Abiona - Das Bündnis (German Edition)
sich aus der Mauer zu ihrer Linken. Sylan nahm schemenhaft wahr, wie ein blaugrüner Umhang auf den Spiegel geworfen wurde. Augenblicklich lösten sich die Tiere in Rauch auf und verschwanden. Eine menschliche Gestalt kniete sich vor Sylan und zwei heiße Hände lösten ihren Klammergriff um Vankoti.
»Er wird es überleben. Doch wir müssen uns beeilen.«
Sylan schaute auf. Tenkara sah genauso aus, wie Sylan sie in Erinnerung gehabt hatte. Kastanienbraune Haare umrahmten das schöne Gesicht mit den großen grünen Augen, die sie jetzt eindringlich musterten.
»Gib ihm das zu essen!«, sagte Tenkara fieberhaft und drückte Sylan etwas Rundes und Kleines in die Hand. »Ich muss zurück! Du hast mich nicht gesehen!« Sie berührte flüchtig Sylans Stirn.
Sylan wollte etwas sagen, doch es waren keine Worte mehr in ihrem Kopf. Nur chaotische Gedanken ohne Sinn und Ziel. Sie sah, wie Tenkara ihren Umhang vom Spiegel nahm und verschwand.
Dann blickte sie hinunter auf Vankoti, der reglos am Boden lag und eine lähmende Schwere erfasste ihr Gemüt. Sie klammerte Vankoti an sich und meinte, sich gleich übergeben zu müssen, während hektisches Fußgetrappel aus der Hauptgasse zu ihr herüber drang.
»Sie sind hier! Sylan und Vankoti sind in dieser Gasse!«
Falfarev stürmte auf die beiden Novizen zu und wurde von Torfun überholt, der über die Mauer sprang und direkt vor Vankoti landete. »Bei Darandils Flamme! Er stirbt!«
Falfarevs Augen weiteten sich vor Entsetzen und er kniete sich neben Sylan auf den Boden, während Torfun in einigem Abstand zu ihnen stehenblieb.
»Was ist passiert?«, fragte der Künstler das Mädchen und berührte Vankotis kalte Stirn. Doch Sylan hatte ein stummer Weinkrampf erfasst und sie antwortete nicht. Falfarevs verzweifelter Blick traf Torfun. »Tu doch was!« stieß er zornig hervor, während er versuchte, Vankotis leblosen Körper Sylans Klammergriff zu entziehen. Dabei fiel eine kleine rote Kugel zu Boden und kullerte Torfun direkt vor die Füße. Er nahm sie wortlos auf.
»Beiseite«, mahnte er Falfarev und seine Hände ergriffen Vankotis Kopf.
»Nein, nein, er will ihn vergiften!«
Sylan, die von Falfarev beiseite gezogen worden war, strampelte sich nun mit aller Kraft wieder von ihm los und prügelte mit bloßen Fäusten auf Torfun ein, der nun die linke Hand hob und sie mit einem Energieausstoß wegstieß. Sylan stolperte zurück und fiel zu Boden. Dennoch schrie sie verzweifelt: »Fass ihn nicht an! Er gehört nicht euch!«
Sie wollte sich wieder auf Torfun stürzen, doch Falfarev hielt sie mit eiserner Kraft fest und flüsterte beschwichtigend: »Es wird alles gut, Sylan, er weiß, was er tut.«
Torfun öffnete Vankotis Mund, zerdrückte die kleine Beere zwischen seinen Fingern und schob ihm den rötlichweißen Brei in den Mund. Es dauerte keine Minute, da fing Vankoti an zu husten und auszuspucken. Dann drehten sich seine Augen nach innen und seine Muskeln begannen wild zu zucken. Sylan heulte auf.
»Warte!«, rief Torfun, als sie sich erneut losreißen wollte. »Warte, sonst wird er dich töten!«
Die Gestalt Vankotis schien sich plötzlich zu wandeln. Zuerst wurde sein Gesicht länglich und ein wolfähnlicher Kopf erschien dort, wo eben noch sein Gesicht war. Dann wuchs ihm ein Fell und seine Füße und Hände verwandelten sich in unförmige Klauen. Aber im nächsten Moment schon war die Erscheinung des Werwolfes verschwunden und Vankoti war wieder er selbst. Leichenblass und schwer atmend lag er auf den Pflastersteinen, die Augen fest geschlossen.
Torfun nickte Falfarev zu und dieser lockerte den Griff um Sylan. Sie stürzte sich auf Vankoti und umklammerte ihn weinend. Torfun beobachtete es stirnrunzelnd.
»Wir sollten ihn zu Selana bringen. Sie wird ihn weiter behandeln müssen.«
»Wird er durchkommen?«
Torfuns Blick blieb auf Sylan ruhen. »Um ihn brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.«
Falfarev folgte seinem Blick und verstand. »Und wer wird auf sie aufpassen?«
»Der, der die wahnwitzige Idee hatte, sie eben auch zu beschützen.«
»Du meinst die Schlange?«
Wieder nickte der Dämon. »Es kann nur einer gewesen sein. Und falls er noch nicht pulverisiert wurde, wird er keine andere Wahl haben, als ebenfalls nach oben zu kommen, um ihrer Rache zu entgehen.«
Sylan wandte Torfun ihr verheultes Gesicht zu. »Ich hasse euch! Ich hasse euch alle! Fahrt zur Hölle!«
Torfun lächelte traurig und ging vor Sylan in die Hocke. »In einem sind wir uns
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