Abonji, Melinda Nadj
aufsetzt,
seine Knie zum Brustkorb zieht, the lake is very quiet today, ein Tag oder besser ein Moment,
der einem vorgaukelt, es gäbe nichts Schreckliches auf dieser Welt, und als ich
mich auf meine Ellbogen stütze, mich räuspere, steht Dalibor auf, krempelt
seine Hose hoch, macht ein paar Schritte Richtung Seeufer, er zieht sein Hemd
aus, obwohl es ziemlich kühl ist, er wirft es weg, streckt sich, beugt seinen
Rücken dann leicht nach hinten, bevor er seinen schmalen Körper zusammensacken
lässt, einen Moment lang innehält, bevor er ganz plötzlich und in geduckter
Stellung über die Steine rast, mit vorschnellenden Armen nach ihnen schnappt,
und ich, die sich ruckartig aufsetzt, lache, musst du Energie loswerden oder
was, rufe ich ihm zu, Dalibor, der nicht reagiert, weiter über das Ufer rennt,
das weiche, helle Geräusch der Steine, die gegeneinander gedrückt werden, von
Dalibors Füssen, seine Hände, die jetzt voll sind, die jetzt mit Steinen
gegen die Steine schlagen, ein unangenehmes Geräusch, das gegen meine Ohren
knallt, hörst du mich, rufe ich ihm zu, Dalibor, der seinen Körper erst
aufrichtet, als der Schweiss auf seinen Schulterblättern glänzt, und ich höre
seinen Atem, fast ein Hecheln, als er mit dem Rücken zu mir stehenbleibt, ein
paar Minuten wartet, bis er die Steine fliegen lässt.
Dieses Spiel sei kein Spiel
mehr für ihn, ruft Dalibor, überhaupt frage er sich, ob es für ihn jemals
wieder ein Spiel, ein game, gäbe, und er kommentiert seine Bewegungen mit einem
knatternden Geräusch, trrrrr, t-t-t-t, trrrrrrr, und er lässt die Steine immer
rascher, heftiger übers Wasser fliegen, bückt sich wieder nach Nachschub, sucht
nicht mehr nach geeigneten, flachen Steinen, sondern nach Geschossen, die weh
tun, der See, der plötzlich da ist, um Zeuge einer unerwarteten Szene zu
werden, und die Schwäne, die Dalibor soeben noch our elegant guests genannt hat, flattern
aufgeregt mit den Flügeln, die Enten, die es jetzt eilig haben, wild zu
schnattern anfangen. Hör auf, rufe ich Dalibor zu, was soll das?, leave those creatures in
peacel, und
ich springe auf, renne auf ihn zu, und als ich wenige Schritte hinter ihm bin,
dreht er sich um, fixiert mich, mit einem anderen Blick, mit einem mir unbekannten
Blick, bleib da, wo du bist, schnauzt er mich an, sonst bist du an der Reihe -
weisst du, wie es ist, wenn sogar die Natur eine Fratze bekommt?, weisst du,
wie es ist, wenn du schiessen musst, und wenn du es nicht tust, wirst du
erschossen? Nein, ich habe keine Ahnung, antworte ich. Weisst du, wie es ist,
wenn du deinem besten Freund eine Kugel in den Kopf schiesst, und dann siehst
du dir sein Gesicht in aller Ruhe an, ohne dass du nur das Geringste
empfindest? Und dann erschlägst du sein Gesicht, das Gesicht deines besten
Freundes im Traum, weil es dich verfolgt mit seiner Ruhe, seiner Stille, weil
er dir sogar verzeiht, du musst ihn nochmals töten, weil er dich verrückt macht
mit seinem erlösten Gesicht, beruhige dich, sagt sie, die ich bin, und ich
strecke meine rechte Hand aus — es ist die Geste eines hilflosen, bittenden
Menschen —, wir lieben doch beide das Wasser, sage ich, irgendwann wirst du mir
dein Meer zeigen, sage ich, versuche, ruhig zu atmen, und ich möchte dir meinen
Fluss zeigen, sein sandiges Ufer, das man sonst nur am Meer findet, ich möchte
so vieles mit dir, sage ich, es wird eine Zeit kommen, wo wir wieder hinfahren
können ...
Dalibor, der mich jetzt
anschaut, sein Blick, der irgendetwas preisgibt, entschuldige, sagt er, ich
habe mich einen Moment lang vergessen, und ich höre mein Herz, wie es in meinen
Fingern schlägt, hattest du Angst vor mir, fragt er. Nein, antworte ich. Bist
du sicher?, und Dalibor wischt sich den Schweiss von der Stirn, das Wasser aus
den Augen, das muss ich wissen, sagt er. Ich bin mir sicher, antworte ich, ohne
zu zögern, und Dalibor, der seine Hand ausstreckt, mich mit den Fingerspitzen
berührt, es tut mir leid wegen deinem Cousin, sagt er, wo ist er? In Banja
Luka. Familie, fragt Dalibor. Ja, zwei Kinder und eine Frau. Erzähl mehr, sagt
Dalibor. Bist du sicher? Ja.
Sein Vater, mein Onkel Piri,
der machtlos zusehen musste, wie die Uniformierten seinen Sohn mitnehmen (und
nicht Csaba), Onkel Piri, der seine mici, seine Mütze, nach hinten, nach vorne, nach hinten
schiebt und dann mehrmals gegen den Stamm des Ölbaumes spuckt, als er Belas
Rücken sieht, eingeklemmt im strengen Gleichschritt zweier Soldaten.
Tante Icu, die
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