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About a Boy

About a Boy

Titel: About a Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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zu Hause. Aber er spürte, dass sie alle etwas angefangen hatten, das noch nicht beendet war.
    Nach wenigen Tagen hatte er seine Meinung vollkommen geändert. Er hatte kein Interesse an guten Taten. Er hatte kein Interesse an Marcus und Fiona. Ihm würde, da war er sicher, schon der Gedanke an sie so peinlich sein, dass ihm kalter Schweiß ausbrach. Er würde sie nie wieder sehen; er zweifelte sogar, ob er je wieder in die Nähe von Holloway gehen würde, für den Fall, dass er sie dort träfe. Er wusste, dass seine Reaktion übertrieben war, aber nicht sehr. Singen! Wie konnte man sich mit jemandem einlassen, der einen zum Singen nötigte! Er hatte gewusst, dass die beiden nicht ganz sauber tickten, aber … Es hatte ganz alltäglich angefangen, mit einer Einladung zum Abendessen, und auch wenn ihm das Essen nicht schmeckte -irgendwas Vegetarisches mit Kichererbsen und Reis und Dosentomaten -, hatten sie sich doch nett unterhalten. Fiona hatte ihm von ihrer Arbeit als Musiktherapeutin erzählt, und Marcus erzählte Fiona, dass Will ein paar Millionen Pfund pro Minute verdiente, weil sein Vater einen Song geschrieben hatte. Will half beim Abwasch, und Fiona machte ihnen eine Tasse Tee, und dann setzte sie sich ans Klavier und begann zu spielen.
    Sie war nicht schlecht. Ihr Klavierspiel war besser als ihre Stimme, aber auch an ihrer Stimme war nichts auszusetzen, sie ging gerade so, war nur etwas dünn, und sie konnte durchaus den Ton halten. Nein, es war nicht die Qualität, die ihn peinlich berührte, es war die Hingabe. Er hatte schon früher Menschen gekannt, die zur Gitarre gegriffen oder sich ans Klavier gesetzt hatten (wenn auch seit längerem nicht mehr), aber sie hatten sich selbst nie zu ernst genommen: Sie hatten idiotische Songs gespielt oder sie idiotisch gesungen oder ein schrilles Spektakel daraus gemacht - sie hatten alles getan, um zu zeigen, dass sie es nicht ernst meinten.
    Fiona meinte es ernst. Sie meinte »Knocking On Heaven’s Door« ernst, und dann meinte sie »Fire and Rain« ernst, und dann meinte sie »Both Sides Now« ernst. Nichts stand zwischen ihr und den Songs; sie war in ihnen. Sie schloss sogar beim Singen die Augen.
    »Möchten Sie sich neben mich stellen, damit Sie den Text lesen können?«, fragte sie ihn nach »Both Sides Now«. Er saß am Tisch und starrte krampfhaft auf Marcus, bis Marcus auch zu singen anfing, woraufhin er eingehend die Wand betrachtete. »Hmmmm … was kommt als Nächstes?« »Irgendwelche Wunschtitel?«
    Am liebsten wäre es ihm gewesen, wenn sie etwas gespielt hätte, wozu sie nicht die Augen schließen konnte, »Roll Out the Barrel«, zum Beispiel, oder »Knees Up, Mother Brown«, aber die Stimmung war bereits vorgegeben. »Irgendwas.« Sie wählte »Killing Me Softly With His Song«. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich neben sie zu stellen und hier und da zähneknirschend die eine oder andere Textsilbe herauszupressen. »Smile … While … Boy … Ling … « Er wusste, natürlich wusste er es, dass dieser Song nicht ewig dauern konnte, dass der Abend nicht ewig dauern konnte, dass er bald gemütlich zu Hause im Bett liegen würde, dass es ihn nicht umbringen würde, mit einer depressiven Hippieschlampe und ihrem durchgeknallten Sohn ein paar Liedchen am Klavier zu trällern. Das alles wusste er, aber er em pfand es nicht so. Mit diesen Leuten konnte er rein gar nichts anfangen, das sah er jetzt ein. Es war dumm von ihm gewesen, zu glauben, hier könnte sich etwas für ihn ergeben.
    Als er heimkam, legte er eine CD von den Pet Shop Boys auf und sah sich Pris oner - Cell Block H ohne Ton an. Er wollte Leute hören, die es nicht ernst meinten, er wollte Leute sehen, über die er lachen konnte. Außerdem betrank er sich; er tat Eis in ein Glas und kippte sich einen Scotch nach dem anderen rein. Und als der Scotch zu wirken begann, wurde ihm klar, dass Menschen, die Dinge ernst nahmen, viel eher dazu neigten, sich umzubringen, als Menschen, die das nicht taten: Er konnte sich nicht erinnern, je den leisesten Wunsch verspürt zu haben, sein Leben zu beenden, und er konnte sich schwer vorstellen, dass es einmal so weit kommen würde. Dazu war er letzten Endes nicht engagiert genug. Man musste engagiert sein, um vegetarisch zu leben, man musste engagiert sein, um »Both Sides Now« mit geschlossenen Augen zu singen - letzten Endes musste man engagiert sein, um Mutter zu sein. Er dagegen ließ nichts an sich heran, und das, so wusste er, würde ihm ein

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