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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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Grundschulalter kam auf uns zu. Drei liefen vor ihr her, der Rest trödelte hinterdrein. Ein Junge hielt völlig vertieft seinenGameboy in der Hand, achtete überhaupt nicht darauf, wohin er trat; trotzdem gelang es ihm, ohne zu stolpern über die Bordsteinkante zu steigen   – alle Achtung! Die Frau, die ungefähr Mitte vierzig war, trug einen hüftlangen grünen Pullover und eine enorme Handtasche. Vor dem Fenster des Kassenhäuschens blieb sie stehen, hob den Kopf, begann die Liste mit den Filmen zu studieren.
    »Mama.« Eins der Kinder, ein Mädchen mit Zöpfen, zerrte an ihrem Ärmel. »Ich will Smarties.«
    »Keine Süßigkeiten«, murmelte die Frau, ohne ihren Blick von der Liste abzuwenden.
    »Du hast es versprochen!«, sagte das Mädchen in einem Ton kurz vorm Quengeln. Auf der anderen Seite stand nun eins der jüngeren Kinder, ein kleiner Junge, zerrte und zupfte ebenfalls. Die Frau streckte geistesabwesend die Hand aus, wuschelte ihm übers Haar. Er klammerte sich an ihr Bein.
    »Jaaa!« Der Junge mit dem Gameboy hüpfte jubelnd auf und ab. »Ich bin auf Ebene fünf angekommen, die mit den Kirschen!«
    Olivia warf mir einen vielsagenden Seitenblick zu. Beugte sich vor, drückte den Knopf neben dem Mikrofon. »Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.
    »Ja also . . .« Die Frau blickte immer noch auf die große Anzeigentafel über den Kassenhäuschen. »Ich möchte . . . fünf Kinder und eine Erwachsene für ›Brezelhund Teil zwei‹.«
    Olivia tippte das Gewünschte in die Kasse. »Macht sechsunddreißig Dollar.«
    »Sechsunddreißig?«, fragte die Frau. Sah uns dabei zum ersten Mal an. Das Mädchen zog schon wieder an ihrem Arm. »Trotz Kinderermäßigung? Wirklich?«
    »Ja.«
    »Der reine Irrsinn. Wir wollen doch bloß ins Kino.«
    »Ich weiß genau, wie das ist«, antwortete Olivia lakonisch, drückte ein paar Male auf den Knopf, um die Eintrittskarten auszudrucken, legte jedoch flach ihre Hand darauf, solange die Frau in ihrer gigantischen Handtasche herumwühlte. Was seine Zeit dauerte. Doch schließlich gelang es ihr, zwei Zwanziger herauszufischen. Erst dann schob Olivia die Karten mitsamt dem Wechselgeld in ihre Richtung. »Viel Spaß.«
    Die Frau brummte nur etwas Unverständliches, schlang den Griff der Handtasche über die Schulter und marschierte mit den Kindern im Schlepptau in die Lobby. Olivia seufzte, lehnte sich zurück, räkelte sich ausgiebig. Rasch hintereinander fuhren zwei Kleinbusse auf den Parkplatz vor dem Kino.
    »Ich weiß genau, wie das ist«, murmelte ich und musste plötzlich an meine Mutter denken. Wie sie mit ihrem Klemmbrett vor unzähligen Haus- und Wohnungstüren gestanden hatte. Ich blickte auf, Olivia an: »Das hat meine Mutter auch immer gesagt.«
    »Es hilft, Verständnis zu zeigen«, erwiderte sie. »Außerdem hat die Frau ja recht. Es
ist
teuer. Andererseits verdienen wir hier das meiste Geld sowieso mit dem Getränke- und Snackverkauf. Aber sie schmuggelt jede Menge Zeugs für die kleinen Hosenscheißer mit rein. Insofern gleicht es sich wieder aus.«
    Ich drehte mich um und sah die Frau gerade noch mit ihrer Brut in dem Saal verschwinden, in dem der Film gezeigt werden würde. »Meinst du wirklich?«
    »Logo. Hast du nicht ihre Handtasche gesehen?« Olivia streckte die Hand aus, nahm sich etwas Popcorn aus meinerTüte. Ich hatte es noch nicht angerührt, was ihr nun offensichtlich auffiel, denn sie fragte prompt: »Was ist los? Zu viel Butter?«
    Ich schüttelte den Kopf, betrachtete das Popcorn. »Nein, alles okay.«
    »Das will ich ja wohl meinen. Werd mir bloß nicht auf einmal kompliziert.«
    Mittlerweile stiegen Leute aus den Minibussen aus, Türen wurden geöffnet, Sitze leerten sich. Seufzend warf Olivia einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Ich bin eigentlich nicht wegen des Popcorns hergekommen«, sagte ich. »Sondern weil ich . . . ich wollte mich bei dir bedanken.«
    »Hast du schon«, antwortete sie.
    »Nein.« Ich musste das einfach richtigstellen. »Ich hab’s versucht, sogar zweimal. Aber du hast immer abgeblockt. Was ich ehrlich gesagt nicht kapiere.«
    Wieder streckte sie die Hand nach dem Popcorn aus, nahm sich etwas. »Weil es keine große Sache ist, echt.« Beim Sprechen blickte sie einem ganzen Pulk Eltern und Kinder entgegen, die sich dem Kassenhäuschen näherten. »Du hast was für mich getan, ich habe etwas für dich getan. Wir sind quitt. Vergiss es einfach.«
    Was leichter gesagt war als getan, wie mir auffiel, als ich darüber

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