About Ruby
megacool?«
»Mir gefällt das mit den Diamanten«, sagte eine mollige Blondine, die eine Art Lederhose trug. »Das finde ich am schönsten.«
»Das sind keine Diamanten«, widersprach Miss Pink. Ihre beiden anderen Freundinnen – Zwillinge, wie es aussah, denn sie hatten exakt dasselbe rote Haar und sahen sich auch sonst sehr ähnlich – wandten sich bereits den Armreifen zu. »Sonst würden die Kette ja eine Million Dollar kosten oder so.«
»Das sind Diamonellen, künstliche Diamanten, die aber ebenso beständig sind und nicht an Glanz verlieren«, erklärte Harriet. »Und die Kette kostet sagenhaft günstige fünfundzwanzig Dollar.«
»Ich persönlich stehe auf reines Silber.« Die Brünette legte sich das Collier mit den pinkfarbenen Schlüsselsteinen um, drapierte es so, dass es sich genau in den V-Ausschnitt ihres Pullovers schmiegte. »Ganz klassisch. Es passt zu meinem neuen, schlichten Look. Klare Linien, kein Schnickschnack. Öko-Chic eben.«
»Öko-Chic?«, fragte ich.
»Umweltfreundlich«, antwortete sie. »Grün. Du weißt schon, nur natürliche Metalle, Steine, bei deren Abbau weder Natur noch Menschen ausgebeutet wurden, alles ganz minimalistisch, aber nachhaltig und mit großer Wirkung. Die Promis fahren voll drauf ab. Liest du keine
Vogue
?«
»Nein.«
Achselzuckend nahm sie die Kette wieder ab und ging zuihren Freundinnen, die sich um die Ringe versammelt hatten und in null Komma nichts das Arrangement auflösten, welches ich gerade in zwanzigminütiger, mühseliger Kleinarbeit hingefummelt hatte. »Findest du nicht, dass sie die Dinger wenigstens wieder an ihren Platz zurücklegen könnten?«, fragte ich Harriet, während wir ohnmächtig zusahen, wie sie einen Ring nach dem anderen ansteckten, wieder abzogen, achtlos irgendwo hinlegten. »Oder wenigstens so tun könnten, als ob?«
Harriet winkte großmütig ab. »Ach, lass sie ruhig ein bisschen Chaos verbreiten. Das ist doch schnell wieder aufgeräumt.«
»Sagt diejenige, die es nicht tun muss.«
Sie blickte mich ein wenig pikiert an, nahm ihren Kaffeebecher von der Ladentheke. »Na schön«, sagte sie gedehnt. »Du hast schlechte Laune. Was ist los?«
»Tut mir leid«, erwiderte ich. Die Mädchen zogen endlich weiter und hinterließen eine Spur verstreuter Ringe in der Auslage. Ich ging hin, begann, sie wieder ordentlich nebeneinander aufzureihen. »Ich glaube, ich bin einfach bloß ein bisschen im Stress.«
»Verständlich.« Harriet stellte sich neben mich, um mir zu helfen. Legte einen Onyxring auf seinen Platz zurück, einen mit einem roten Stein daneben. »Das ist dein letztes Schuljahr, du wartest darauf, von den Colleges zu hören, bei denen du dich beworben hast. Wie es mit dir weitergeht, ist völlig offen. Aber dadurch bräuchtest du dich doch nicht runterziehen oder gar nerven zu lassen. Sondern kannst es als große Chance begreifen, dass du bald dein Nest verlassen wirst und damit die Schutzzone, in der du dich bisher aufgehalten hast.«
Ich unterbrach meine segensreiche Tätigkeit und sah siegrimmig an. Wovon sie sich allerdings überhaupt nicht aus der Ruhe bringen ließ, sondern unbeirrbar fortfuhr, Ringe in Reih und Glied zu arrangieren. »Ich höre wohl nicht recht«, sagte ich.
»Was meinst du?«, fragte sie.
Ich sah sie an. Wartete darauf, dass sie die Zweideutigkeit ihrer Worte bemerkte. Fehlanzeige. »Harriet«, fuhr ich deshalb schließlich fort, »wie lange hing das Schild AUSHILFE GESUCHT da draußen, ehe du mich engagiert hast?«
»Ach so.« Sie deutete verschmitzt mit dem Finger auf mich. »Aber am Ende
habe
ich dich engagiert, oder etwa nicht?«
»Und wie lange hat es gedauert, bis du es geschafft hast, wegzugehen und mich den Laden auch mal allein schmeißen zu lassen?«
»Na gut, zuerst hatte ich meine Bedenken«, räumte sie ein. »Aber du musst zugeben, mittlerweile lasse ich dich ziemlich oft allein, und zwar ohne mir groß vor Angst in die Hose zu machen.«
Ich überlegte, ob ich sie darauf hinweisen sollte, wie verräterisch die Formulierungen »ziemlich oft« und »ohne groß« waren. Verkniff es mir aber und fragte stattdessen: »Und was ist mit Reggie?«
Sie strich mit den Händen über ihre Hose, wandte sich geflissentlich den Schlüsselcolliers zu, drapierte das mit den pinkfarbenen Steinen wieder auf dem Auslagegestell. »Was soll mit ihm sein?«
»Er hat mir von eurem Gespräch an Weihnachten erzählt. Wie hast du dich noch mal genau ausgedrückt? Du seist nicht ›im
Weitere Kostenlose Bücher