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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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wir nun in unserer Eingangshalle. Wechselseitig unsicheres Schweigen. Bis ich schließlich sagte: »Nun, wir sind irgendwie noch mittendrin, deshalb   –«
    »Hast du das Gefühl, du bist ausreichend auf deine nächste große Matheprüfung vorbereitet?«
    Ich starrte ihn an. »Bitte was?«
    »Deine nächste Prüfung. Sie ist im März und zählt am Ende, bei deiner Abschlusszensur, zu fünfzig Prozent mit.«
    »Woher weißt du das?«
    »Bist du gut genug vorbereitet?«
    Ich hörte Coras Lachen aus dem oberen Stockwerk. Ein positives Zeichen, uff. »Wie würdest du ›gut genug vorbereitet sein‹ definieren?«, fragte ich.
    »Eine Eins minus schaffen. Mindestens.«
    »Nein.« Was, wie ich zu meinem Bedauern gestehen muss, absolut der Wahrheit entsprach. Obwohl ich wie eine Blöde paukte, war Mathe immer noch das Fach, das mich total fertigmachte: von null auf Panik in weniger als dreißig Sekunden.
    »In dem Fall solltest du meine Hilfe annehmen«, sagte Gervais.
    »Du willst mir helfen?«
    »Ich bin gut in Mathe, sogar sehr gut.« Er schob seine Brille ein Stückchen höher. »Nicht nur, wenn ich selber Aufgaben löse, sondern auch beim Erklären. In meinem Seminar an der Uni sind zwei Leute, denen ich zurzeit Nachhilfegebe. Und dabei geht es um die Differenzialrechnung, mit der man sich beim Studium beschäftigt, nicht um den luschigen Kinderkram, mit dem ihr an der Schule rumspielt.«
    Luschiger Kinderkram
, dachte ich. Er hatte sich doch noch nicht völlig verändert. »Das ist ein sehr großzügiges Angebot«, antwortete ich. »Aber ich denke, ich komme allein klar.«
    »Das ist kein Angebot, sondern ein Vorschlag«, erwiderte er.
    Plötzlich sah ich ihn wieder ganz deutlich vor mir, an jenem Morgen in Nates Auto, an der Tankstelle, als er die Luft so komisch laut eingesogen hatte. Oder wie er mich während der Mittagspause auf dem Schulhof anstarrte. Oder wie schräg er reagiert hatte, als wir uns zufällig vor dem
Vista
trafen.
Hilfe
!, dachte ich. Denn endlich begriff ich es. Nate hatte recht. Er
mochte
mich. Sogar sehr! Das hatte mir gerade noch gefehlt. Ich trat halb an ihm vorbei, um die Haustür wieder zu öffnen. »Du bist echt ein netter Junge, Gervais«, begann ich, »aber   –«
    Er quatschte einfach dazwischen: »Es ist wegen Olivia.«
    Ich unterbrach mich mitten im Satz. War mir nicht sicher, ob ich richtig gehört hatte. »Bitte was?«
    Er räusperte sich. Wurde rot. »Olivia Davis«, sagte er. »Du bist doch mit ihr befreundet, oder etwa nicht?«
    »Ja«, erwiderte ich zögernd. »Warum?«
    »Darum«, antwortete er. Räusperte sich noch einmal. »Ich . . . äh . . . mag sie. Also irgendwie . . . ein bisschen . . .«
    »Du magst
Olivia
?!«
    »Nicht, was du jetzt denkst«, entgegnete er hastig. »Ich finde nur . . .«
    Ich wartete. Eine Ewigkeit schien zu vergehen.
    ». . . ich wäre auch gern mit ihr befreundet«, sagte er schließlich.
    Ich musste zugeben, das war irgendwie süß. Und verblüffend. Weshalb ich noch einmal fragte: »Warum?«
    Und er noch einmal sagte: »Darum.« Als wäre es sonnenklar, bedürfte keiner weiteren Erklärung. Als er merkte, dass dem nicht so war, fügte er hinzu: »Sie redet mit mir.«
    »Sie redet mit dir.« Ich klang wie ein Papagei, sogar in meinen eigenen Ohren.
    Er nickte. »Ja, wie zum Beispiel im Kino. Oder wenn wir uns in der Schule auf dem Flur treffen. Sie sagt immer Hallo. Das macht sonst kein Mensch. Außerdem steht sie auf dieselben Filme wie ich.«
    Ich sah auf ihn hinunter, wie er da vor mir stand, in seinem dicken Mantel, mit der dicken Brille. Klar war er nervig, aber er hatte es garantiert auch nicht leicht. Egal wie schlau man ist   – es gibt jede Menge Zeug, das man nicht aus Büchern lernen kann. »Dann seid ihr Freunde«, sagte ich. »Dazu brauchst du doch mich nicht.«
    »Doch«, erwiderte er. »Ich kann nicht einfach zu ihr hinmarschieren und mich mit ihr unterhalten. Aber wenn ich dir in der Mittagspause bei Mathe helfen würde oder so, könnte ich mit euch abhängen. Ganz unauffällig.«
    »Gervais«, begann ich gedehnt. »Ich finde das echt nett von dir . . .«
    »Bitte sag nicht Nein!«
    ». . . aber auch ein bisschen link.«
    Er schüttelte vehement den Kopf. »Stimmt gar nicht! Außerdem mag ich sie wirklich nicht
so
. Ich möchte einfach bloß mit ihr befreundet sein.«
    »Trotzdem wäre es so, als würde ich sie verkuppeln. Alsozumindest wäre es nicht ganz ehrlich. Und Freunde machen so etwas nicht.«
    Nie im Leben hätte ich

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