Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
Vom Netzwerk:
wir eingezogen waren. Wir haben ihn eingeladen, wie man es unter Nachbarn eben so macht. Einfach mal einen zusammen trinken. Doch ehe ichs mich versah, kaute er mir das Ohr ab, erzählte mir eine lange traurige Geschichte, wie viel Pech er finanziell gehabt hätte. Alles nicht seine Schuld, natürlich. Und dass sich mit seinem neuen Unternehmen das Blatt garantiert zum Guten wenden würde. Wie sich herausstellte, meinte er damit seinen Hilfsarbeiten- und Botengängeservice.«
    Roscoe trottete aus der Waschküche. Er hatte gerade eines seiner zahlreichen, geliebten Nickerchen hinter sich. Als er uns bemerkte, gähnte er, lief schnurstracks zur Hundeklappe, hoppelte hindurch.
Flatsch
machte die Hundeklappe, und Roscoe war draußen.
    »Hast du das gesehen?«, meinte Jamie begeistert. »Dinge
können
sich ändern!«
    »Sehr beeindruckend«, pflichtete ich ihm bei.
    Wir sahen gemeinsam zu, wie Roscoe über die Wiese zu einem Baum lief, das Bein hob und pinkelte. Wahrscheinlichwar selten jemand so stolz auf etwas gewesen wie Jamie in diesem Moment auf Roscoe. (Und Roscoe vielleicht auch auf sich selbst . . .) Doch dann kehrte Jamie zu seinem ursprünglichen Thema zurück: »Letztendlich habe ich ihm einen Scheck ausgestellt, mich also tatsächlich in seine Firma eingekauft. Kein großer Betrag, wirklich nicht, aber als deine Schwester davon erfuhr, rastete sie aus.«
    »Cora?«
    »Ja«, antwortete er. »Aus irgendeinem Grund kam er ihr von Anfang an nicht koscher vor. Sie behauptet, es liege daran, dass er immer und ausschließlich über Geld redet. Doch das tut mein Onkel Ronald auch, und ihn vergöttert sie geradezu. Verstehe das, wer will.«
    Ich zum Beispiel. Ich verstand ziemlich genau, warum Cora Mr Cross nicht leiden konnte. Auch wenn sie selbst, hätte man sie darauf angesprochen, es wahrscheinlich nicht hätte erklären können.
    »Jedenfalls glaube ich, dass Blake mittlerweile wieder ziemlich am Knapsen ist. Seit Thanksgiving   – als ich ihn fragte, ob wir seinen Backofen benutzen dürften   – liegt er mir mit dieser neuen Idee in den Ohren: ein System, wie man Rechnungen stellt, damit dafür gesorgt ist, dass sie automatisch bezahlt werden. Doch um das zu verwirklichen, braucht er ein gewisses Startkapital, das er nicht hat. Ich halte ihn immer wieder hin, aber der Mann ist extrem hartnäckig. Wahrscheinlich denkt er, er kriegt mich auf jeden Fall irgendwann rum, weil ich eben ein gutmütiger Idiot bin.«
    Olivia hatte genau dieselben Worte benutzt, an dem Samstagmorgen, als wir zusammen vor dem Kino auf der Bordsteinkante gehockt hatten. »Du bist kein Idiot. Sondern einfach nur nett. Weil du den Menschen nicht von vornherein das Schlechteste unterstellst.«
    »Aber am Ende gucke normalerweise ich in die Röhre«, erwiderte er. Das Telefon begann erneut zu klingeln. Wir blickten gleichzeitig aufs Display: CROSS, BLAKE.   Außerdem blinkte das Licht am Anrufbeantworter   – er hatte also bereits eine Nachricht hinterlassen. »Andererseits«, fuhr Jamie fort, »gibt es auch Leute, die meine Erwartungen im Positiven übertreffen. Du zum Beispiel.«
    »Heißt das, du stellst mir jetzt auch einen Scheck aus?«, frotzelte ich.
    »Nö«, konterte er trocken. Ich grinste. »Aber ich bin stolz auf dich, Ruby. Du hast dich echt super gemacht. Dabei war der Weg bis dahin lang und steinig.«
    Später am Abend, oben in meinem Zimmer, dachte ich über diese Bemerkung nach. Die Vorstellung, dass man eine Entfernung überwindet, um etwas zu erreichen. Je weiter man kommt, umso mehr gibt es, worauf man stolz sein kann. Andererseits muss man erst einmal zurückliegen, damit man diesen langen, steinigen Weg überhaupt antreten und bewältigen kann. Aber letztlich ist es vielleicht vollkommen egal, wie man wo hinkommt, und es zählt ausschließlich, dass man es geschafft hat.
    ***
    Mädchen in der Mittelstufe bewegen sich nur im Rudel durch die Welt. Die Erfahrung hatte ich jedenfalls gemacht. Und dass man ihnen, sobald man sie kommen sah, am besten aus dem Weg ging, nach dem Motto: Rette sich, wer kann.
    »Schaut mal, Leute! Das sind die Teile, von denen ich euch erzählt habe«, rief eine Brünette in Pink aus; sie trug tatsächlich von Kopf bis Fuß Pink und schien die Anführerin der kleinen Clique zu sein, die gerade Harriets Boutiquestürmte und zielsicher auf die Schlüsselcolliers zusteuerte. »Wahnsinn. Genau so eins hat die Freundin meines Bruders, das mit den pinkfarbenen Steinen. Ist das nicht

Weitere Kostenlose Bücher