About Ruby
später begab ich mich – angezogen und mit Coras Geld in der Tasche – zu Jamie nach draußen in den Garten, um ihn nach dem Weg zum Einkaufszentrum zu fragen. Er stand jenseits des Baggerlochs, das mittlerweile ziemliche Ausmaße angenommen hatte, am Gartenzaun, der seines von Nates Grundstück abgrenzte, und unterhielt sich mit jemandem.
Zuerst dachte ich, es wäre einer der Mitarbeiter des Bauunternehmens, denn seit der Ankunft des Baggers trieben sich ein paar von denen auf dem Grundstück herum. Doch je näher ich kam, umso klarer wurde mir, dass der Typ, mit dem Jamie redete, sein Geld nicht mit Baggerfahren verdiente.
Er war groß, von der Sonne gebräunt, mit grau melierten Haaren; trug ausgeblichene Jeans, Ledermokassins und einen Pullover, der meiner bescheidenen Meinung nach aus Kaschmir war und in dessen V-Ausschnitt eine teuer wirkende Sonnenbrille hing. Während er und Jamie plauderten, ließ er seinen Autoschlüssel um einen Finger kreisen und drückte ihn anschließend übergangslos gegen seine Handfläche. Wieder und immer wieder.
Dreh
,
klack
,
dreh
,
klack
.
». . . sodass ich schon beinahe dachte, du wolltest dich bisnach China durchwühlen«, sagte der Mann gerade, als ich in Hörweite kam. »Oder vielleicht Öl bohren.«
»Nein, wir legen bloß einen Teich an«, meinte Jamie.
»Einen Teich?«
»Ja.« Jamie schob die Hände in die Hosentaschen, warf einen Blick über die Schulter auf das gigantische Loch. »Etwas, das sich sowohl in unseren Garten als auch in die Nachbarschaft harmonisch einfügt. Und völlig bio sozusagen. Ohne jede Chemie, ganz natürlich.«
»Klingt teuer«, erwiderte der Mann.
»Ist es aber nicht. Okay, natürlich entstehen zunächst gewisse Kosten, aber die betrachte ich als gute Investition. Langfristig kann unser Garten dadurch nur gewinnen, an Wert und überhaupt.«
»Du suchst nach Investitionsmöglichkeiten?« Der Mann schnippte wieder mit seinem Schlüssel. »In dem Fall sollten wir uns dringend zusammensetzen. Ich habe ein paar Projekte angeleiert, die dich interessieren könnten, ein paar richtig innovative Ideen. Um genau zu sein –«
Jamie fiel ihm ins Wort, denn er hatte mich inzwischen bemerkt: »Hey Ruby.« Er legte den Arm um meine Schulter und sagte dabei: »Blake, das ist Coras Schwester, Ruby. Sie wird eine Zeit lang bei uns wohnen. Ruby, das ist Blake Cross. Nates Vater.«
»Nett, dich kennenzulernen.« Mr Cross schüttelte mir die Hand. Fester Händedruck, zweimal kräftig schütteln, die ganze Zeit über Augenkontakt halten – genauso wurde es einem vermutlich beigebracht, wenn man Kurse à la »Wie werde ich ein erfolgreicher Geschäftsmann« besuchte. »Ich versuche gerade, deinen Schwager davon zu überzeugen, dass man sein Geld besser in eine gute Idee steckt als in ein Erdloch. Findest du nicht auch?«
»Äh . . .«, meinte ich. Jamie lächelte mich mitfühlend an. »Kein Ahnung, ich meine, ich weiß nicht . . .«
»Natürlich weißt du! Das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand«, sagte Mr Cross. Lachte, schnippte mit seinem Schlüssel und betrachtete Jamie, der seinerseits den Bagger beobachtete.
»Also, Cora hat gemeint«, sagte ich zu Jamie, »du könntest mir erklären, wie ich zum Einkaufszentrum komme.«
»Zum Einkaufszentrum? Ach so, ja, die Abkürzung«, antwortete Jamie. »Klar. Einfach ein Stück die Straße runter, dann rechts. Bei den großen Felsbrocken.«
»Du kannst die Abzweigung gar nicht verpassen«, sagte Mr Cross. »Du brauchst bloß den Leuten zu folgen, die nicht in diesem Viertel wohnen und trotzdem hier durchlatschen.«
»Blake, es handelt sich um einen öffentlichen Weg«, meinte Jamie. »Jeder darf ihn benutzen, er ist für die Allgemeinheit da.«
»Und warum führt er dann durch eine eingezäunte Villengegend?«, konterte Mr Cross. »Ich habe genauso viel für die Allgemeinheit übrig wie jeder andere. Trotzdem sind wir nicht umsonst in diese Gegend gezogen, oder etwa nicht? Weil sie exklusiv ist. Aber wo bleibt die Exklusivität, wenn man Teile davon der Allgemeinheit zugänglich macht? Ich denke, der Aspekt geht verloren.«
»Nicht unbedingt«, erwiderte Jamie.
»Ach, komm schon«, antwortete Mr Cross. »Ich meine, wie viel habt ihr für euer Haus hingeblättert?«
Jamie war sichtlich unbehaglich zumute. »Ich finde, das spielt nicht wirklich –«
»Eine Million? Oder zumindest knapp darunter, stimmt’s?« Mr Cross schnitt ihm einfach das Wort ab. Jamie seufzte
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