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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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seufzte versonnen. Lächelte mich an, fragte: »Ist der Rest eurer Familie auch hier? Ich würde mich freuen, eure Mutter kennenzulernen.«
    »Äh«, sagte ich, »also im Prinzip   –«
    Cora fiel mir ins Wort: »Wir haben momentan keinen richtigen Kontakt zu ihr. Dafür sind wir umso glücklicher, so viele nette Freunde zu haben, die uns heute besuchen. Wie du zum Beispiel. Möchtest du noch etwas Wein?«
    »Oh.« Barbara blickte erst auf ihr Glas, dann uns an. »Ja, warum nicht? Danke, das wäre nett.«
    Cora nahm ihr höflich das Glas aus der Hand   – lächelte, lächelte ununterbrochen   – und reichte es an mich weiter, wobei sie ihre andere Hand sanft, aber unmissverständlich auf meinen Rücken legte. Ich kapierte sofort, was sie wollte, und verließ die beiden, blickte mich aber noch einmal zuihnen um. Barbara redete auf meine Schwester ein, gestikulierte dabei ausgiebig. Cora nickte zwar eifrig, sah dabei jedoch nicht Barbara an, sondern mich.
Ganz schön abgebrüht
, dachte ich. Allerdings lebte sie schon wesentlich länger von meiner Mutter getrennt als ich. Übung macht eben den Meister.
    Mit dem Weinglas in der Hand schob ich mich durchs Gewühl, denn es war, seit ich mich das letzte Mal um Eis und Musik gekümmert hatte, noch viel voller geworden. Jamie stand nach wie vor in der Eingangshalle, öffnete die Tür, wenn es klingelte, begrüßte die Leute, nahm Mäntel entgegen. Irgendwann gelang es mir tatsächlich, mich in den Bereich vorzuarbeiten, wo die Getränke aufgebaut waren, damit ich den gewünschten Wein nachschenken konnte.
    Da hörte ich plötzlich, wie Jamie ausrief: »Makronen! Aber das wäre doch nicht nötig gewesen.«
    Ich fuhr herum. Und richtig: Da stand Nate, Hände in den Taschen, in Jeans und einem blauen Hemd mit Kragen. Sein Vater neben ihm reichte Jamie gerade seine Jacke und registrierte zufrieden, wie er sich über das Mitbringsel freute. »Aus Belgien importiert«, verkündete Mr Cross. »Wir haben uns richtig in Unkosten gestürzt.«
    »Das glaube ich euch gern«, antwortete Jamie und schlug Nate freundschaftlich auf die Schulter. »Kann ich euch etwas zu trinken anbieten? Womit vergiftest du dich am liebsten, Blake? Es gibt Bier, Whiskey, Wein . . .«
    Beim Sprechen zeigte er Richtung Bar. Wie auf Kommando drehten sich alle drei um. Nates und meine Blicke trafen sich. Mr Cross hob die Hand, winkte mir zu, aber ich nahm rasch das Glas mit dem Wein und mischte mich wieder unter die Leute.
    Als ich die Stelle erreichte, wo ich Cora und Barbarazurückgelassen hatte, waren sie allerdings nirgends zu sehen. Stattdessen standen dort bloß ein paar von Jamies UMe-Mitarbeitern herum   – man erkannte sie sofort an ihren teuren Jeans, Retro- T-Shirts und Brillen, die so spießig waren, dass es wieder cool aussah   – und unterhielten sich über Apple-Computer. Ich drehte mich langsam um mich selbst, versuchte, Barbara im Getümmel zu entdecken. Doch stattdessen stand ich plötzlich Nate gegenüber.
    »Hallo«, meinte er. »Schöne Weihnachten.«
    Ich schluckte. Atmete tief durch. »Schöne Weihnachten.«
    Eine Pause entstand. Die sich zu einem sehr langen, verlegenen Schweigen ausweitete. Es war still   – obwohl hinter uns jemand laut lachte.
    »Ich habe dir etwas mitgebracht.« Nate zog ein in Geschenkpapier eingewickeltes Päckchen aus seiner hinteren Hosentasche.
    »Lass mich raten«, sagte ich. »Makronen.«
    Er schnitt eine gequälte Grimasse. »Nein.« Hielt mir das Päckchen hin. »Mach auf.«
    Ich betrachtete mein Geschenk, in rotes Papier mit Weihnachtsbaummuster verpackt, ohne es jedoch an mich zu nehmen. Dachte daran, wie ich Heiligabend mit meiner eigenen, kleinen Aufmerksamkeit vor seiner Haustür gestanden hatte. »Weißt du was?« Ich wies mit dem Kinn auf das gefüllte Weinglas in meiner Hand. »Eigentlich müsste ich   –«
    »Man sollte mit dem Geschenke-Aufmachen nie zu lange warten.« Nate nahm mir das Weinglas aus der Hand, stellte es irgendwo in der Nähe ab. »Vor allem, wenn es sich um ein sowieso schon verspätetes Geschenk handelt.«
    Da ich nun mit leeren Händen dastand, blieb mir gar nichts anderes mehr übrig, als das Päckchen entgegenzunehmen.Ich drehte es um, fuhr mit dem Finger unter dem Klebeband entlang. Zwei Frauen gingen angeregt plaudernd an uns vorbei, ihre hohen Absätze klapperten über den Fußboden. Das Papier klappte auseinander. Ein T-Shirt kam zum Vorschein, auf dem in der mir bereits vertrauten Schrift   – große

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