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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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mitgenommen.« Beim Sprechen blickte Gervais nicht von seinem Buch auf. »Als sie und Nate zusammen waren. Sie durfte im Auto essen. In der Regel gefüllte Blätterteigteilchen. Vorzugsweise Blaubeer.«
    Nate räusperte sich und blickte kurz zur Seite.
    »Aber vor ein paar Wochen«, fuhr Gervais in demselben gleichförmigen Ton fort und blätterte dabei um, »hat sie Nate abserviert. Aus heiterem Himmel. Er hatte keine Ahnung, was ihm blühte, bis es passierte.«
    Ich sah Nate an, der tief durchatmete. Wir fuhren bis zur nächsten Straßenecke, bevor er sagte: »Nein, wir nehmen sonst niemanden mit.«
    Zum Glück war’s das in puncto Konversation. Als wir fünf Minuten später vor der Schule parkten, krabbelte Gervais als Erster aus dem Auto, schwang sich seinen Riesenrucksacküber die schmalen Schultern und verschwand wortlos Richtung Schulhof.
    Ich wollte genau das Gleiche tun, also einfach meiner Wege gehen, aber Nate schloss nach ein paar Schritten zu mir auf. Wahnsinn, wie leicht ihm so etwas fiel: einfach wie selbstverständlich anzunehmen, dass man Sachen gemeinsam machte, zusammen irgendwohin ging, ohne erst zu fragen oder groß darüber nachzudenken, ob überhaupt oder wie oder was. Ich hingegen hatte keine Ahnung, wie sich das anfühlte.
    »Hör mal, wegen Gervais«, begann er.
    »Reizender Knabe«, sagte ich.
    »So kann man es auch ausdrücken. Trotzdem, ehrlich, er ist nicht   –«
    Plötzlich unterbrach er sich, weil ein grüner BMW an uns vorbeibretterte und mit Karacho in einer Parklücke ein paar Reihen weiter landete. Sekunden später öffnete sich die Fahrertür, und die Blondine aus meinem Englischkurs   – in einem weiten, weißen Schwedenpulli, Sonnenbrille dekorativ über den Haaransatz geschoben   – stieg aus, zerrte eine vollgepfropfte Segeltuchtasche hinter sich her aus dem Wagen, schloss die Tür mit einer schwungvollen Hüftbewegung und setzte sich Richtung Hauptgebäude in Bewegung, wobei sie beim Gehen rasch ihr Haar mit allen zehn Fingern durchtoupierte. Nate blickte ihr einen Moment nach, räusperte sich schließlich und stopfte die Hände in die Taschen.
    »Trotzdem, ehrlich, er ist was?«, fragte ich nach.
    »Bitte?«
    Wir hatten das Gebäude mittlerweile betreten. Die Blondine, die in einiger Entfernung vor uns herlief   – und die ich mittlerweile im Stillen als die berüchtigte, Blaubeerblätterteigteilchen-essende Heather identifiziert hatte   –, kam soebenbei ihrem Spind an und ließ die Segeltuchtasche davor auf den Boden plumpsen.
    »Nichts«, antwortete ich. »Bis später.«
    »Ja.« Er nickte, mit den Gedanken eindeutig woanders. Ich ging schneller, konnte endlich Abstand zwischen uns bringen. »Bis später.«
    Als ich mich noch einmal zu ihm umdrehte, bemerkte ich, dass er sie nach wie vor beobachtete. Und dabei ein ziemlich schwaches Bild abgab, wie ich fand. Nicht mein Problem. Zumal ich ab jetzt bei meinem ursprünglichen Plan bleiben und Bus fahren würde. Womit alles bestens wäre.
    Dachte ich. Bis zum nächsten Morgen. Ich verschlief nämlich schon wieder, noch ausgiebiger als am Vortag. Null Chance, den Bus zu kriegen   – es lohnte nicht mal den Versuch. Zuerst ärgerte ich mich tierisch über mich selbst, doch etwas später, als ich unter der Dusche stand, gelangte ich zu dem Schluss, dass es vielleicht doch nicht so blöd war. Die Fahrt dauerte schließlich nicht lang. Zumindest nicht in puncto Entfernung und Zeit.
    »Was für ein Shampoo hast du benutzt?«, erkundigte sich Gervais wie aus der Pistole geschossen, sobald ich, mit noch nassen Haaren, eingestiegen war.
    Ich wandte mich zu ihm um, sah ihn an. »Keine Ahnung«, erwiderte ich. »Wieso?«
    »Es stinkt«, verkündete er. »Du riechst nach Bäumen.«
    »Bäumen?«
    »Gervais«, meinte Nate, »halt dich zurück.«
    »Ich mein ja bloß«, grummelte Gervais und ließ sich im Sitz zurücksinken. Erneut drehte ich mich zu ihm um, schaute ihm unverhohlen direkt ins Gesicht. Einen Moment lang erwiderte er meinem Blick frech, fast unverschämt;seine Augen hinter den dicken Brillengläsern wirkten riesig. Doch nachdem ich ihn lange genug niedergestarrt hatte, gab er klein bei und wandte sich ab, um aus dem Fenster zu schauen.
Zwölfjährige
, dachte ich.
Immer wieder erstaunlich, wie leicht man die fertigmachen kann.
    Als ich mich wieder nach vorn wandte, merkte ich, dass Nate mich von der Seite beobachtete. »Was ist?«, fragte ich.
    »Nichts«, entgegnete er. »Ich bewundere bloß deine

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