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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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hörte, die mir von unten zurief, es sei Zeit aufzubrechen, ertappte ich mich plötzlich dabei, wie ich Coras T-Shirt anzog, das eindeutig viel Geld gekostet hatte und mir wie angegossen passte. Und dann natürlich auch ihren Pullover, weich und warm. Auf meinem Weg zur Treppe ins untere Stockwerk   – in Sachen, die mir nicht gehörten, um mich zu einer Schule zu begeben, die ich niemals akzeptieren würde   – blieb ich im Bad stehen, um mich in dem Spiegel dort anzuschauen. Den Schlüssel um meinen Hals sah man nicht, er hing zu weit unter beiden Ausschnitten. Doch wenn ich mich vorbeugte, konnte ich ihn erkennen, obwohl er so tief verborgen war. Außer Sichtweite, aber trotzdem zu finden, sogar wenn ich die Einzige war, die je danach suchen würde.
    ***
    Cora behielt recht. Wir blieben im Stau stecken. Nachdem wir vor jeder roten Ampel zwischen ihrem Haus und der Perkins Day Highschool gestanden hatten, fuhren wir genau in dem Moment auf den Schulparkplatz, als es klingelte.
    Die Besucherparkplätze waren belegt, deshalb bog Jamie mit seinem Wagen   – einem sportlichen kleinen Audi mit Ledersitzen, überhaupt war alles im Inneren aus Leder   – in einen Schülerparkplatz ein. Ich blickte nach links, wo natürlich   – was sonst?   – eine funkelnagelneue Mercedes-Limousine stand. Und rechts von uns ein weiterer Audi, ein feuerrotes Cabrio.
    Mein Magen, der die gesamte Fahrt über hauptsächlichdamit beschäftigt gewesen war, gegen mein Frühstück zu revoltieren, krampfte sich nun deutlich hörbar zusammen. Laut der Uhr am Armaturenbrett war es zehn nach acht; das hieß, dass in einem schwer renovierungsbedürftigen Klassenzimmer ungefähr dreißig Kilometer weit weg Mr Barrett-Hahn, mein Klassenlehrer, gerade damit anfing, in seiner bedächtigen, monotonen Sprechweise die Tagesankündigungen vorzulesen. Und zwar komplett ignoriert von meinen Klassenkameraden, die fünf Minuten später rausschlurfen würden. Der Geräuschpegel würde steigen, sie würden sich durch die Gänge drängeln und schieben, die für eine weit geringere Schülerzahl ausgelegt waren als die, welche sich beim aktuellen Stand der Belegung zur ersten Stunde in der Schule eingefunden hatte. Ob meine Englischlehrerin, Miss Valhalla   – Herrin der hoch sitzenden Jeans und einer endlosen Anzahl Poloshirts in Übergrößen   – wohl wusste, was mit mir passiert war? Oder ging sie wie selbstverständlich davon aus, dass ich die Schule sang- und klanglos aufgegeben hatte, wie so viele ihrer Schäfchen im Verlauf eines Schuljahres? Wir wollten gerade mit
Sturmhöhe
von Emily Brontë loslegen, was   – wie sie versprochen hatte   – im Vergleich zu
David Copperfield
eine enorme Verbesserung wäre. Durch
David Copperfield
hatte sie uns in den vergangenen Wochen geschleppt, als wäre es ein Gang über den Friedhof bei einem Begräbnis. Ich hatte mich die ganze Zeit gefragt, ob sie das bloß behauptete oder ob es tatsächlich stimmte. Jetzt würde ich es nie herausfinden.
    »Bist du bereit, dem Erschießungskommando gegenüberzutreten?«
    Ich fuhr zusammen, kehrte abrupt in die Gegenwart zurück. Jamie hatte die Schlüssel abgezogen und blickte mich erwartungsvoll an, die Hand auf dem Türgriff.
    »Ups, das war nicht gerade feinfühlig formuliert«, meinte er. »Tut mir leid.«
    Er öffnete die Tür. Ich spürte, wie sich mein Magen erneut zusammenkrampfte, zwang mich jedoch, es Jamie gleichzutun. Als ich ausgestiegen war, ertönte wieder ein Klingeln.
    »Zum Sekretariat geht es hier entlang«, sagte Jamie, während wir an den parkenden Autos vorbeiliefen. Er deutete auf einen überdachten Weg zu unserer Rechten, auf dessen anderer Seite eine weite, grüne Fläche sowie dahinter etliche Gebäude sichtbar wurden. »Das ist der Schulhof«, erklärte er. »Darum herum sind die Klassenräume. In den beiden großen Häusern da hinten sind die Aula und die Sporthalle. Die Cafeteria ist gleich hier im nächsten Gebäude. Jedenfalls war sie da. Ist schon eine Weile her, dass ich da verköstigt wurde, zu Schlabberpullizeiten.«
    Wir stiegen eine Stufe hoch auf eine Art Gehweg und näherten uns einem lang gestreckten, niedrigen Gebäude mit zahlreichen Fenstern. Ich folgte ihm und musste mich gerade unter einem Vorsprung aus Beton ducken, der auf den Weg hinausragte, als ich ein vertrautes
Rattatta -Ge räusch
vernahm. Im ersten Moment konnte ich es nicht einordnen, doch als ich mich umdrehte, sah ich, wie ein alter Toyota auf den Parkplatz

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