Abiona - Das Bündnis (German Edition)
sterben einen langsamen Tod, denn das Schöpferfeuer in ihnen verbrennt ihr wahres Sein.«
»Wer ist das hier?«, fragte Thuri jetzt und trat an einen Sarg heran, der ein kindliches Wesen barg. Es hatte wuschelige braune Haare, aber ein faltiges Gesicht, das sie entspannt anlächelte. Die Augen waren wie im Schlaf geschlossen.
»Es ist Junakal. Er formte einst den Boden und gab der Erde ihre Schätze. Im Düsterreich gaben sie ihm den Namen Kor Ko Ran. Er und seine Gefährtin«, sie schritt langsam zum nächsten Sarg, »haben dem Land einst sein Aussehen gegeben. Sie, Elfanim hob die Berge aus dem Meer und gestaltete die höchsten Gipfel und tiefsten Schluchten und auch die Pflanzen, Bäume und Blumen. Jack kennt sie unter dem Namen…« Sie machte eine Pause, als sie sah, dass Jack wieder in die Höhle trat. Er näherte sich sehr langsam dem Sarg und schaute in das Gesicht eines Mädchens mit glatten schwarzbraunen Haaren, die von einem kobaltblauen Lederband nach hinten gehalten wurden. »Sen Sei Tuja«, sprach er mit brüchiger Stimme. Monatom nickte und ging weiter.
In Jack stieg tiefe Rührung auf, als er an dem nächsten Glassarg entlang schritt. Leise erklärte er: »In der unteren Welt ist er der Diener Tenkaras. Er nennt sich Estevan. Abiona erzählte mir, Estevan habe ihm Flugstunden gegeben.«
Monatom strich zärtlich über den Glassarg und ergänzte: »Finkar nannten wir ihn einst. Er hat uns die Wesen der Luft geschenkt. Keiner konnte sich im Raum über der Erde so bewegen wie er. Über seine Anmut und seine Grazie hat Vanderwal große Lieder geschrieben. Vor ihrem Verrat. – Er arbeitete zusammen mit Lopato, der die Wesen der Erde erfand. Seine Vorstellungskraft war immens und er konnte Formen und Gestalten ersinnen, wie kaum ein anderer. Wir hatten Mühe, seinen Hochmut zu bremsen, aber wenn er Feste gab, um seine Neuschöpfungen zu feiern, dann verwöhnte er uns mit raffinierten Vorführungen und eigenwilligen Speisen.«
Jack erkannte in dem Glassarg einen schlanken Mann, mit hoher Stirn und blonden, leicht welligen Haaren. Er wirkte intelligent und wachsam.
»Er ist ein Zweiter«, erklärte Monatom leise. »Lässt sich nur in erlauchten Kreisen blicken und bewohnt einen eigenen Palast.«
Jack nickte, während er sich an seine Erkundungstour im Finsterreich erinnerte und antwortete: »Ich erinnere mich. Es gab einen Gang im zweiten Stockwerk, der nur für Zweite vorbehalten war. Dort habe ich ihn gesehen. Er experimentierte mit tierischen Wesen und sein Name war…, er hieß Ju Lissanto«, schloss er leise und trat auf die letzten beiden Särge zu. Beim Anblick der schönen, dunkelhaarigen Frau stellten sich ihm die Nackenhaare auf. »Nein«, hauchte er und wandte sich kopfschüttelnd zu Monatom um, »das kann nicht sein!«
»Gnorra«, kommentierte Monatom mit einem Ausdruck von großer Trauer und Enttäuschung auf ihrem Gesicht. »Ja, auch sie gehört in unsere Welt. Einst mit großer Macht ausgestattet, war sie dazu ersonnen, die Sonjen der Menschen zu erfinden. Sie verfügte über die Fähigkeit, das Chaos zu ordnen und jeder Seele eine geeignete Aufgabe zuzuteilen. Dagegen konnte Espanvador, der Bruder an ihrer Seite, die bestehenden Ordnungen wieder ins Chaos stürzen. Er war stets das Feuer der Erneuerung, wenn Gleichmut und Langeweile drohten, eine Schöpfung zu zersetzen. Er fehlt uns sehr, denn die Dinge vergehen nicht und nichts wird mehr neu.«
Thuri war herangetreten und betrachtete Espanvador mit wachsendem Interesse. Er war ein attraktiver Mann, denn er war groß und muskulös, hatte dichtes dunkles Haar und sein Erscheinungsbild hatte etwas Königliches.
»Wie heißt er in der unteren Welt?«, fragte Thuri Jack, der die Stirn in Falten gezogen hatte. Er zuckte mit den Schultern. »Ich kenne sein Gesicht nur von einem großen Standbild, das vor dem Eingang zum Thronsaal stand«, antwortete er ausweichend und warf Robin einen schnellen Seitenblick zu.
Monatoms Gesicht spiegelte Verständnis und sie schüttelte leicht den Kopf. »Dein Herz weiß es, aber ich verstehe dein Schweigen«, entgegnete sie ernst und winkte Robin zu sich heran. Er näherte sich langsam und sein Gesicht verdüsterte sich. »Ich vermute, dies ist der Dämon, dem Eldana verfallen ist. Ich glaube, sein Gesicht schon mal gesehen zu haben und wenn nur in einem bösen Traum.«
Wieder nickte Monatom und sah ihn lange schweigend an. Dann sagte sie: »Iona Son war sein Name in der dunklen Welt. Er erreichte,
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