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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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ansatzweise passabel herzurichten. Dann stieg ich die Stufen hoch und klingelte. Kurze Zeit später öffnete sich leicht knarzend die Tür. Rogerson spähte durch den Türspalt.
    »Hi.« Meine Stimme klang gedämpft, nicht ganz fest, als spräche ich unter Wasser. »Ist Marshall da?«
    »Äh . . .« Er warf einen Blick über die Schulter nach hinten. »Keine Ahnung.«
    »Wenn er nicht da ist, halb so schlimm«, meinte ich. »Ich kann in seinem Zimmer auf ihn warten.«
    Er sah mich aus irgendeinem Grund lange an. Ich spürte, dass ich leicht schwankte. Schließlich trat er beiseite.
    Drinnen war es wie immer ziemlich dunkel. Ich ging durch den Flur ins Wohnzimmer. »Ich glaube, es dauertnoch, bis er wiederkommt«, meinte Rogerson, der mir folgte. Seine Stimme klang flach, tonlos.
    Doch es war mir egal. Ich wollte nur noch zusammenbrechen, mich auf Marshalls Bett legen, mir die Decke über den Kopf ziehen und schlafen. Endlich alles vergessen, was geschehen war, seit ich heute Morgen in meinem eigenen Zimmer aufgewacht war. Einfach an einem sicheren Ort sein, einem Ort, der mir vertraut war, mit jemandem in der Nähe, den ich kannte, egal wem, irgendjemandem, Hauptsache, da war wer.
    Als ich die Tür öffnete, fiel mein Blick als Erstes auf die Schachtel mit Süßigkeiten, die neulich schon da gestanden hatte. Ich nahm sie wahr, noch bevor ich Peyton entdeckte, die daneben saß, ein Stück Schokolade in der Hand. Wie erstarrt bemerkte ich, dass Peyton die Schokolade über Marshalls Mund hielt   – er lag neben ihr, Arme vor der Brust verschränkt   – und sie ihm schließlich zwischen die Lippen schob. Eine ganz einfache Geste, die nur wenige Sekunden dauerte. Dennoch hatte sie etwas so Intimes an sich   – wie seine Lippen sich um ihre Finger schlossen, wie sie kicherte, wie rosig ihre Wangen waren, wie sie ihre Hand zurückzog   –, dass mir regelrecht schlecht davon wurde. Und das, noch ehe Marshall den Kopf wandte und mich bemerkte.
    Keine Ahnung, was für eine Reaktion ich von ihm erwartet hatte. Was er meiner Meinung nach hätte sagen oder tun sollen. Wie er hätte sein sollen, überrascht oder schuldbewusst oder vielleicht sogar betroffen. Doch letztendlich gab sein Gesichtsausdruck sein Gefühl in dem Moment mehr als eindeutig preis. Und das Gefühl war: Es ist mir so was von egal.
    Peyton hingegen keuchte erschrocken auf. »Mist«, rief sie. »Ruby, es tut mir   –«
    »Nein!« Ich stolperte zurück, stieß gegen den Türrahmen, hielt mir die Hand vor den Mund, drehte mich um, stieß dabei gegen die Wand, raste den Flur entlang Richtung Wohnungstür. Verschwommen hörte ich, dass beide hinter mir herbrüllten, achtete jedoch nicht darauf. Stürmte ins Freie, ins Tageslicht, umklammerte das Treppengeländer, rannte auf den Parkplatz vor dem Haus.
    »Ruby, warte!«, schrie Peyton. Sie folgte mir, ihre Schritte dröhnten auf den Stufen. »Hallo! Bleib stehen! Ich kann dir das erklären.«
    »Erklären?!« Ich fuhr zu ihr herum. »Wie um alles in der Welt willst du mir das denn erklären?«
    Sie blieb auf der untersten Stufe stehen, die eine Hand am Geländer, die andere auf der Brust, rang nach Luft. »Ich habe doch versucht, es dir zu erzählen«, keuchte sie. »An dem Abend, als ich dich besucht habe. Aber es war so schwierig, und außerdem hast du ständig davon geredet, es hätte sich sowieso alles verändert, deshalb   –«
    Plötzlich machte in meinem Kopf etwas
Klick
und ich sah sie wieder vor mir, in der Eingangshalle, zusammen mit Roscoe und Jamie. Gleich darauf erschien auch Marshall vor meinem geistigen Auge, wie er mir bei unserer letzten Begegnung den Schlüssel zu Coras Haus in die Hand gedrückt hatte.
Du hattest erwähnt, dass du jetzt in
Wildflower Ridge
wohnst,
hatte Peyton gemeint. Obwohl ich sicher war, dass ich ihr nichts dergleichen gesagt hatte. Und das stimmte auch. Denn sie hatte es von Marshall erfahren. Nicht von mir.
    »Deshalb bist du also vorbeigekommen?«, fragte ich. »Um mir zu erzählen, dass du mit meinem Freund ins Bett gehst?«
    »Du hast von ihm nie als von deinem festen Freund gesprochen«,konterte sie, wies vorwurfsvoll mit dem Finger auf mich. »Nie. Du hast bloß gemeint, ihr hättet da so was Lockeres am Laufen, so eine Art
Arrangement
. Ich wollte es dich einfach nur wissen lassen, aus Nettigkeit.«
    »Von mir aus brauchst du nicht nett zu mir zu sein«, sagte ich in scharfem Ton.
    »Schon klar«, antwortete sie. Am oberen Ende der Treppe konnte ich Rogerson

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