About a Boy
langes und depressionsfreies Leben garantieren. Zu glauben, gute Taten würden ihn weiterbringen, war ein großer Fehler gewesen. Das taten sie nicht. Sie trieben einen zum Wahnsinn. Fiona tat Gutes, und es hatte sie in den Wahnsinn getrieben: Sie war verletzlich, verstört, lebensunfähig. Will hatte das perfekte System, das ihn reibungslos von hier bis ins Grab befördern würde. Das wollte er sich jetzt nicht kaputtmachen.
Fiona rief ihn noch einmal an, kurz nach dem zermürbenden Abendessen; sie hinterließ eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter, auf die er nicht reagierte. Suzie rief ihn ebenfalls an, und obwohl er sie sehen wollte, hatte er den Verdacht, dass sie Fionas wegen anrief, deshalb war er ausweichend und unverbindlich. Es sah so aus, als sei die Nummer mit den allein erziehenden Müttern ausgereizt, und er richtete sich darauf ein, sein altes Leben wieder aufzunehmen, das er geführt hatte, bevor er Angie kennen lernte. Vielleicht war es besser so.
Er ging Platten kaufen, er ging Klamotten kaufen, er spielte ein wenig Tennis, er ging in den Pub, er sah fern, er ging mit Freunden ins Kino und in Konzerte. Zeiteinheiten wurden mühelos ausgefüllt. Er hatte sogar wieder angefangen, nachmittags Bücher zu lesen; eines Donnerstags, als er gerade einen James-Ellroy-Thriller zur Hälfte durchhatte, in dieser schreck lichen, trostlosen Zeit zwischen Count down und den Nachrichten, klingelte es an der Tür.
Er rechnete mit jemandem, der Putzlappen und Scheuerbürsten verkaufte, daher blickte er ins Leere, als er die Tür öffnete, denn sein Besucher war einen guten Kopf kleiner als der Durchschnittshausierer. »Ich wollte dich besuchen«, sagte Marcus.
»Oh. Na schön. Komm rein.« Er sagte das einigermaßen herzlich, soweit er es beurteilen konnte, aber aus irgendeinem Grunde stieg Panik in ihm auf.
Marcus marschierte ins Wohnzimmer, setzte sich aufs Sofa und
sah sich alles sehr genau an.
»Du hast kein Kind, oder?«
Das mochte eine Erklärung für die Panik sein.
»Na ja«, sagte Will, als wolle er eine sehr lange und sehr verwickelte Story vom Stapel lassen, deren Details ihm momentan entfallen waren.
Marcus stand auf und ging in der Wohnung herum. »Wo ist dein Klo? Ich muss ganz dringend pinkeln.« »Gleich da den Flur runter.«
Während Marcus fort war, versuchte sich Will eine Story zurechtzulegen, die das völlige Fehlen sämtlicher Verweise auf Ned erklären konnte, aber ihm fiel nichts ein. Er konnte Marcus entweder erklären, dass er na türlich ei n Kind habe und dass das Nichtvorhandensein von Kind und Kinderausstattung einfach … einfach etwas war, worüber er später nachdenken würde; oder er konnte in Tränen ausbrechen und bekennen, ein erbärmlicher Hochstapler zu sein. Er entschied sich gegen die zweite Version.
»Du hast nur ein Schlafzimmer«, sagte Marcus, als er zurück
kam.
»Hast du hier rumgeschnüffelt?«
»Ja. Du hast nur ein Schlafzimmer, du hast kein Kinderspiel
zeug im Badezimmer, hier ist auch kein Spielzeug … Du hast
nicht mal Fotos von ihm.«
»Und was geht dich das an?«
»Nichts. Außer, dass du mich und meine Mum und die Freun
din meiner Mum angelogen hast.«
»Wer hat dir gesagt, wo ich wohne?«
»Ich bin dir mal nach Hause gefolgt.«
»Von wo?«
»Ich habe dich draußen rumlaufen sehen und bin dir nachgegangen.«
Das klang plausibel. Er lief oft draußen herum, und Suzie oder Fiona oder der Frau von SPAT hatte er nicht gesagt, wo er wohnte, also war das die einzige Erklärung. »Warum?« »Weiß nich. Nur so.«
»Warum gehst du nicht einfach nach Hause, Marcus?« »Na schön. Aber ich sage es meiner Mum.« »Oooooh. Jetzt habe ich aber Angst.«
Will spürte, wie er einen Abhang hinunter auf dieses panikbesetzte Schuldgefühl zuschlitterte, das er seit seiner Schulzeit nicht mehr empfunden hatte, und es erschien ihm ganz natürlich, sich hinter denselben Phrasen zu verschanzen, die er damals benutzt hatte. Er konnte Marcus keine Erklärung geben, außer der Wahrheit - dass er ein Kind erfunden hatte, um Frauen kennen zu lernen -, und die Wahrheit klang viel schmieriger, als sie je hatte sein sollen. »Dann geh doch, wenn du willst.«
»Lass uns ein Geschäft machen. Ich sage meiner Mum nichts, wenn du mit ihr ausgehst.«
»Warum willst du, dass deine Mutter mit einem wie mir ausgeht?«
»Ich finde dich gar nicht so schlimm. Ich meine, du hast zwar gelogen, aber davon abgesehen scheinst du in Ordnung zu sein. Und sie ist unglücklich, und ich
Weitere Kostenlose Bücher