Abitreff (German Edition)
Razzia gegen Rechts in Gewahrsam genommen
worden war. Man hatte ein paar Waffen und einige nicht ganz legale Bücher bei
ihm – respektive in seiner Garage und auf seinem Dachboden – gefunden. Die
Beurlaubung vom Amt war dem Übeltäter zwar schon mitgeteilt worden, aber nun
wäre eine weitere Notsitzung fällig.
Cihad war, was man sich unschwer vorstellen kann, nicht ganz so erbaut
über diese Entwicklung, bedeutete diese Nachricht doch, dass er die gemeinsame
Arbeit im Garten nun alleine würde erledigen müssen. Er stöhnte zwar laut,
mähte dann aber dennoch brav den großen Rasen, zupfte vertrocknete
Blumenblätter aus Rabatten, schnitt sogar einige Sträucher und säuberte am Schluss
auch noch Bürgersteig und Auffahrt.
Normalerweise läuteten er und sein Matthias das Wochenende mit einer
gemeinsamen Runde im Pool ein, sie ließen sich treiben, den lieben Gott einen
guten Mann sein, aber das war hier und jetzt ja leider nicht möglich. Der
Berber duschte und beschloss, anstatt selbst den Löffel zu schwingen, sich vom
König der Burger bekochen zu lassen. Er hatte gerade die erste
Rindfleischscheibe im Brotmantel verzehrt, als sich sein Gatte erneut meldete.
Die Nachricht, die ihn ereilte, war nicht vielversprechend: Matthias
befand sich jetzt in großer Runde mit dem Oberbürgermeister, den Leitern des
Personal- und des Rechtsamtes, auch zwei Vertreter der Bezirksregierung waren
anwesend. Ein genaues Ende dieser zweiten Krisenrunde innerhalb von zwei Tagen
konnte der Brillenträger nicht abschätzen, er bat nur um Verzeihung; man bliebe
in Kontakt.
Da er eh schon in der Stadt war, beschloss der Sohn des Berbers, kurz
auf ein Bier ins Blueberrys zu gehen. Für ihn war es zwar ungewohnt, dieses
Etablissement allein aufzusuchen, er fühlte sich – ohne seinen Mann an seiner
Seite – unwohl in diesem Anbahnungstempel sexueller Spiele. Es war oft zu
offensichtlich, was die Besucher eigentlich haben wollten: Es ging ihnen nicht
um tiefgründige Gespräche, es ging ihnen meistens nur um das Eine!
Der Wirt begrüßt ihn zwar höflich, wollte wissen, wie es ihm gehe,
fragte dieses oder erkundigte sich nach jenem, aber der Student wusste genau,
dass das Interesse nicht ehrlich war, es war nur der dürftigen Besucheranzahl
geschuldet. Außer ihm waren nur fünf weitere Gäste zu diesem ziemlich frühen
Zeitpunkt in dem Lokal versammelt, es war kurz vor neun. Drei Gesichter
erkannte er von früheren Besuchen wieder: Gunnar und Thomas, zwei
Krankenpfleger aus dem gegenüberliegenden Luisen-Krankenhaus, tranken wohl ihr
wohlverdientes Feierabendbier und Gerd, ein etwas schmieriger Handelsvertreter
mit Halbglatze, war in Begleitung eines weiblichen Wesens. Nur den jungen
Typen, vielleicht ein oder zwei Jahre jünger als er selber, der am Info-Brett
stand und die Aushänge las, hatte er hier noch nicht gesehen.
Cihad trank in aller Ruhe seine Gerstenkaltschale. Leicht amüsiert
registrierte er, wie der Blick des Fremden immer wieder zwischen ihm und dem
aufgehängten Lesestoff hin und her wanderte: Der Knabe wollte wohl auch nur
seinen Spaß haben, war wohl auf der Suche nach Entspannung. Sollte er ihn
ansprechen und dadurch dieser lächerlichen Farce des Anmachens ein Ende
bereiten?
Der Typ war neu hier und er war jung, also bestes Frischfleisch für die
Massen. Der Mann aus dem Antiatlas hielt kurz inne. Sollte er den Neuling
retten? Wer zu einem solchen Zeitpunkt ein solches Etablissement aufsuchte, der
kannte sich wahrscheinlich nicht mit den Gepflogenheiten der Szene aus. Er hatte
seit seiner Flucht vor seiner Familie auch so Einiges lernen müssen, aber
Matthias war ein guter Lehrer, der seinem Schüler nichts Böses wollte, eher das
Gegenteil war der Fall.
Die beiden waren zwar – ganz offiziell – Mann und Mann, aber eben auch
nur Männer, Männer mit Gefühlen und Gelüsten. Und um eben diesen Begierden
tapfer begegnen zu können, hatten sie eine Übereinkunft getroffen: Anmachen ist
erlaubt, Anfassen geht auch, aber nie einen Orgasmus ohne Anwesenheit des
Partners. Man spielte, wenn überhaupt, nur zu dritt.
Der Mann hinter dem Tresen stellte ihm ein neues Bier hin. Allerdings
war nach dem ersten Schluck das Fassungsvermögen seiner Blase im roten Bereich
und verlangte nach Entleerung. Allah sei Dank, die Wasserspiele waren leer, er
stellte sich an das letzte Pinkelbecken, öffnete seinen Hosenstall. Cihad hatte
zwar keine Schwierigkeiten, seine Notdurft in Gegenwart von Matthias
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