About Ruby
rumpelte und der Motor dabei eine Fehlzündung nach der anderen hinlegte. Das Auto meiner Mutter hatte die gleiche Macke, in der Regel an Ampeln oder wenn ich versuchte, spätabends möglichst leise ein Gepäckstück bei jemandem abzuliefern.
Der Toyota – weiß, und die Stoßstange hing auf einer Seite schief herunter – düste an uns vorbei; als er auf den Schülerparkplatz einbog, leuchteten die Bremslichter auf. Abrupt wurde das Steuer rumgerissen, der Wagen hüpfte ineine Parklücke. Eine Tür knallte zu, Schritte ertönten auf dem Asphalt: Jemand rannte, und zwar schnell. Im nächsten Moment war ein schwarzes Mädchen mit langen Rastazöpfen zu sehen, Rucksack über eine Schulter geworfen, Handy am Ohr. Sie war in eine angeregte Unterhaltung vertieft und hörte keinen Moment auf zu quasseln, selbst als sie auf den Gehweg sprang und zu einem Sprint über den Rasen ansetzte.
»Ah, zu spät kommen. Da werden Erinnerungen wach«, sagte Jamie.
»Ich dachte, du hast es immer in zehn Minuten hergeschafft.«
»Hab ich auch. Aber meistens gingen die erst fünf vorm Klingeln los.«
Wir erreichten den Vordereingang. Jamie öffnete die Glastür für mich. Anders als in der Jackson Highschool, die für ihre olfaktorisch ansprechende Mischung aus Schimmel und Desinfektionsmittel berühmt war, schlug mir hier ein sauberer Geruch nach frischer Farbe entgegen. Ziemlich ähnlich übrigens zu dem in Coras und Jamies Haus, was mich irritierte.
»Mr Hunter?« Ein Mann im Anzug stand in der Nähe der Tür. Sobald er uns sah, kam er mit ausgestreckter Hand auf uns zu. »Der verlorene Wunderknabe kehrt heim. Wie lebt es sich so in den höheren Sphären?«
»Hoch.« Jamie lächelte. Die beiden schüttelten einander die Hand. »Mr Thackray, das ist meine Schwägerin, Ruby Cooper. Ruby, das ist Direktor Thackray.«
»Schön, Sie kennenzulernen«, sagte Mr Thackray. Meine Hand verschwand vollkommen in seiner, die groß und kühl war. »Willlkommen an der Perkins Day.«
Ich nickte. Nahm wahr, dass mein Mund staubtrockengeworden war. Was nicht weiter verwunderte, wenn man meine Erfahrungen mit Direktoren – und Lehrern und Vermietern und Polizisten – bedachte. Selbst wenn ich nichts ausgefressen hatte, reagierte ich instinktiv: entweder abhauen oder angreifen.
»Okay, dann wollen wir mal loslegen und dafür sorgen, dass Sie bei uns anfangen können.« Mr Thackray führte uns den Gang entlang, bog um eine Ecke und betrat ein geräumiges Büro, wo er sich hinter einen großen Schreibtisch aus Holz setzte. Jamie und ich ließen uns auf den beiden Stühlen ihm gegenüber nieder. Durch das Fenster hinter Mr Thackray konnte ich mehrere Fußballfelder mit offenen Tribünen sehen. Ein Typ, dessen Atem in der kalten Luft deutlich sichtbar war, tuckerte mit einem Rasenmäher langsam auf einer Seite eines Feldes entlang.
Mr Thackray wandte sich um und blickte ebenfalls aus dem Fenster. »Sieht gut aus, nicht wahr? Uns fehlt bloß noch ein Schild zu Ehren des großzügigen Spenders.«
»Nicht nötig.« Jamie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander. In seinen Turnschuhen, Jeans und Kapuzenshirt mit Reißverschluss sah er nicht aus wie jemand, der die Schule vor zehn Jahren abgeschlossen hatte. Zwei oder drei, okay. Aber keine zehn.
»Versteh einer diesen Kerl.« Kopfschüttelnd schaute Mr Thackray mich an. »Stiftet nicht nur ein Fußballfeld, sondern einen ganzen Komplex, will aber anonym bleiben und lässt uns ihm nicht einmal richtig dafür danken.«
Ich warf Jamie einen Blick zu. »Das geht auf deine Kappe?«
»Ist keine große Sache.« Er wirkte verlegen.
»Doch, ist es«, meinte Mr Thackray. »Und genau deshalbwünschte ich, Sie würden es sich anders überlegen und uns gestatten, Ihr Engagement publik zu machen. Außerdem ist es einfach eine tolle Geschichte. Unsere Schüler verbringen mehr Zeit auf UMe als auf jeder anderen Website, doch gleichzeitig stiftet der Besitzer etwas von dem Gewinn, den er mit diesem Zeitvertreib erzielt hat, und investiert auf diese Weise in die Ausbildung eben jener Schüler. Das ist unbezahlbar!«
»Fußball gehört nicht im engeren Sinne zur Ausbildung«, wandte Jamie ein.
»Jeder Sport fördert die schulische Entwicklung«, konterte Mr Thackray. »Deshalb fällt auch Sport unter Ausbildung.«
Ich wandte den Kopf und betrachtete meinen Schwager, denn plötzlich fielen mir die zahlreichen
Bing!
seines UMe-Eingangsordners wieder
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