About Ruby
Auto mitfuhr und – als logische Konsequenz daraus – automatisch mit ihm zusammen den Weg vom Parkplatz zum Hauptgebäude zurücklegte, neugierigeBlicke von allen Seiten inklusive. Widerstand war zwecklos: Wir waren dabei, uns anzufreunden. Oder so etwas in der Art. Zumindest soweit es nach ihm ging.
Was total verrückt war, da uns nichts, aber auch gar nichts miteinander verband. So unterschiedliche Menschen wie uns gab’s eigentlich kaum. Auf der einen Seite ich, eingefleischte Einzelgängerin, ausgepowert, abgewrackt, der personifizierte menschliche Totalschaden mit einem katastrophalen Familienleben, das keins war. Und am anderen Ende? Nate, der ideale Sohn, der beliebteste Typ überhaupt, Inbegriff des netten, normalen Jungen von nebenan, ohne jegliche physische oder psychische Macke. Ganz zu schweigen von – wie ich im Lauf der Zeit mitkriegte – seinen diversen Aktivitäten: stellvertretender Schulsprecher, Baseballkönig, Freiwilliger vom Dienst, Koordinator für Veranstaltungen zwischen Schule, Nachbarschaft, Stadt. Jeden Morgen, wenn irgendein Mensch mit einer unendlich ausdruckslosen, monotonen Stimme über die Schullautsprecheranlage die Ankündigungen des Tages runterleierte, fiel meistens gleich mehrmals hintereinander Nates Name. Interesse an der Veranstaltung, auf der Spenden für die Abschlussklassenfahrt gesammelt werden? Er oder sie nehme Kontakt mit Nate Cross auf. Wer möchte sich an der alljährlichen Freiwilligenaktion zur Säuberung des Schulgeländes beteiligen? Sprich mit Nate Cross. Braucht jemand jemanden zum gemeinsamen Lernen für die Halbjahrsprüfungen? Man wende sich an Nate Cross. Der Mann für alle Fälle.
Meiner allerdings nicht. Auch wenn es offenkundig Leute gab, die das unterstellten. Was im Laufe der Woche immer deutlicher spürbar wurde, nicht zuletzt durch das ewige Angestarrt-werden, das mir zuerst auf dem Parkplatz aufgefallen war. Heathers und Nates Trennung war
die
Sensationgewesen. Um das zu kapieren, brauchte man kein Insider zu sein; denn obwohl sie bereits ein paar Wochen zurücklag, wurde immer noch lang und breit darüber hergezogen. Ich erfuhr ungefragt alles über ihre Beziehung, obwohl ich es gar nicht wissen wollte: Nate war während des ersten Highschool-Schuljahrs von Arizona hergezogen, die beiden hatten sich auf den ersten Blick ineinander verliebt. Bei dem rauschenden Ball am Ende des dritten Schuljahrs hatten sie als Königspaar präsidiert und bis zum Ende ihrer Beziehung fest vorgehabt, ab dem kommenden Herbstsemester gemeinsam auf die Uni zu gehen. Doch obwohl man so viel über sie wusste, blieb unklar, warum genau sie sich getrennt hatten. Obwohl ich kaum großen Wert darauf legte, alles genauestens mitzukriegen, hörte ich ungefragt jede Menge unterschiedlicher Theorien: Er hatte sie mit einem Mädchen betrogen, das er am Strand kennengelernt hatte! Sie wollte mit anderen Jungs ausgehen! Doch alles, was man mit Sicherheit daraus schließen konnte, war, dass niemand die Wahrheit wirklich kannte.
Es erklärte allerdings immerhin, warum alle ein solches Interesse an meiner Wenigkeit zeigten, nach dem Motto: Kaum ist seine große Liebe zerbrochen, gibt sich der schärfste, angesagteste Typ der Schule mit der Neuen ab. Diese Tatsache hätte dem Durchschnitts-Gossip-Girl tatsächlich wie der Beginn eines weiteren Kapitels in einer unendlichen romantischen Geschichte vorkommen können. Logisch, dass die Leute, speziell natürlich die Mädels, ihre Schlüsse zogen. In einer anderen Schule, einer anderen Stadt hätten sie wahrscheinlich sogar richtiggelegen. Aber nicht in diesem speziellen, aktuellen Fall. Nein, ohne mich.
Was die Schule selbst betraf, war das Ganze für mich so eine Art Kulturschock. Schließlich unterschied sich alleskomplett von meinen bisherigen Erfahrungen, angefangen bei den Lehrern (die sich an der Perkins Day Highschool ganz offensichtlich wohlfühlten) über die Bibliothek (umfangreich, mehr als geräumig und mit den neuesten Computern ausgestattet, die – man höre und staune! – auch noch funktionierten) bis hin zur Cafeteria (inklusive Salatbar und frischen Fruchtshakes). Außerdem waren die Klassen so klein, dass man keine Chance hatte, sich irgendwie durchzumogeln, was dazu führte, dass ich in puncto Teilnahme am Unterricht und Hausaufgaben heftig zu tun bekam. Ich war nie der Typ fleißige, interessierte Schülerin gewesen. Dennoch hatte ich es an der Jackson Highschool geschafft, im Prinzip in
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