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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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gefroren. Auf jeden Fall hatte Cora in meinen Erinnerungen an früher immer an diesem oder jenem herumlaboriert: Mittelohr- oder Mandelentzündungen, Allergien, undefinierbare Hautausschläge, unerklärliche Fieberanfälle. Falls meine Mutter recht hatte und das Ganze durch Stress verursacht wurde, durfte ich mich mit Sicherheit für diese neueste Krankheit verantwortlich fühlen   – was immer es war.
    Unten in der Küche saß Jamie, Handy am Ohr, an der Arbeitsplatte, einen aufgeklappten Laptop vor sich. Als er mich bemerkte, lächelte er und bedeckte die Muschel mit einer Hand: »Hi, ich bin gleich fertig«, meinte er. »Es gibt Cornflakes und alles, was dazugehört, bedien dich einfach, okay?«
    Ich warf einen Blick in die Richtung, in die er deutete. Nahm an, dort eine einzelne Packung und ein bisschen Milch zu sehen. Stattdessen standen da mehrere Schachteln mit Müsli und Ähnlichem, die meisten ungeöffnet, sowie ein Teller Muffins, eine Karaffe Orangensaft und eine große Glasschüssel mit Obstsalat. »Kaffee?«, fragte ich. Er nickte und deutete in die andere Richtung, wo vor einer Kaffeekanne mehrere Becher bereitstanden.
    ». . . ja, aber genau darum geht es.« Beim Sprechen neigte Jamie den Kopf schräg und tippte etwas in seinen Laptop. »Sofern wir das Angebot ernsthaft in Erwägung ziehen, sollten wir ein paar Eckpfeiler für die Verhandlungen markieren. Das wäre wirklich wichtig.«
    Ich ging zur Kaffeekanne, nahm einen Becher und schenkte mir ein. Auf dem Bildschirm von Jamies Laptop erkannte ich die vertraute Homepage von UMe.com, einem Social Network, dem im Lauf des vergangenen Jahres anscheinend jeder, von deiner Lieblingsband bis hin zu deinerGroßmutter, beigetreten war. Ich hatte auch ein Profil dort, es allerdings schon seit geraumer Weile nicht mehr gecheckt, schlicht und einfach, weil ich weder einen PC besaß noch über einen regelmäßigen Internetzugang verfügte.
    »Aber genau darum geht es«, wiederholte Jamie und öffnete eine andere Seite auf dem Bildschirm. »Sie behaupten, sie wollen die ursprünglichen Ziele und Prinzipien nicht verfälschen, denken aber total schematisch und in reinen Konzernstrukturen. Rede einfach mal mit Glen, hör dir an, was er dazu zu sagen hat. Nein, heute Morgen nicht, ich habe etwas zu erledigen. Aber gegen Mittag komme ich rein. Okay. Bis später.«
    Ein Piepsen ertönte, er legte das Handy ab, nahm sich einen Muffin von dem Teller hinter ihm. Gleichzeitig machte es auf dem Monitor
Bing!
, ein vertrautes Geräusch, denn es kündigte eine neue Nachricht im UMe-Postfach an. »Bist du auch bei UMe?«, fragte ich, während ich mich mit meinem Kaffeebecher zu ihm an die Küchentheke setzte. Mein Pullover rollte sich dabei prompt hoch, ich zog ihn automatisch herunter.
    Er warf mir einen kurzen, stummen Blick zu. »Äh . . . ja. Kann man so sagen.« Nickte in Richtung meines Bechers. »Du isst nichts?«
    »Ich mag kein Frühstück«, antwortete ich.
    »Red keinen Unsinn.« Er schob seinen Stuhl zurück, holte zwei Schüsselchen aus einem Küchenschrank in der Nähe, legte einen Zwischenstopp am Kühlschrank ein, öffnete ihn und nahm die Milch heraus. »Als ich klein war«   – während er sprach, kehrte er zu mir zurück und stellte alles auf die Fläche neben mir   – »hat meine Mutter uns jeden Morgen Eier oder Pfannkuchen gemacht. Mit Würstchen oder Bacon und Toast. Muss sein. Hirnnahrung.«
    Ich sah ihn über den Rand meines Kaffeebechers hinweg an, während er sich eine der Schachteln angelte, sie aufriss und etwas von dem Inhalt in eins der Schüsselchen kippte. Dann goss er Milch dazu, füllte das Schüsselchen bis zum Rand, stellte es auf einen Teller, legte einen Muffin dazu und häufte eine gewaltige Portion Obstsalat daneben auf. Ich wollte gerade meine Bewunderung ob seines Appetits am frühen Morgen äußern, da schob er das Ganze zu mir herüber. »Nein«, meinte ich, »ich kann unmöglich   –«
    »Du brauchst nicht alles aufzuessen.« Er schüttete Cornflakes in sein eigenes Schüsselchen. »Nur ein bisschen. Glaub mir, du wirst es brauchen.«
    Ich warf ihm einen argwöhnischen, skeptischen Blick zu, stellte meinen Becher hin, nahm den Löffel und einen Bissen. Er grinste mich vom anderen Ende des Tisches her an, den Mund voller Muffin. »Gut, was?«
    Ich nickte folgsam. Gleichzeitig ertönte ein erneutes
Bing!
aus dem Laptop, unmittelbar gefolgt von einem weiteren. Jamie schien es gar nicht zu bemerken, sondern spießte

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