About Ruby
sie und legte den Rückwärtsgang ein, wobei der Motor stotternd protestierte. »Man verdient lausig wenig, darf aber so viel Popcorn für lau essen, wie man möchte.«
»Aha.« Womit auch der Geruch nach Butter erklärt wäre, der mir gleich aufgefallen war, ohne dass ich weiter groß darüber nachgedacht hätte.
Olivia bog ab, fädelte sich auf der Hauptstraße in den Verkehr ein und fuhr Richtung Schnellstraße. Ich war mittlerweile so oft bei Nate oder Jamie mitgefahren, dass ich beinahe vergessen hatte, wie es war, in einem normalen Auto zu sitzen, sprich: einem, das nicht brandneu war, nicht allen möglichen Schnickschnack und keine Extras hatte. Olivias Toyota hatte jede Menge Dellen, die Sitzbezüge waren abgeschabt und fleckig und am Rückspiegel hing an einer Kordel eine von diesen höchst dekorativen Prismascheiben.Der Wagen erinnerte mich an den Subaru meiner Mutter, was mir einen Stich versetzte. Deshalb schob ich den Gedanken rasch beiseite. Richtete meine Aufmerksamkeit stattdessen lieber auf die Zufahrt zur Schnellstraße, die in der Ferne sichtbar wurde und rasch näher kam.
»Also, was geht ab?«, fragte Olivia. Der Auspuff ratterte. Wir erreichten die Schnellstraße, sie wechselte sofort auf die mittlere Spur.
»Inwiefern?«
»Bei dir.«
»Nichts.« Ich lehnte mich zurück, stützte meine Füße am Rand des Handschuhfachs ab.
Sie warf mir, vielmehr meinen Füßen, einen vielsagenden Blick zu. Ich stellte sie wieder auf den Boden. »Das heißt, du schwänzt einfach mal bloß so die Schule?«, bohrte sie nach.
»So ungefähr.«
Wir waren schon fast da, fuhren gerade an einer Ausfahrt vorbei. Die nächste würde sie nehmen müssen, um zur Jackson zu gelangen. »Dir ist hoffentlich klar, dass du nicht einfach auf dem Schulgelände auftauchen und abhängen kannst«, meinte sie. »Die sind nicht so durchorganisiert wie an der Perkins Day, trotzdem werden sie dich rausschmeißen.«
»Ich komme nicht mit bis aufs Schulgelände«, antwortete ich.
Fünf Minuten später fuhren wir über den Hügel und meine alte Schule kam in Sichtweite. Jackson High – riesig, weitläufig, jede Menge Gebäude und Bürocontainer. Ich merkte, wie ich mich entspannte. Nachdem ich mir seit Wochen wie Falschgeld vorgekommen war – in der Schule, daheim –, tat es gut, etwas Altvertrautes, Wohlbekannteswiederzusehen. Olivia hielt vor der Hauptzufahrt an, wo ein paar abgewetzte Plastikbänke standen. Auf der hintersten saß ein untersetztes, schwarzes Mädchen mit kurzem Haar und Brille. Als sie uns bemerkte, erhob sie sich gemächlich, schlurfte auf uns zu.
»Schau sich das einer an«, sagte Olivia vernehmlich und kurbelte ihr Fenster runter. »Da hätte wohl jemand auf jemanden hören sollen, als es hieß, es sei vielleicht doch keine so gute Idee, gleich zwei Kilometer zu rennen.«
»Es liegt nicht am Laufen«, grummelte das Mädchen, öffnete die hintere Tür, ließ sich schwerfällig auf der Rückbank nieder. »Ich glaube, ich habe die Grippe.«
»In sämtlichen Büchern steht, man soll es langsam angehen lassen«, fuhr Olivia ungerührt fort. »Was aber für dich nicht gilt. Du musst gleich am ersten Tag lossprinten.«
»Halt die Klappe und gib mir das Aspirin, okay?«
Olivia verdrehte die Augen, griff über mich hinweg, öffnete das Handschuhfach, holte ein Tablettenfläschchen raus, warf es über die Schulter nach hinten. »Das ist übrigens Laney.« Mit einem Knall schloss Olivia das Handschuhfach wieder. »Sie glaubt, sie könnte einen Marathon laufen.«
»Es geht nur um fünftausend Meter«, meinte Laney. »Und wie wär’s mit ein bisschen Unterstützung?«
»Ich unterstütze dich doch.« Olivia drehte sich auf ihrem Sitz um. »Ich unterstütze dich so sehr, dass ich die Einzige bin, die dir sagt, es sei keine gute Idee. Dass es dir möglicherweise
nicht
guttun könnte.
Möglicherweise
.«
Laney warf ihr bloß einen Blick zu. Schluckte zwei Aspirin, schraubte den Deckel wieder drauf. »Ein bisschen was auszuhalten gehört dazu«, meinte sie. »Deshalb nennt man es auch Ausdauersport.«
»Du hast doch keine Ahnung von Ausdauer!« Nun wandte Olivia sich mir zu. »Da sieht sie einmal im Fernsehen diese Verrückte, diese Kiki Sparks, in so einer bescheuerten Werbesendung. Die Frau erzählt was von Raupen und Schmetterlingen und Potenzial, und dass man sich Trainigsziele setzen sollte. Und schwups hält die junge Dame dort sich für Lance Armstrong.«
»Lance Armstrong ist Radfahrer.« Laney
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