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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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du dir das nicht denken?«
    »Wahrscheinlich schon«, meinte er. »Aber ich war einfach, nun ja, ein bisschen erstaunt.«
    »Weshalb?«
    »Keine Ahnung.« Er zuckte die Schultern. »Vielleicht bloß, weil die meisten Leute versuchen würden, in so ein Haus einzubrechen, nicht, daraus zu entkommen. Vor allem, wenn man bedenkt, wie cool Cora und Jamie drauf sind.«
    »Tja, ich bin eben nicht wie die meisten Leute«, sagte ich.
    Wandte den Kopf, schaute wieder aus dem Fenster. Und spürte dennoch, wie er mich ansah. Ich kannte mich in dieser Gegend der Stadt nicht besonders gut aus, hatte aber den Eindruck, dass wir uns allmählich
Wildflower Ridge
näherten   – so hieß das Viertel, in dem Jamie und Cora wohnten. Höchste Zeit, das Thema zu wechseln. Und zwar so beiläufig und lässig wie möglich. »Danke fürs Mitnehmen«, begann ich.
    »Kein Thema«, erwiderte er. »Wenn mich nicht alles täuscht, müssen wir sowieso in dieselbe Richtung.«
    »Ja, apropos . . .« Ich hielt inne, wartete, dass er zu mir herüberblickte. Als er es tat, fuhr ich fort: »Könntest du mich einfach an einer Bushaltestelle absetzen? Das wäre toll.«
    »Bushaltestelle?«, fragte er zurück. »Wo willst du hin?«
    »Bloß zu einer Freundin. Ich muss etwas abholen.«
    Wir näherten uns gerade einer Riesenkreuzung. Nate bremste, rollte langsam auf einen V W-Käfer zu, auf dessen hinterer Stoßstange ein Blumensticker klebte. »Wo denn?«, fragte er.
    »Ist ziemlich weit weg«, erwiderte ich rasch. »Glaub mir, den Umstand möchtest du dir nicht machen.«
    Die Ampel sprang auf Grün, der Verkehr kam wieder ins Rollen.
Jetzt gilt’s
, dachte ich.
Entweder er beißt an oder eben nicht.
Es war Viertel nach vier.
    »Ja, aber mit dem Bus dauert es noch viel länger«, sagte er nach ein paar Sekunden.
    »Echt, ist kein Problem.« Ich schüttelte pro forma den Kopf. »Lass mich einfach hier irgendwo aussteigen. Da vorn am Einkaufszentrum zum Beispiel.«
    Die Sache ist die: Wenn man mit jemandem verhandelt, geschweige denn versucht, ihn zu manipulieren, darf man weder in die eine noch in die andere Richtung zu weit gehen. Einmal Nein sagen sollte man, zweimal ist in der Regel okay, aber ein drittes Mal? Riskant. Denn man weiß nie, wann der andere mit dem Spiel aufhört und man am Ende mit leeren Händen dasteht.
    Ich spürte, dass er erneut zu mir herüberschaute, tat aber geflissentlich so, als würde ich es nicht merken. Nicht wahrnehmen, wie er zögerte, schwankte.
Komm, mach
, dachte ich.
Mach endlich
!
    »Ist echt kein Thema«, meinte er schließlich. Hinter dem nächsten Hügel wurde die Abfahrt Richtung Autobahn sichtbar. »Sag an, wo möchtest du hin?«
    ***
    »Mannomann«, meinte Nate, während wir die Zufahrt zum gelben Haus entlangholperten, wobei er diversen Schlaglöchern und einem ansehnlichen Stapel durchweichter Zeitungen ausweichen musste. Vor uns tauchte der Subaru meiner Mutter auf, der mit leerem Tank   – leerer ging gar nicht   – noch an demselben Fleck stand, wo ich ihn an jenem letzten Tag, als Peyton mich zur Schule abholen musste, geparkt hatte. »Wer wohnt hier noch mal?«
    »Bloß eine Bekannte«, meinte ich.
    Von mir aus konnte das ganze Unternehmen schnell und schmerzlos über die Bühne gehen. Rein ins Haus, zusammenraffen, was ich brauchte, raus aus dem Haus, hoffentlich möglichst wenige Erklärungen abgeben müssen. Anschließend würde Nate mich bei Cora absetzen und Ende. Ganz einfach.
    In dem Moment   – wir fuhren gerade am Schlafzimmerfenster vorbei   – sah ich, wie sich der Vorhang bewegte.
    Die Bewegung war so schnell und so flüchtig, dass ich mich sofort fragte, ob ich überhaupt etwas gesehen hatte. Der Stoff hatte sich ein, zwei Zentimeter nach links verschoben und gleich wieder zurück. So, als stünde jemand dahinter, der hinausspähen wollte, ohne selbst entdeckt zu werden.
    Ich wusste selbst nicht richtig, wen oder was genau ich eigentlich erwartet hatte. Vielleicht die Honeycutts, eifrig mit einem ihrer zahlreichen Projekte beschäftigt. Oder ein leeres Haus, das bereits ausgeräumt worden war   – als hätten wir niemals dort gewohnt. Diese Möglichkeit war mir allerdings nie in den Sinn gekommen.
    Weshalb ich die Tür auf meiner Seite öffnete und hinaussprang, noch ehe Nate richtig angehalten hatte. »Hey, was hast du . . .?«, rief er mir nach, doch ich achtete überhaupt nicht auf ihn, rannte auf die Stufen zu, die zur Haustür führten, nahm zwei auf einmal und fummelte dabei

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