze ausging. Falfarev brachte die Fackel zurück in den äußeren Lichtkreis. Als er zurückkam, reihte er sich in den Kreis der Lichtarbeiter ein, die sich nun an den Händen hielten. Shekowah erhob die Stimme ein drittes Mal: »So wie diese Flammen uns Trost und Wärme spenden, mögen auch wir einander Hoffnung, Kraft und Zuversicht schenken in dieser schweren Stunde.«
Sie verharrten mehrere Minuten in stiller Versenkung. Dann stimmte Selana einen alten vindianischen Vers an, der den Untergang der Sonne, die Kraft der Erde und die Nähe und den Trost des Großen Geistes besang. Die anderen brachten sich nach und nach mit einer jeweils anderen Tonfolge in den Klang ein, bis ein schöner sechsstimmiger Gesang über den Vorplatz der Kathedrale hallte und jeden dunklen Gedanken vertrieb. Nach einigen Wiederholungen verstummte der Gesang und man hörte nur noch das Knistern des Feuers und den Wind, der sanft über den Vorplatz wehte. Selana trat vor, erhob die Hand und sprach einen Abschlusssegen. Dann lud sie alle zu einem kleinen Nachtessen in ihrer Hütte ein und damit war der offizielle Teil der Zeremonie beendet.
Shekowah wandte sich zu Eldana um. Doch dort, wo sie eben noch gestanden hatte, war sie nicht mehr. Schnell ließ er den Blick über den Platz gleiten bis hin zum Waldrand, der nur spärlich von Fackeln beleuchtet wurde. Dort stand die Heilerin und war in ein Gespräch mit Torfun vertieft. Shekowah sah sie zustimmend nicken und sich in Richtung Wald entfernen.
»So, erklärst du uns jetzt bitte mal, was hier los ist?«, hörte er Selana neben sich sagen.
»Warte, ich bin gleich wieder da«, flüsterte er ihr zu und lief auf den Waldrand zu.
»Das hast du das letzte Mal auch gesagt«, rief Selana ihm hinterher. »Dein sogenanntes gleich dauerte zwei Wochen!« Doch Shekowah hörte sie nicht mehr.
Torfun sah den König näher kommen und erwartete ihn bereits. »Ionason wollte Eldana sehen«, erklärte er Shekowah, »nur sie allein. Als ich es ihr mitteilte, rannte sie sofort los.«
Shekowah nickte dem Dämon zu. »Danke…«
»Soll ich dich begleiten?«
»Nein, pass auf die
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