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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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erledigen hast, an irgendeinem Punkt Gervais ins Spiel?«
    »Nein.«
    Ich überlegte kurz. »Einverstanden«, sagte ich und klappte mein Mathebuch zu. »Ich bin dabei.«
    ***
    »Einen Moment noch«, meinte er, während wir die Stufen zum Eingang eines kleinen Backsteinhauses hochliefen, vor dem eine Fahne mit einer Wassermelone darauf im Wind flatterte. »Bevor wir reingehen, muss ich dich warnen. Wegen des Geruchs.«
    »Geruch?«, fragte ich. Doch mein Fragezeichen verwandelte sich in dem Moment, da er die Tür entriegelt und geöffnet hatte, in ein dickes, fettes Ausrufezeichen.
Hilfe
!, dachte ich, als der Gestank mich unvermittelt von allen Seiten gleichzeitig anwehte. Er war wie Nebel: Selbst wenn man mitten hindurchging, hörte er nicht auf, um einen herumzuwabern.
    »Keine Panik«, sagte Nate, ohne sich zu mir umzudrehen.Beim Sprechen durchquerte er das Wohnzimmer, ging an einem Sofa vorbei, auf dem eine bunte Patchworkdecke lag, in die sonnenbeschienene Küche dahinter. »Du gewöhnst dich schnell daran. Bald fällt er dir nicht einmal mehr auf.«
    »Was
ist
das?«
    Doch noch während ich im Durchgang stehen blieb und wartete   – Nate war in der Küche verschwunden   –, erhielt ich die Antwort auf meine Frage. Es ging damit los, dass mich plötzlich ein sehr seltsames, zunehmend gruseliges Gefühl beschlich, während mir gleichzeitig dämmerte, dass ich beobachtet wurde.
    Ich hatte kaum die Katze auf der Treppe   – ein dickes, fettes Tigerexemplar mit grünen Augen   – entdeckt, die mich gelangweilt betrachtete, da bemerkte ich außerdem die graue unter dem Garderobenständer rechts von mir, die schwarze, die sich auf der Sofalehne zusammengerollt hatte, und die langhaarige weiße, welche sich auf dem Perserteppich davor räkelte. Sie waren einfach überall.
    Ich suchte und fand Nate auf einer überdachten Veranda hinter der Küche, wo fünf Katzenboxen nebeneinander auf einem Tisch standen. An jeder klebte, mit Tesa befestigt, das Polaroid einer Katze, und unter jedem Bild stand in ordentlichen Druckbuchstaben ein Name: »RAZZY.   CESAR.   BLU.   MARGIE.   LYLE«.
    »Ist das hier eine Art Tierheim?«, erkundigte ich mich.
    »Sabrina nimmt die Katzen bei sich auf, für die kein neues Zuhause gefunden wird.« Er nahm zwei der Boxen, trug sie ins Wohnzimmer. »Du weißt schon, die kranken und alten. Die ungewollten und verlassenen.« Er nahm sich eins der Polaroids   – es zeigte eine dünne, graue Katze: das war also RAZZY   – und blickte sich suchend im Zimmer um. »Hast du sie irgendwo gesehen?«
    Nun ließen wir gemeinsam unsere Blicke durch den Raum wandern. An Katzen fehlte es nicht, doch von einer dünnen grauen keine Spur. »Ich schaue mal oben nach«, meinte Nate. »Würdest du bitte nachsehen, wo die anderen stecken? Orientier dich einfach anhand der Fotos an den Boxen.«
    Er verließ das Zimmer, trabte die Treppe hoch. Im nächsten Moment hörte ich ihn pfeifend im oberen Stockwerk herumlaufen; die Dielen knarrten unter seinem Gewicht. Ich betrachtete die Boxen und die Fotos und entdeckte plötzlich eine der darauf abgebildeten Katzen, eine schwarze mit gelben Augen   – LYLE   –, die auf einem Stuhl in der Nähe lag und mich träge beobachtete. Als ich die Box hochhob, klappte das Polaroid um. Auf der Rückseite klebte ein gelber Notizzettel.
    Lyle muss insgesamt gründlich untersucht werden. Bitte auch Blut abnehmen, damit wir wissen, wie das Medikament gegen seinen Krebs anschlägt. Wenn Dr.   Loomis den Eindruck hat, dass es nichts nützt, richte ihr bitte aus, sie soll mich auf dem Handy anrufen, damit wir besprechen können, ob man noch mehr tun kann. Oder ob ich nur noch darauf achten soll, dass er es möglichst schön hat und möglichst wenig leidet.
    »Armer Kerl«, sagte ich und hielt ihm die Box mit geöffneter Tür direkt vor die Schnauze. »Steig ein, okay?«
    Pustekuchen. Im Gegenteil, als ich ihn anstupste, fuhr er die Krallen aus und versetzte mir einen ordentlichen Hieb.
    Ich ließ die Box auf den Boden fallen; die geöffnete Tür klapperte laut. Als ich meine Hand betrachtete, konnte ich die Kratzer deutlich erkennen. Kleine Blutstropfen quollen an verschiedenen Stellen hervor. »Mistvieh!«, zischte ich. Er glotzte mich so ungerührt an, als hätte er sich nicht von der Stelle gerührt.
    »Ach du meine Güte«, meinte Nate, der in diesem Moment um die Ecke kam. Unter jedem Arm trug er eine Katze. »Du warst hinter Lyle her?«
    »Du hast gesagt, ich soll

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