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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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überfielen mich leichte Gewissensbisse, weil ich so etwas auch nur angedeutet hatte. Jamie eilte zum Teich und blickte mit besorgtem Gesicht ins Wasser. »Im Gegenteil, ich   –«
    Da hörten wir es, beide: ein unverkennbares, hohes Kläffen, das definitiv nicht von unter der Wasseroberfläche her zu uns drang, sondern aus Richtung des Gartenzauns. »Ein Glück!« Jamie drehte sich sofort um und rief: »Roscoe! Komm her, alter Knabe!«
    Wieder ertönte Gebell, aber diesmal nicht Roscoes.»Sieht so aus, als müsste man ihn zum Zurückkommen ein bisschen zwingen.« Jamie seufzte. »Also gut, dann werde ich mal eben   –«
    Ich fiel ihm ins Wort: »Ich übernehme das.«
    »Ehrlich?«
    »Ja. Geh wieder zu deinen Gästen.«
    Er lächelte mich an. »Okay. Danke.«
    Ich nickte. Er ging Richtung Haus. Ich stellte meinen Teller bei einem Baum in der Nähe ab. Die Party war noch in vollem Gang, aber die Stimmen und die Musik wurden immer leiser, während ich entlang der niedrigen kleinen Baumgruppe, die parallel zum Zaun angelegt worden war, zum anderen Ende des Gartens lief. Es war nicht einmal eine Woche her, da hatte ich dieselbe Strecke zurückgelegt und dabei nur Flucht im Kopf gehabt. Wohingegen ich jetzt tatsächlich vorhatte, genau das Wesen zurückzuholen, das mich an der Flucht gehindert hatte. Blöder Hund.
    »Roscoe«, rief ich. Bückte mich etwas, um unter einem der Bäume hindurchzuschlüpfen. Die Zweige streiften meinen Kopf. »Roscoe!«
    Keine Reaktion. Ich blieb stehen, gab meinen Augen Zeit, sich an die plötzliche Finsternis zu gewöhnen. Dann drehte ich mich um, blickte zurück zum Haus. Von dieser Seite wirkte der Teich noch viel größer; die Lichter aus dem Haus und auf der Terrasse spiegelten sich leicht auf der Wasseroberfläche. Ich hörte wieder Gebell. Diesmal klang es allerdings mehr wie ein Jaulen.
    »Roscoe«, rief ich. Hoffte, er würde noch einmal bellen, nach dem Motto: Du hast dich versteckt, also sag gefälligst
Piep.
Als er wieder nicht reagierte, trat ich noch näher an den Zaun heran, wobei ich seinen Namen mehrmals laut wiederholte. Doch erst, als ich unmittelbar vor dem Zaunstand, war ein verzweifeltes Scharren und Kratzen auf der anderen Seite zu vernehmen. »Roscoe?«
    Er jaulte einige Male, es hörte sich ziemlich kläglich an. Deshalb beeilte ich mich, das Tor zu finden. Ich ließ meine Hand am Zaun entlanggleiten, in der Hoffnung, die richtige Richtung eingeschlagen zu haben. Schließlich ertastete ich ein Scharnier und dann, ein, zwei Meter weiter, eine Lücke. Schmal, ja eigentlich winzig. Doch immer noch groß genug für einen kleinen Hund   – wenn er sich wirklich anstrengte   –, um sich hindurchzuzwängen.
    Als ich mich hinhockte, sah ich als Erstes Mr Cross. Er stand, die Hände in die Hüften gestemmt, neben dem Pool. »Na gut«, sagte er und blickte sich suchend um. »Ich weiß, dass du hier bist, ich habe gesehen, welchen Unfug ihr mit den Mülltonnen angestellt habt. Komm raus und zeig dich!«
    O-o
, dachte ich. Im nächsten Moment sah ich dann auch tatsächlich Roscoe, der hinter einer großen Topfpflanze kauerte. Mr Cross hingegen hatte ihn offenkundig noch nicht entdeckt, obwohl er sich nun umdrehte und seine Blicke durch den ganzen Garten wandern ließ. »Irgendwann musst du ja rauskommen.« Er bückte sich, um unter einen Liegestuhl zu schauen, der in seiner Nähe stand. »Und wenn ich dich erwische, wirst du es bereuen.«
    Statt einer oder vielleicht auch als Antwort jaulte Roscoe auf. Mr Cross fuhr herum. Diesmal erspähte er ihn augenblicklich. »He, komm her zu mir!«, rief er.
    Doch Roscoe war nicht so dämlich, wie ich gedacht hatte. Statt zu gehorchen, düste er plötzlich ab wie eine Rakete. Schoss direkt auf den Zaun und mich zu. Mr Cross versuchte hektisch, ihn im Vorbeisausen zu erwischen. Beim ersten Versuch misslang es ihm, doch beim zweiten Mal bekamer eins von Roscoes Hinterbeinen zu packen und zog ihn langsam zu sich.
    »Nicht so schnell«, sagte er in gedämpftem Ton. Roscoe zappelte wie wild, um sich zu befreien; seine diversen Hundemarken klirrten geräuschvoll. Mr Cross zerrte ihn gewaltsam zu sich. Seine Hand umschloss den Hals des Hundes. Sehr fest, wie mir schien, viel zu fest. »Du und ich, wir haben ein   –«
    »Roscoe!«
    Ich brüllte so laut, dass ich selbst vor lauter Überraschung zusammenzuckte. Aber ich war längst nicht so verdutzt wie Mr Cross, der den Hund auf der Stelle losließ, sich aufrichtete, einen Schritt

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