About Ruby
dann kommen Pralinen, vielleicht ein paar Luftballons. Das hier wäre danach dran, aber auf jeden Fall vor dem Essen. Die Reihenfolge habe ich noch nicht hundertprozentig festgelegt.«
»Aha«, meinte ich düster, setzte mich ihm gegenüber, schnappte mir aufs Geratewohl eine CD von Bob Dylan, betrachtete abwesend das Cover.
Er warf mir einen aufmerksamen Blick zu. »Was ist los? Und erzähl mir nicht, du hast was gegen den Valentinstag. Den mag doch eigentlich jeder.«
Ich überlegte kurz, ob ich widersprechen sollte, doch weil Jamie über Thanksgiving, Weihnachten und Silvester dasselbe gesagt hatte, war mir klar, dass das sowieso sinnlos gewesen wäre. »Ja, schon, aber ich komme irgendwie nicht weiter«, antwortete ich deshalb. »Ich würde gern etwas für jemanden besorgen . . .«
»Nate.« Jamie drückte ein paar Tasten auf seinem Laptop. Ich hob den Kopf, schaute ihn an. »Komm, Ruby, sooo blöd sind wir nun auch wieder nicht. Außerdem kann man von sehr vielen Fenstern des Hauses aus den Teich sehen, sogar bei Dunkelheit.«
Ich biss mir leicht verlegen auf die Unterlippe, drehteund wendete die C D-Hülle in meiner Hand. »Jedenfalls soll es was Besonderes sein«, meinte ich. »Aber mir fällt einfach nichts ein.«
»Wahrscheinlich denkst du zu angestrengt darüber nach«, meinte er. »Die besten Geschenke kommen von Herzen, nicht aus irgendeinem Geschäft.«
»Und das sagt ausgerechnet der Mann, der ganze Valentingstag-Phasen kauft.«
»Das hier kaufe ich nicht«, betonte er und deutete auf den Laptop. »Okay, die CDs habe ich käuflich erworben. Aber die Idee kommt von Herzen.«
»Und worin besteht die Idee?«
»Alle Lieder, die Cora gerne singt, auf einer CD.« Er schien richtig stolz darauf zu sein. »War nicht leicht in die Tat umzusetzen, das kann ich dir flüstern. Erst habe ich mir eine Liste gemacht, dann versucht, die Songs online aufzutreiben oder in diversen Plattenläden. Für die ganz unbekannten oder seltenen musste ich mich an einen Typen wenden, den einer meiner Mitarbeiter aus so einem Seminar kennt, in dem es darum geht, wie man seine Wut in den Griff bekommt. Na ja, egal, jedenfalls scheint der Mann ein echter Musikfreak zu sein. Und inzwischen habe ich sie tatsächlich alle beisammen: ›Wasted Time‹, ›Frankie and Johnny‹, ›Don’t Think Twice, It’s All Right‹ . . .«
»›Angels from Montgomery‹«, ergänzte ich leise.
»Genau!« Er strahlte. »He, dass mir das nicht früher eingefallen ist – du kannst mir bestimmt helfen. Wirf doch bitte mal einen Blick auf meine Liste und schau nach, ob noch irgendetwas fehlt.«
Er schob ein Blatt Papier zu mir herüber. In ordentlichen Druckbuchstaben standen dort all die Lieder, die meine Mutter mir immer vorgesungen hatte. Wie vertraut mir dieTitel waren . . . Ich überflog sie. Sagte schließlich: »Nein, das scheinen so ziemlich alle zu sein.«
»Super.« Jamie nahm die CD aus seinem Laptop, legte sie auf die Küchentheke. Ich schob meinen Stuhl zurück, stand auf. »Wo willst du hin?«
»Einkaufen.« Ich hängte mir meine Tasche um. »Ich muss das ultimative Supergeschenk finden.«
»Wirst du auch«, antwortete er. »Denk einfach mit dem Herzen. Wenn du da anfängst, kannst du am Ende gar nicht falschliegen.«
Doch meine Zweifel blieben bestehen, wurden im Prinzip sogar noch stärker, nachdem ich im Einkaufszentrum angekommen war, wo es von Herzen nur so wimmelte: in Form von Ballons und Keksen; auf T-Shirts , denen man durch Namensaufdruck immerhin eine individuelle Note verleihen konnte; mit Pralinen gefüllte Herzen; Herzen, die von flauschigen Teddybären gehalten wurden . . . Ich klapperte mehr als ein Dutzend Geschäfte ab, konnte aber nichts finden, das auch nur annähernd für Nate gepasst hätte.
»Ich persönlich halte Valentinstag für absoluten Schwachsinn«, sagte Harriet, als ich mich nach ungefähr einer Stunde total kaputt auf den Hocker neben ihrer Kasse setzte, weil ich dringend eine Pause brauchte. »Eine reine Erfindung der Grußkartenindustrie. Wenn man jemanden wirklich liebt, sollte man das sowieso jeden Tag zeigen, nicht bloß einmal im Jahr.«
»Trotzdem hast du nichts dagegen, für den Valentinstag eine Sonderverkaufsaktion zu starten«, ertönte es von Reggie aus seinem Vitaminlädchen. »Wie war das? Alle Armbänder und eine Auswahl aus unserem Ringsortiment? Zwei zum Preis von einem?«
»Warum nicht?«, konterte sie. »Ich bin Geschäftsfrau.Solange es diesen bescheuerten Tag
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