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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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nachdem sie sich freigestrampelt hatte und darüber hinweggekommen war   – geschafft, das Leben zu verdrängen, das sie hinter sich gelassen hatte? Das ich jedoch nach wie vor lebte. Doch noch während die Worte sich auf meinen Lippen formten, merkte ich, dass ich meine Schwester anstarrte, die meinen Blick herausfordernd, ja trotzig erwiderte. Merkte, wie ich zögerte. Zögerte, zurückscheute   – obwohl ich doch nur die einzige Wahrheit aussprechen wollte, die ich kannte.
    »Noch mal von vorn, okay?« Ich aß etwas von meinem Müsli, ehe ich fortfuhr: »Ich möchte eben nicht, dass du meinetwegen dein Leben auf den Kopf stellst. Und Jamies auch nicht. Macht einfach weiter wie bisher. Ich bin schließlich kein Baby, das ihr plötzlich großziehen müsst oder so etwas.«
    Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich. Sie wirkte auf einmalnicht mehr so sauer und angespannt, sondern . . . nein, nicht weicher, aber irgendwie distanzierter. Als würde sie sich zurückziehen, obwohl sie sich nicht vom Fleck rührte. Sie blickte auf ihren Kaffeebecher. Räusperte sich. »Stimmt«, sagte sie knapp. »Natürlich nicht.«
    Sie schob ihren Stuhl zurück und stand auf. Ich blickte ihr nach, während sie zur Kaffeemaschine ging, um sich nachzuschenken. Mit dem Rücken zu mir sagte sie unvermittelt: »Du wirst neue Sachen zum Anziehen brauchen. Wenigstens ein paar.«
    »Ach so . . .« Ich blickte an mir hinunter: Meine Jeans hatte ich in den letzten drei Tagen zweimal gewaschen. Außerdem trug ich dasselbe ausgeblichene T-Shirt wie an meinem letzten Tag auf der Jackson Highschool. »Ich komme schon klar.«
    Cora griff nach ihrer Handtasche. »Ich habe heute Morgen einen Termin, Jamie muss hierbleiben.« Sie nahm ein paar Scheine aus der Tasche und trat damit auf mich zu. »Aber zu dem neuen Einkaufszentrum kannst du zu Fuß gehen, es gibt eine Abkürzung durch den Grüngürtel. Jamie kann dir beschreiben, wo der Weg anfängt.«
    »Du brauchst mich nicht   –«
    »Ruby. Bitte.« Ihre Stimme klang erschöpft. »Nimm einfach.«
    Mein Blick wanderte von ihr zu dem Geld und wieder zurück. »Okay«, meinte ich schließlich. »Danke.«
    Sie nickte, sagte aber nichts mehr, sondern drehte sich wortlos um und verließ den Raum, Handtasche unter den Arm geklemmt. Roscoe hob den Kopf, sah ihr einen Moment nach und richtete seine Aufmerksamkeit dann auf mich. Ich faltete die Scheine auseinander. Zweihundert Mäuse.
Nicht schlecht
, dachte ich. Trotzdem wartete ich nocheinen Moment, um mich zu vergewissern, dass sie tatsächlich die Treppe hinaufgegangen war, bevor ich das Geld in die Tasche steckte.
    Scheppernd wurde die Tür aufgestoßen. Jamie kam herein, seinen Kaffeebecher hielt er nur mit einem Finger am Henkel, sodass der hin- und herschlenkerte. »Guten Morgen!« Sein Teichprojekt machte ihn offenkundig völlig high. Er lief zur Küchentheke, wobei er sich auf dem Weg dorthin einen Muffin aus dem Karton angelte, der auf dem Tisch stand. Roscoe sprang auf und folgte ihm. »Na, habt ihr zwei euch über euren Shoppingtag geeinigt? Und nur damit du es weißt: Mit Cora bummelt man nicht einfach so durch Geschäfte. Sie besteht darauf, dass man einen genauen Schlachtplan entwirft.«
    »Wir gehen nicht einkaufen«, antwortete ich.
    »Nicht?« Er wandte sich zu mir um. »Ich dachte, so wäre es geplant gewesen. Nur ihr zwei beiden   – shoppen, Mittag essen, das gesamte Mädelsprogramm.«
    Ich zuckte die Schultern. »Sie sagte, sie hätte einen Termin.«
    »Ach . . .« Er betrachtete mich einen Augenblick lang. »Und . . . wo ist sie jetzt hin?«
    »Nach oben, glaube ich.«
    Er nickte. Blickte über die Schulter Richtung Bagger, der soeben zurücksetzte   –
piep, piep, piep
. Warf mir noch einen forschenden Blick zu, sagte allerdings nichts mehr, sondern verließ wortlos den Raum. Im nächsten Moment hörte ich seine gleichmäßigen Schritte auf der Treppe. Roscoe, der ihm bis zum Torbogen zwischen Küche und Flur gefolgt war, blieb stehen. Drehte sich zu mir um.
    »Hau schon ab«, sagte ich zu ihm. »Hier gibt es nichts mehr zu sehen.«
    Er war selbstverständlich anderer Meinung. Während Coras und Jamies Stimmen aus dem oberen Stockwerk zu uns herunterdrangen   – mit Sicherheit redeten sie über mich   –, kam Roscoe mit leise klirrenden Hundemarken zu mir und ließ sich erneut zu meinem Füßen nieder. Komisch, obwohl dieses Haus riesig war, hatte man kaum eine Chance, einfach mal allein zu sein.
    ***
    Anderthalb Stunden

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