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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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zurückwich. Unsere Blicke begegneten sich. Derweil zoomte Roscoe auf mich zu, zwängte sich in Windeseile durch den Zaun und verkroch sich zwischen meinen Beinen. Mr Cross und ich sahen einander einen Moment lang stumm an.
    »Hallo«, rief er plötzlich. Und nun klang seine Stimme wieder total nach nettem Nachbarn. »Hört sich an, als würdet ihr da drüben ein rauschendes Fest feiern.«
    Ich antwortete nicht. Trat stattdessen nur ein paar Schritte vom Zaun weg, um mehr Abstand zwischen uns zu schaffen.
    »Er wühlt immer in unserem Müll herum«, rief er mir zu und zuckte dabei betont locker die Schultern, als wollte er sagen: Was kann man schon dagegen machen? »Jamie und ich haben oft darüber geredet. Es ist leider ein Problem.«
    Ich wusste, ich hätte in irgendeiner Weise reagieren sollen, stand jedoch da wie angewurzelt. Denn alles, was ich vor mir sah, war seine Hand, die sich um Roscoes Hals schloss. Unerbittlich.
    »Richte Jamie und Cora bitte aus, sie mögen doch versuchen,ihn auf eurer Seite des Zauns zu halten«, meinte Mr Cross. Dann lächelte er mich so an, wie er am Morgen Jamie angelächelt hatte   – man sah bloß noch weiße Zähne. »Gute Zäune, gute Nachbarschaft, nicht wahr? In diesem Sinne.«
    Ich schaffte es zu nicken. Trat kurz wieder vor, um das Tor zu schließen. Das Letzte, was ich von Mr Cross sah, war sein Lächeln. Er stand am Pool, die Hände in den Taschen, und das von unten beleuchtete Wasser spiegelte sich leicht wellig auf seinem Gesicht wider.
    Ich drehte mich um, lief durch unseren Garten zurück und versuchte zu begreifen, was ich gerade erlebt und warum es mich so geschockt hatte. Aber ich kam einfach nicht dahinter. Als ich mich dem Teich näherte, sah ich, dass Roscoe am Ufer entlangschnüffelte. Ich hob ihn hoch, klemmte ihn mir unter den Arm und trug ihn den Rest des Wegs zum Haus.
    ***
    Als wir näher kamen, hörte ich auch die Musik wieder. Doch diesmal live. Erst bloß eine Gitarre, ein paar Akkorde; dann gesellte sich ein zweites, weicher klingendes Instrument hinzu. »Okay«, sagte jemand, während weiterhin Gitarrenakkorde ertönten. »Und jetzt ein alter Lieblingssong.«
    Ich setzte Roscoe ab. Trat dichter auf die Leute zu, die eng beieinanderstanden. Als ein Typ in Lederjacke, der unmittelbar vor mir aufragte, ein wenig zur Seite rückte, sah ich, dass Jamie derjenige war, der das gesagt hatte. Er saß auf einem der Küchenstühle, spielte Gitarre und nickte einem Kerl mit Banjo zu, der neben ihm hockte. Zu ihren Füßen standen Bierflaschen. Zusammen fummelten sie sichnun in eine Version von Led Zeppelins
Misty Mountain Hop
hinein. Jamies Stimme war nicht schlecht. Und Gitarre spielen konnte er sogar richtig gut. Krass, wie mein Schwager mich immer wieder aufs Neue in Erstaunen versetzte: seine Wahnsinnskarriere, seine Leidenschaft für Teiche und jetzt diese spontane Session. All das hätte ich vermutlich nie über ihn erfahren, wenn ich in jener ersten Nacht das Tor im Zaun gefunden hätte.
    »Macht dir die Party Spaß?«
    Ich wandte mich um. Coras Freundin Denise stand neben mir. »Ja«, meinte ich. »Ganz schön was los hier.«
    »Ist immer so«, sagte sie munter und nahm einen Schluck Bier aus der Flasche in ihrer Hand. »So läuft das eben, wenn man dermaßen kontaktfreudig ist. Man lernt jede Menge Leute kennen.«
    »Ja, Jamie kommt mir in der Beziehung vor wie eine Art Magnet.«
    »Ich sprach eigentlich von Cora«, erwiderte sie. Das Lied klang aus, die Leute applaudierten spontan. »Aber er ist natürlich ähnlich.«
    »Cora?«, fragte ich vorsichtshalber nach.
    Verwundert sah sie mich an. »Nun . . . ja, sicher. Du kennst sie doch. Voll der mütterliche Typ, nimmt immer irgendwen unter ihre Fittiche. Stell sie in einem Zimmer mit lauter wildfremden Menschen ab   – zehn Minuten später kennt sie alle. Vielleicht dauert es sogar weniger als zehn Minuten.«
    »Ach . . .«
    »Ja«, bestätigte Denise. »Sie kann einfach toll mit Menschen umgehen, sich gut in jeden hineinversetzen. Ich zum Beispiel hätte meine letzte Trennung ohne sie nicht überlebt. Keine meiner Trennungen, um genau zu sein.«
    Ich dachte über ihre Worte nach. Denise trank noch einen Schluck Bier und nickte einem Typen mit Baseballmütze zu, der sich an uns vorbeidrängte. »Wahrscheinlich kenne ich diese Seite von ihr gar nicht richtig«, meinte ich schließlich. »Immerhin hatten wir ziemlich lang keinen Kontakt mehr.«
    »Ich weiß«, sagte sie und fügte hastig hinzu: »Ich

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